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Der Auftrag des Aeltesten

Der Auftrag des Aeltesten

Titel: Der Auftrag des Aeltesten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Paolini
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wie kann ich diese Dinge so beschreiben, dass es nicht banal klingt und schon tausendmal gesagt wurde? Ich bewundere die Schönheit der Natur, aber auch dies haben die Elfen schon auf unnachahmliche Weise ausgedrückt. Ellesméra selbst ist ja förmlich ein Monument ihrer Liebe zur Natur!
 Er wandte den Blick nach innen und suchte tief in seinem Herzen nach dem, was ihm am meisten bedeutete. Was erweckte in ihm so große Leidenschaft - ob Liebe oder Hass -, dass er darauf brannte, es mit anderen zu teilen?
    Drei Dinge kamen ihm in den Sinn: die Verletzung, die Durza ihm zugefügt hatte, die Angst davor, eines Tages Galbatorix gegenübertreten zu müssen, und die elfischen Epen, in die er sich so gerne versenkte.
    Ein Rausch der Erregung durchströmte Eragon, als in seiner Vorstellung eine Geschichte Gestalt annahm, die aus diesen drei Elementen bestand. Beschwingt eilte er zur Wendeltreppe und stürmte hinauf, wobei er immer zwei Stufen auf einmal nahm, setzte sich an den Schreibtisch im Arbeitszimmer, tauchte die Spitze der Schreibfeder in die Tinte und hielt ihn zitternd über einen leeren Papierbogen.
    Die Feder kratzte über das raue Papier, als er die ersten Worte schrieb:
    Im Königreich am Meer,
 
In Bergen schimmernd blau
    Die Worte schienen wie von allein aus der Schreibfeder zu fließen. Es kam ihm vor, als dächte er sich die Geschichte nicht aus, sondern wäre lediglich ein Übermittler, der sie in die Welt hinübertransportierte. Da er noch nie einen eigenen Text verfasst hatte, war Eragon gepackt von der freudigen Erregung, die eine neu entdeckte Leidenschaft auslöst - besonders da er nie darauf gekommen wäre, dass es ihm Spaß machen würde, ein Barde zu sein.
    Er schrieb wie ihm Rausch, gönnte sich keine Pause. Er hatte die Ärmel hochgekrempelt, um sie vor der Tinte zu schützen, die bei seinen ungestümen Handbewegungen von der Feder spritzte. Seine Konzentration war so tief, dass er nichts hörte außer den Rhythmus seines Gedichts, nichts sah außer die Worte auf dem Papier und an nichts anderes dachte als an die Verse, die in flammenden Zeilen hinter seinen Augen eingeprägt waren.
    Nach anderthalb Stunden ließ er die Schreibfeder aus der verkrampften Hand fallen, schob den Stuhl vom Tisch und stand auf. Vor ihm lagen vierzehn Seiten. So viel hatte er noch nie an einem Stück geschrieben! Eragon wusste, dass sein Gedicht sich nicht mit den Werken der großen Elfen- und Zwergenpoeten messen lassen konnte, doch er hoffte, dass es gut genug war, um bei der Feier nicht belächelt zu werden.
    Als Saphira zurückkam, las er ihr das Gedicht vor. Als er fertig war, sagte sie: 
Oh, Eragon, du hast dich so sehr verändert, seit wir das Palancar-Tal verlassen haben! Der unbedarfte Bauernjunge von damals ist wirklich nicht mehr wiederzuerkennen! Der alte Eragon hätte niemals ein so schönes Gedicht schreiben können! Ich freue mich schon darauf zu sehen, was in den nächsten fünfzig oder hundert Jahren aus dir wird.
    Er lächelte. 
Falls ich so lange lebe.
     
    »Es ist hier und da noch ein bisschen holprig, aber alles in allem gut gelungen«, befand Oromis, als Eragon ihm das Gedicht vortrug.
    »Dann gefällt es Euch also?«
    »Es ist eine gute Beschreibung deines gegenwärtigen Seelenzustands und liest sich flüssig herunter, aber es ist kein Meisterwerk. Hast du das denn erwartet?«
    »Nein, ich glaube nicht.«
    »Mich überrascht allerdings, dass du es vortragen kannst. In der alten Sprache Fiktion zu 
schreiben
, ist eine Sache. Richtig schwierig wird es erst, wenn man den Text rezitieren muss, denn das verlangt, dass man fiktive Dinge - also Unwahrheiten - in der alten Sprache erzählt, und das lässt sie ja bekanntlich nicht zu.«
    »Ich kann es vortragen«, erwiderte Eragon, »weil ich glaube, dass es die Wahrheit ist.«
    »Und genau das verleiht deinen Worten ihre immense Kraft … Ich bin beeindruckt, Eragon-Finiarel. Dein Gedicht ist ein würdiger Beitrag für die Blutschwur-Zeremonie.« Mit spitzen Fingern zog Oromis eine mit einem Bändchen verschnürte Schriftrolle aus dem Gewand. »Ich möchte, dass du dich selbst und Orik mit den neun Schutzzaubern belegst, die auf diesem Bogen geschrieben stehen. Wie du in Sílthrim gemerkt hast, sind unsere Feste sehr potente Angelegenheiten und nicht für Teilnehmer gedacht, deren Konstitution schwächer als die unsere ist. Ungeschützt riskiert man, sich im Gewirr unserer Magie zu verlieren. Das ist schon oft passiert. Selbst mit diesen

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