Der Auftrag
hatte ihn zwar in einer Limousine mit abgedunkelten Fenstern hierher gebracht, aber er hatte sein Armbandterminal behalten dürfen und wusste, dass sie nicht einmal bis zur Stadtgrenze gekommen sein konnten, geschweige denn aufs Land. Trotzdem waren die weiß getünchten Wände, die Terrakottafließen auf den Böden, die üppigen Pflanzen, die hohen Gewölbedecken alles das, was man von einer Villa erwartete. Die Tatsache, dass die Fenster pseudoreal waren und auf eine Szenerie hinausblickten, die tausende von Kilometern entfernt war, tat dieser Wirkung keinen Abbruch. Der Flur führte ihn zu einer kurzen Treppe, die ihn nach unten in einen mit Menschen gefüllten Raum brachte. Auf dem Bambusmobiliar lagen üppig wirkende Kissen mit Blumenmustern. Er traf als Letzter ein, und die anderen standen auf, um ihn zu begrüßen. Alle trugen ähnliche Bademäntel wie er. Madam Dasser übernahm die Vorstellung.
»Hello, Sergi, ich bin wirklich froh, dass Sie es geschafft haben! Sie kennen doch Ari Goss? Von Goss Shipping? Und Zorana Zikos von Zikos Manufacturing?«
Die Liste war endlos, bis Chien-Chu etwa dreißig Leuten vorgestellt worden oder mit ihnen alte Bekanntschaften erneuert hatte - alles einflussreiche Persönlichkeiten aus der Welt der Wirtschaft und der Medien. Und viele von
ihnen bedeuteten eine große Überraschung für ihn.
Seine Mitverschwörer hier versammelt zu sehen - und das Wissen um das Risiko, das sie eingegangen waren, um hier zu sein -, trug viel dazu bei, seine Moral zu heben. Wie er hatten die meisten von ihnen in dem herrschenden System gutes Geld verdient und würden daher mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht den Wandel um des Wandels willen suchen. Nein, dies waren klar denkende Geschäftsleute, auf den eigenen Vorteil bedacht, aber sicherlich auch imstande, das Gemeinwohl im Auge zu haben. Wenigstens hoffte er das.
Als die Begrüßungen zu Ende waren, nahmen alle ihre Plätze ein. Madam Dasser ließ den Blick durch den Saal schweifen.
»Ehe wir beginnen, möchte ich Sergi sagen, wie sehr es mir Leid tut, vom Tod seines Sohnes zu hören. Der Preis des Sieges war schrecklich hoch, aber es ist der Einzige, den wir bis zur Stunde zu verzeichnen haben, und strahlt wie ein Leuchtturm in einem Meer der Finsternis. Sergi, ich bin sicher, dass alle hier Versammelten deine Trauer teilen und bereit sind zu helfen.«
Diese Worte erforderten eine Rede, zumindest eine Antwort, und Chien-Chu hatte nichts vorbereitet. Dass Leonid wirklich tot war, zu Atomen zerstrahlt, gefallen bei der Verteidigung von etwas, das letzten Endes bloß teurer Tand war, hatte seine Einstellung zum Leben verändert. Geld schien ihm jetzt weniger wichtig, ebenso wie all die Dinge, die Geld kaufen konnte, und die Besitztümer, die er angesammelt hatte.
Chien-Chu hatte sich bereits zuvor entschlossen, sich der
Kabale anzuschließen; die Nachricht vom Tod seines Sohnes hatte ihn noch in seinem Entschluss bestärkt. Er verspürte das an Verzweiflung grenzende Bedürfnis, dieser Tragödie einen Sinn zu geben, aus seinem Verlust einen Gewinn zu machen, wenn nicht für sich, dann für andere.
Chien-Chus Trauer gab ihm Kraft für seine Worte. Er stand auf, um ihnen zu sagen, was er empfand, und mehr als das, was er sich erhoffte.
»Ich danke Ihnen, Madam Dasser. Ich werde Ihre tröstenden Worte meiner Frau und meiner Schwiegertochter übermitteln. Der zu frühe Tod meines Sohnes bestärkt mich in meinem Beschluss, gegen die Hudathaner zu kämpfen, bevor sie das Zentrum unseres Imperiums erreichen. Ich verneige mich vor Ihnen allen hier dafür, dass Sie den nötigen Weitblick haben … und den Mut, um zu handeln. Die Hudathaner stellen eine sehr reale Gefahr dar.
Aber, wenn ich mich in diesem Raum umsehe, dann entdecke ich eine noch viel größere Gefahr. Die Gefahr nämlich, dass wir eine neue Regierung der wenigen für die wenigen schaffen. Diese Gefahr beruht auf unserem Wohlstand, unserer Stellung in der Gesellschaft, unserer Macht und, ja, auch das will ich sagen, dem Wesen unserer Rasse. Wir sind selbstsüchtig, neigen dazu, unsere eigenen Interessen über die anderer zu stellen. Das Einzige, womit man dieser Gefahr Herr werden kann, ist die einmütige Verpflichtung auf ein höheres Ziel.
Ich meine damit eine Regierung, die das Volk repräsentiert, die es vor Schaden beschützt und die sich dem Bösen entgegenstellt, statt es zu fördern. Das ist das Ziel, zu dem ich mich hingezogen fühle, ausist das Ideal, dem ich mein
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