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Der Aufstand

Der Aufstand

Titel: Der Aufstand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sean McCabe
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Wegen dem, was heute passiert ist.»
    «Nein, ich bin nicht sauer auf Sie. Ich mache mir nur Sorgen. Sie können einfach nicht so weitermachen und ewig von dieser Babynahrung leben. Rudi hat schon recht. Sie müssen den Schritt tun, sonst –»
    «Sterbe ich?»
    «Nein, sterben werden Sie nicht. Sie können gar nicht sterben. Was Ihnen zustoßen wird, ist viel schlimmer als der Tod. Sie verdorren regelrecht. Sie werden in einer Welt der Dämmerung dahinvegetieren, aus der es kein Entkommen gibt. Dann sind Sie nicht viel mehr als ein Gespenst.»
    Er schaute im Laufen auf seine Füße hinab. «Ist das normal? Ich meine, geht es auch anderen Leuten, ich meine, Vampiren so, dass –»
    «Dass sie Schwierigkeiten haben, sich daran zu gewöhnen?» Sie nickte. «Einigen schon. Das kommt immer wieder mal vor.»
    «Und wie war es für Sie, das erste Mal?»
    «Für mich war’s leicht», sagte sie, ohne zu zögern.
    «Ich hätte das nicht fragen sollen. Entschuldigung.»
    «Schon gut. Es macht mir nichts aus, darüber zu reden. Für mich war es deswegen leicht, weil ich auf Rache aus war.»
    «Rache?»
    Sie hielt inne und holte tief Luft. «Mit neunundzwanzig war ich mit jemandem verlobt. William hieß er. Der einzige Mann, den ich je geliebt habe. Er war Künstler.» Sie seufzte. «Als er eines Nachts durch Hampstead Heath ging, wurde er von drei Männern ausgeraubt und erstochen. Er konnte gerade noch nach Hause taumeln, aber als man mich benachrichtigte, war es schon zu spät. Er ist in meinen Armen gestorben. Ich konnte nichts mehr tun, als ihn zu halten, bis er hinüber war.»
    «Das tut mir leid.»
    «Danach bin ich nachts immer wieder durch den Park gelaufen und habe stundenlang an der Stelle gesessen, wo es passiert war. Mir war alles egal; meinetwegen hätte man mich dort ebenfalls ermorden können. Und dann hat mich tatsächlich einer erwischt, aber das war kein Mörder. Außerdem wollte ich, dass es geschah. Weil das meine einzige Chance war, mich an den Männern zu rächen, die William getötet hatten. Ich habe nicht lange gebraucht, um sie zu finden, und sie haben dafür bezahlt. Das war
mein
erstes Mal, im Jahr 1897 .»
    «Vermissen Sie William immer noch?», fragte Greg nach einer kurzen Pause.
    «Ja, ich vermisse ihn.»
    «Über hundert Jahre sind eine lange Trauerzeit.»
    Sie nickte. «Ja, eine sehr lange Zeit. Seither hat sich viel verändert. Damals war ich noch Alexandra.»
    «Netter Name.»
    «Alexandra war auch eine nette Person. Auch sie vermisse ich manchmal.» Alex war drauf und dran weiterzusprechen, hielt dann aber inne.
    Ein paar Schritte gingen sie schweigend weiter.
    «Dann … haben Sie im Augenblick keinen festen Freund?», fragte Greg schließlich.
    Alex schaute ihn verwundert an.
    «Ich meine, Sie leben allein, oder?»
    Sie rümpfte die Nase. «Sie wollen mich doch nicht etwa anbaggern, Agent Shriver?»
    «Sie haben wirklich ein wunderbares Lächeln.»
    «Ich lächle doch gar nicht.»
    «Doch, das tun Sie. Gerade eben. Da, schon wieder!»
    «Ich habe definitiv nicht gelächelt.»
    Sie waren schon ein gutes Stück vom Wagen entfernt, als sich über ihnen die eckige Silhouette eines Frachtschiffs abzeichnete, dessen hohe Aufbauten vom Wellengang nur ganz leicht schwankten, während das Wasser gegen seinen langen, rostigen Rumpf schwappte. Auf dem Bug war mit Hilfe von Schablonen in weißen Buchstaben das Wort
Anica
aufgesprüht.
    «Das ist unser Schiff», bestätigte Alex. Ihrer Armbanduhr zufolge war es bereits nach Mitternacht. «Aber weit und breit keine Matrosen in Sicht.»
    Plötzlich hörten sie ein Geräusch und fuhren herum. Irgendjemand näherte sich aus den Schatten der Lagerhäuser. Alex war angespannt und kampfbereit, doch dann sah sie, dass es die beiden VIA -Agenten waren. «Becker. Mundhra.»
    «Lange nicht gesehen», sagte Mundhra.
    Alex nickte. «Das ist Agent Shriver», stellte sie Greg vor. «Sieht so aus, als hätte man uns versetzt. Die Jungs sollten sich hier vor vier Minuten mit uns treffen.»
    «Das wird Rumble gar nicht gefallen», sagte Becker.
    «Vielleicht sind sie ja an Bord gegangen», meinte Mundhra.
    «Dafür hatten sie viel zu viel Angst», erwiderte Greg. «So hat man es uns jedenfalls erzählt.»
    Becker grinste. «Angst wovor? Hat ihnen etwa jemand verraten, dass sie sich hier mit vier Vampiren treffen sollten?»
    «Scheiße, ich werde hier nicht die ganze Nacht blöd rumstehen», sagte Alex. «Sehen wir uns doch mal das Schiff an. Was auch immer diese

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