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Der Aufgang Des Abendlandes

Titel: Der Aufgang Des Abendlandes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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literarische Handwerksbursche, der so sensationell auf der
Modelandstraße der Unnatur fechtet und dabei ein von ihm angeblich bereistes Indien so beschreibt, als wäre er nie
dort gewesen (ein Brahmane predigt Schiller!), jener Charlatan fiktiver Differenzierung unwahrer Güte oder
Amoralität schrieb gelassen: »Es gibt kein Glück, es gibt nur Tüchtigkeit.« Das ist ein
Königswort, daran soll man weder drehen noch deuteln, eines jener Bekenntnisse, woran man dem ganzen Menschen auf dem
Nabel guckt. Vielleicht fühlt er sich moralisch verpflichtet, die Überschwemmung des Gimpelmarktes mit seiner
Konterbande für ehrliche Schmugglertüchtigkeit auszugeben. »Glück hat auf die Dauer nur der
Tüchtige,« warf sich ja auch Moltkes strategischer Dusel in die Brust. War kein Glück, daß lauter
Trottel oder Schlimmeres ihm in die Hände spielten? Gibt es kein Glück in den Karten, wo der beste Spieler nichts
gegen bessere Trümpfe vermag? Weit richtiger klingt: es gibt weder Glück noch Tüchtigkeit, es gibt nur
Karma.
    Untersuchen wir den Einwand, Vergleich von Einzelheiten erkünstele zufällige Übereinstimmung: Hat in einem
Weltbild absoluter Kausalität überhaupt der Zufall Raum? Nein. Die von uns angeführten Einzelheiten bis auf
Ähnlichkeit von Nebenpersonen und Ortsnamen wären selbst dann auffällig, wenn sonst keine innere
Identität nachweisbar wäre. Da aber letztere über jeden Zweifel sichtbar ist, so darf man alle übrigen
Indizien unmöglich für zufällig halten. Entweder ist die von der Urweisheit gewußte und noch heute von
600 Millionen Menschen religiös geglaubte Wiedergeburt leerer Wahn – und dann ginge auch die Kausalität in
die Brüche – oder unser Beispiel hat zum erstenmal die Grundlagen der Wiedergeburt veranschaulicht. Wer unserer
Entschleierung nicht zu folgen vermag, dem rufen wir das Jesuswort ins Gedächtnis: Wer den Propheten nicht glaubt, wird
auch nicht glauben, wenn die Toten auferstehen.
     

 
4
    Im Essay über »Ausgleichung« (Kompensation) empört sich Emerson über die Kanzelpredigt, der
Gute leide in diesem Leben und dem Bösen gehe es gut, wofür dann das Jenseits den Spieß umkehre. Diese sehr
verbreitete Auffassung zeugt von Niedrigkeit der Gesinnung und falschem Aufmerken. Denn damit soll gemeint sein, daß
materielles Wohlleben der Schlechten nachher durch materielles Wohlsein der Guten im »Himmel« ausgeglichen wird,
ein rohweltlicher Realismus, der dabei übersieht, daß der Gute ein meist mit schlechten Handlungen erworbenes
»Glück« nicht wünschen kann, daß es ihm aber dafür in idealer Hinsicht gut geht. Auf die
Irreligiosität, daß Gott zwecklos Tragödien im Diesseits aufführen und sinnlos den Guten quälen
würde, damit er einen ihm ohnehin sichern »Himmel« verdiene, geht Emerson nicht ein. Und zwar aus guten
Gründen. Denn das Weltübel läßt sich nun mal nie mit willkürlichem Walten eines persönlichen
Gottes zusammenreimen, auf den der frivole Spruch passen würde: »Das einzige, was ihn entschuldigt, ist, daß
er nicht existiert«, sondern findet vernünftige Begründung einzig durch das Karmasystem. Dauernde Leiden und
Mißerfolge erbittern und verbittern, dienen also selten zur Läuterung und im wirklichen Leben erhält der
geduldige Hiob keineswegs von Jehova nachher noch mehr Kamele und Rinder. Schopenhauers Verschrobenheit, das Leben mache sich
unerträglich, damit man einsehe, es solle nicht sein, widerspricht jedem Naturgesetz, übrigens finden
Glückverwöhnte es recht angenehm. Wenn er Leiden der Tiere mit heranzieht, die sich doch meist des Daseins freuen,
so wird ein Skeptiker spotten, ob auch sie der Wiedergeburt teilhaftig werden, ein Kirchenrohling folgern: Das leidende Tier
hat keine Seele, also auch keine Unsterblichkeit, der Materialist aber: Der Mensch ist Tier, hat also so wenig Fortdauer wie
das Tier. Antwort: selbstredend hat das Tier eine Seele, vielleicht eine reinere, da bei ihm das Ich sich minder
vordrängt. Wer Hunden, Katzen, Elefanten oder gar Pferden und Papageien eine Psyche abspricht, ist ein Narr. Nie machte
sich der Buddhismus solches menschlichen Größenwahns schuldig. Sie gehen gerade so ins Astrale ein, finden
geradeso eine Wiedergeburt, obschon ägyptische Lehre, der vertierte Mensch kehre in Tierleiber zurück, nicht viel
Glauben verdient. Warum sollte ein viel duldendes edles Pferd nicht auf höhere Stufe befördert werden? Karmagesetz
gilt für alles

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