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Der Aufgang Des Abendlandes

Titel: Der Aufgang Des Abendlandes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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Geschaffene, auch für die vom Inder als Lebewesen erkannten Planeten. Die Versündigung der
Europäerkirche an der Vernunft rächt sich durch die Unmöglichkeit, dem Skeptiker irgendwelche anständige
Lösung des Übels = Dilemmas vorzutragen, während ausgleichende Wiedergeburt den so scharf und nüchtern
denkenden Asiaten befriedigt. Es war ein Verhängnis der Christenkirche, daß sie nur verschwommen
»Auferstehung des Fleisches« in ihren Katechismus aufnehmen durfte, weil wirkliche Auferstehung der Toten durch
Wiedergeburt nicht in den sonstigen Kreis des Aberglaubens paßte, der für Getaufte eine Erlösung fauler
Sünder durch einmalige Kreuzigung eines einmaligen Gottsohn voraussetzte. Diese unsolide Firma Gott & Co. ohne
Kredit bei der Vernunft kann ihre beschränkte Haftpflicht nicht den ungeduldigen Gläubigern der modernen Skepsis
entziehen und müßte daher Pleite machen, worüber der Allgott, dessen heiligen Namen sie gesetzwidrig auf ein
mit ihm in keiner Verbindung stehendes Kirchengeschäft übertrug, sich nur freuen mag. Leider möchten auch
Emersons beredte Tiraden uns beschwindeln, daß bloßes Rechthandeln den äußern Sieg des Schlechten
genug kompensiert. Wenige handeln so recht, daß sie es vor zartem Gewissen verantworten können, es handelt sich
fast immer nur um relativ Gutes und da bewahrheitet sich das ethische Naturgesetz. Denn es ist meist falsch, daß der
Gerechte besonders leide, meist leidet er verdient, weil er nur unserm mangelhaften Wissen gerecht scheint, und daß der
Ungerechte immer floriere. Besonders ungerecht scheint er nur unter falscher Perspektive, der Unterschied ist meist relativ:
Führe uns nicht in Versuchung! Auch brauchen nur wenige den Ring des Polykrates zu werfen, denn materielles Gedeihen
paart sich selten mit andern Glücksgütern wie Gesundheit, Heiterkeit, Liebe, Ehre, Ruhm, von denen jedes mehr wert
ist als Banknoten. Anhäufen alles »Glücks« in einer Person würde zu Übermut oder Blasiertheit
führen, also Verderben. Da das Karma sich bestrebt, Kausalgerechtigkeit zu veranschaulichen, so staunt man freilich um
so mehr über Einzelfälle, wo man umsonst nach Ausgleich sucht, z.B. qualvollen Tod eines gutartigen Jünglings
zur Trauer für viele. Sühnt er damit ein präexistentes Schlechtes, für das keinerlei Anzeichen vorlag?
Ist das andern durch seinen Tod zugefügte Leid gerecht z.B. wenn einer Witwe ihr einziger Sohn und Ernährer stirbt?
Warum kompromittiert sich das Karma so vorm menschlichen Begriffsvermögen, da Hinweis auf Präexistens in gewissen
Fällen kaum gültig scheint?
    Daß jede Tat (also auch die schlechte?) sich selbst belohne und daß man nicht Unrecht tun könne ohne
Unrecht zu leiden, ist Emersonscher Paradoxenschwulst, nicht ohne eine letzte Wahrheit, die aber kein Orakeln
verständlich macht, solange man als moralisierender Yankee die Dinge beschaut, mit Dollaroptimismus zahlungsfähiger
Moral Widerwärtigkeiten als Ansporn zu mannhafter »Tugend« preist. Daß Tadel gesunder sei als Lob und
böswillige Kritik besser als wohlwollende Achtung, sind Redereien eines Menschen, der eher überschätzt wurde,
und dem es am »Irrsinn eitler Einbildung« selber nicht fehlte, wie sein Diktator-Dozieren als Präzeptor
mundi austönt. »Die Seele will nicht Häßlichkeit und Leid kennen«? (Essay »spirituelle
Gesetze.«) Sie sind aber da, ob sie will oder nicht. Liebe erzeuge immer Liebe? Selbst Sexualliebe ist nicht immer
gegenseitig, wenn sie sich mit andern Reizungen kreuzt, und der Mob zerreißt den Liebevollen, der ihn aufklären
möchte. Wenn die Natur nur handelndes Bewegen liebt und »unsere Wohltätigkeit und Gelehrsamkeit nicht mehr
schätzt als unsere Betrügereien und Kriege«, so wäre dies ethischer Nihilismus. Warum sich dann noch mit
Rechthandeln plagen! Auch ist paradox, daß kein Mensch je betrogen werde, es sei denn, daß er sich selbst
betrüge. Wohl kann man sich selbst betrügen und doch keine Fähigkeit des Betrogenwerdens haben. Emersons
blendende, obwohl oft wirre, Beredsamkeit sagt manchmal Richtiges, doch so aphoristisch, daß er sich oft widerspricht.
Auf die lächerliche Behauptung »der Eindruck jeder Schrift auf die Öffentlichkeit mißt sich
mathematisch nach der Tiefe ihres Denkens« folgt gleich nachher, daß kein Dutzend Plato lesen, nie genug um eine
Auflage zu bezahlen, und das soll für Piatos Einfluß genügen? »Ein Mensch wird genau so geschätzt,
wie er wert

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