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Der aufrechte Soldat

Der aufrechte Soldat

Titel: Der aufrechte Soldat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian W. Aldiss
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neuer militärischer Tag: Das Land war ein anderes, jedoch waren die Befehle dieselben.
    Nach dem Frühstück stellten wir uns in Paradeformation für den Ortskommandanten auf, der uns mit einer Ansprache begrüßte. Er war ein schwergewichtiger Mann, umgeben von einer Aura der Autorität, welche höheren Offizieren ihre Anonymität verleiht. Man konnte erkennen, daß er kein Mendip war, wenn man ihn nur flüchtig ansah. Wir standen auf dem Exerzierplatz, in Khakiuniform und Tropenhelm, und hörten uns seine Schilderung an, daß dies ein recht ruhiger Posten sei, wo wir uns akklimatisieren sollten, ehe wir unsere erste Ausbildung im Dschungelkampf erhielten und dann unsere eigentliche Aufgabe in Angriff nehmen würden, nämlich die Japaner aus Burma zu vertreiben.
    »Ich weiß, welchen Ruf Burma daheim hat, und es ist ein schlechter Ruf. Lassen Sie sich dadurch nicht täu schen. Sie werden schon bald feststellen, wie die Chindits, zusammen mit den anderen Einheiten der britischen Armee, sich in zunehmendem Maße energisch gegen die Japaner zur Wehr setzen und sie zurückdrängen. Wir haben aus früheren Fehlern gelernt. Der Japaner ist nicht unbesiegbar, wir werden ihn mit eingekniffenem Schwanz nach Hause jagen. Burma – jedenfalls der größte Teil des Landes – ist ein ideales Kampfgebiet für die Infanterie.« Ein Murmeln erhob sich, woraufhin der Ortskommandant sich noch mehr straffte.
    »Ich wiederhole – ein ideales Kampfgebiet! Und dort kommt die britische zweite Divison zum Einsatz. Sie werden in Burma kämpfen. Während der nächsten Wochen wird man aus Ihnen perfekte Kampfmaschinen machen. Ich weiß, daß Sie den nötigen Mut schon jetzt haben – unsere Aufgabe besteht darin, dafür zu sorgen, daß Sie auch mit der nötigen Fitneß an die Front gehen … In diesem Zusammenhang würde ich Ihnen raten, nur sehr wenig Alkohol zu trinken und dafür viel Wasser. Versetzen Sie Ihr Trinkwasser mit Salz, und zwar mit so viel, wie Sie vertragen können. Außerdem halten Sie sich tunlichst von den einheimischen Frauen fern, von denen so gut wie alle die Pocken haben. Sicherlich bietet man Ihnen unten im Basar Frauen an. Lehnen Sie sie ab. Lassen Sie sich nicht irgendwohin locken. Sie haben ganz bestimmt ebenfalls die Pocken, daher Finger weg von ihnen! Hier herrscht ein heißes Klima, daher achten Sie auf Ihre Moral und bleiben Sie sauber. Das wäre alles.«
    Wir traten weg.
    Viele der Männer wanderten wie benommen vor sich hinmurmelnd zum Kasernengebäude zurück. »Sauber bleiben … Was meint der denn, wer wir sind …«
    Am Nachmittag gingen wir zum Quartiermeister, um unsere neue Ausrüstung abzuholen. Sämtliche Gegenstände, mit denen wir ausgestattet worden waren, ehe wir die Heimat verließen, mußten zurückgegeben werden. Dazu gehörten unsere Khakikluft, unsere Gasmasken und die verhaßten Sonnenschutzhelme. Dafür erhielten wir dunkelgrünes Dschungelzeug in Größen, die uns immerhin nahezu perfekt paßten. Wir bekamen außerdem Stahlhelme und Buschhüte. Mit letzteren sahen wir wie Australier aus; wir stolzierten damit umher, titulierten uns gegenseitig mit »Meister« und »altes Haus«, aber es war die Rede des Ortskommandanten vom Vormittag, die uns gründlich beschäftigte.
    »Gibt es wirklich viele Frauen im Basar?« fragte Wal ly Page den Quartiermeister, als wir Moskitonetze abholten.
    Der Corporal hielt inne und sah Wally argwöhnisch an. »Was meinst du damit, ob es viele Frauen im Basar gibt?«
    »Was ich sagte – gibt es viele Frauen im Basar?«
    Der Corporal war ein magerer, strohblonder, blasser Mann. Während er einen Zigarettenstummel mit Daumen und Zeigefinger aus dem Mund nahm, betrachtete er Wally und mich feindselig und meinte: »Ihr jungen Kerle solltet erst mal Zucht und Ordnung lernen! Ihr kommt wohl frisch aus der Heimat, nicht wahr?«
    »Ich war 1940 in Frankreich – wo waren Sie da?« fragte ich.
    »Dein neunmalkluges Geschwätz kannst du dir sparen! Ihr habt hier in Indien nur euren Dienst zu tun, das allein zählt. Und wir nennen sie hier draußen nicht Frauen. Wir sagen Bibis zu ihnen, schwarze Bibis. Das ist Urdu.«
    Wir hatten bereits bemerkt, welche Sitte hier gepflegt wurde: So viele Urdu-Wörter wie möglich wurden in jede Unterhaltung hineingepackt. Es war genauso wirkungsvoll wie eine ganze Kollektion von Orden und Ehrenmedaillen, die lästigen Anfängern wie uns vor die Nase gehalten wurde.
    Indem er sein ursprüngliches Thema weiterverfolgte, verpaßte Wally

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