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Der aufrechte Soldat

Der aufrechte Soldat

Titel: Der aufrechte Soldat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian W. Aldiss
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Sie hätten achtunddreißig Grad Fieber. Das ist bei dieser Hitze natürlich nichts. Viele total gesunde und einsatzfähige Männer haben noch mehr. Sie prügeln sich einfach zu gern.«
    »Verzeihung, Sir, aber es war keine Schlägerei. Ich bin in Indore von einem Waggon gestürzt.«
    Er sah mich an. »Der Arzt hat mir berichtet, Sie hätten ihm das erzählt … Nun, Stubbs, Sie haben sich da einen ganz schönen Schaden zugefügt. Ich empfehle Ihnen, ein paar Tage hier zu bleiben und sich völlig auszukurieren.«
    Was für eine Fürsorge! Ich wußte, daß irgend etwas dahintersteckte, und seine nächsten Worte bestätigten meinen Verdacht.
    »Zufälligerweise hat es ein Mißverständnis mit unse rer Ausrüstung am Bahnhof in Howrah gegeben, deshalb ist es besser, wenn Sie nicht auch noch dort herumhängen.«
    »Jawohl, Sir.«
    »Haben Sie noch immer vor, an einem Funkerkurs teilzunehmen, Stubbs?«
    »Ich denke schon, Sir.«
    »Schön. Ich kann Ihnen natürlich nichts versprechen, aber es ist möglich, daß hier am Ort in Kürze einer anfängt.«
    »Und was ist mit Burma, Sir? Zieht die Kompanie oh ne uns an die Front? Ich wäre lieber bei der Kompanie, Sir, als zurückzubleiben.«
    Darauf gab er keine direkte Antwort. »General Slim, der Befehlshaber der 14. Armee, befindet sich zur Zeit in dieser Gegend. Die verschiedenen Abteilungen der 2. Division versammeln sich ebenfalls. Es kann sein, daß der Befehl zum Vorrücken schon in ein paar Tagen kommt – unter Umständen sogar in wenigen Stunden.«
    »Was ist denn mit unserer fehlenden Ausrüstung, Sir?«
    Er stand auf. »Da draußen ist ein Krieg im Gang. Vielleicht vergißt das Armeekommando, der Sache auf den Grund zu gehen und eine Untersuchung durchzuführen.« Er hielt inne, während er sich zum Gehen wandte. »Die Nachhut wird vom Transitlager in ein besseres Lager in der Nähe verlegt. Wir werden Sie nicht im Stich lassen. Sie werden uns nicht verlorengehen, wie unsere Ausrüstung in Howrah!«
    Was hatte das alles zu bedeuten? fragte ich mich, als er gegangen war. Hatte er irgendeinen Verdacht gegen mich? Plante er, mich auf elegante Art und Weise loszuwerden?
    Wußte er, daß Jock mich am vorhergehenden Tag besucht hatte? Was sollte dieser neue Quatsch über einen Kurs?
    Alles, was ich tun konnte, war, das zu tun, was die meisten Angehörigen der Armee tun: abwarten. Aber es wurde eine lange Warterei.
    Am nächsten Tag ging es mir bedeutend besser. Die vergessene Armee schimpfte und redete von Simulanten, die erst mal richtigen Dienst schieben sollten, als verkündet wurde, daß meine Temperatur auf einen normalen Wert gesunken sei. Der skeptische Militärarzt informierte mich, daß ich zwei gebrochene Knochen und eine gerissene Sehne habe. Meine rechte Hand wurde verbunden und mein rechter Arm in eine Schlinge gelegt. Ich wurde vom Dienst befreit und angewiesen, mich im Lager aufzuhalten.
    Der Sergeant der Ambulanz erwies sich als richtig freundlich. Er kam zu mir mit einem Rat. »Hier gibt es den ganzen Tag nichts zu tun – also geh in die Stadt und hab deinen Spaß. Solange du immer vor halb elf durch das Haupttor reinkommst, wird niemand sich dafür interessieren, was du treibst.«
    »Danke, Sergeant, aber ich habe keine einzige Rupie zum Ausgeben.«
    »Das geht aber nicht. Melde dich bei Corporal Harrison im Sanitätszimmer und bestell ihm, ich hätte dich geschickt. Er ist ein wahres Genie, wenn es darum geht, Geld in Umlauf zu bringen.«
    Corporal Harrison war ein rundlicher Mann mit Brille und einem Schnurrbart. Er polierte das eine und zupfte sich am anderen und holte fünfzehn Rupien, die er in mein Soldbuch eintrug, aus einer Schublade. Es war der Sold für eine Woche.
    Zwei Tage später war ich wieder pleite – mit fünfzehn Rupien kam man in Kalkutta nicht weit. Der zuverlässige Harrison händigte mir einen weiteren Wochensold aus.
    »Es macht ihm gar nichts aus«, meinte einer der Typen von der vergessenen Armee. »Er hat eine ganze Menge Tote auf seiner Lohnliste, die in diesem beschissenen Lager abgekratzt und niemals als gestorben gemeldet worden sind. Du lebst vom Sold eines Toten, Kamerad.«
     
    So hatte ich eine Woche Zeit, Kalkutta allein zu erkunden.
    Ich versuchte, Kontakt mit meinen Kameraden bei den Mehdips aufzunehmen. Um Geld zu sparen, ging ich zu Fuß zum Transitlager in Howrah. Unser Nachhutkommando hatte zusammengepackt, war abgezogen und hatte nichts zurückgelassen. Niemand wußte etwas von ihnen, bis auf die Tatsache,

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