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Der Auftrag

Der Auftrag

Titel: Der Auftrag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William C. Dietz
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Energievergeudung.
    Befehle wurden erteilt, Körper setzten sich in Bewegung, und die Mauer begann zu »marschieren«. Der riesige Würfel, der wie solides Felsgestein aussah, bestand in Wirklichkeit aus mehr als tausend sorgfältig zugeschnittenen Steinblöcken. Jeder Block wog täuschend leichte sieben Kilo, ein Gewicht, das Männer und Frauen mühelos heben konnten, bis dann die Hitze anfing, an ihren Kräften zu zehren und die endlose Wiederholung sie abstumpfte.
    Und dann wurde das, was einmal leicht gewesen war, schwierig, schrecklich schwierig, so sehr, dass die Legionäre hin und her taumelten, Steinblöcke fallen ließen und unter der Hitze zusammenbrachen. Aber das würde später kommen, am Nachmittag, viel später. Und jetzt war jetzt.
    Sie hätte sich selbst von der Arbeit ausnehmen können, hätte Befehle geben können, während andere arbeiteten, aber Mosby weigerte sich, das zu tun. Und weil sie sich weigerte, mussten ihre Offiziere und Unteroffiziere sich ebenfalls weigern, was durchaus Unwillen erzeugte.
    Also packte General Marianne Mosby einen Granitblock, drückte ihn an ihre Brust und marschierte ans andere Ende des Exerzierplatzes. Dort angelangt legte sie ihn ab, passierte auf dem Rückweg zu dem zusammenschrumpfenden Stapel hunderte von Legionären und griff sich den nächsten. Im Laufe des Tages würden die Steinblöcke vom Schweiß schlüpfrig werden, würden ihre mit Blasen übersäten Hände verbrennen, würden doppelt, dreifach, vierfach wiegen, bis jeder einzelne Stein sich anfühlte, als wiege er fünfhundert Kilo. Und sie würde es immer wieder tun, immer wieder und wieder, bis die Mauer aus Granit von einem Ende des Exerzierplatzes zum anderen »marschiert« war. Mosby fuhr sich mit der Zunge über die trocknen Lippen. Es würde ein langer, langer Tag werden.
    Mosbys Gesicht verfinsterte sich, als der Imperator. als zwei Imperatoren ihren Körper liebkosten. Es war ein angenehmes Gefühl, aber es war unrecht, schrecklich unrecht, und sie konnte sich nicht erinnern, weshalb. Da war etwas, was sie sagen sollte, etwas, was sie tun sollte, aber sie wusste nicht genau, was es war.
    Die Tür öffnete sich mit metallischem Klang, ein Licht stach ihr in die Augen, und ein Knüppel stieß sie am Bein an.
    »Aufstehen, General, da ist jemand, der Sie sprechen möchte.«
    Mosby schwang die Beine über die Pritsche, spürte den kalten Beton unter den Füßen und kniff die Augen zusammen, als die Zelle von Licht überflutet wurde. Draußen war es Nacht, und die kalte Luft jagte ihr eine Gänsehaut über die Arme.
    Der Wächter war ein großer Mann mit dem Bauch eines großen Mannes und einem sechzig Zentimeter langen Schockerknüppel, der an einer Schlinge von seinem Handgelenk baumelte. Die Sonne hatte seiner Haut ihren Tribut abverlangt und sie zu einem endlosen Labyrinth von Runzeln zerspringen lassen.
    »Ich weiß nicht, warum Sie sich die Mühe machen, Doc. Wen kümmert es schon, ob dieses Pack ein paar Blasen kriegt? Das sind Verräter, ja, Verräter sind das, schlimmer als Schlangenscheiße.«
    Chien-Chu nickte freundlich und gab sich alle Mühe, der Alkoholfahne des Wächters auszuweichen. »Da haben Sie völlig Recht, Sarge, aber Vorschrift ist Vorschrift, und einmal im Monat müssen wir uns um die kümmern.«
    Der Handelsherr stellte seine Arzttasche auf die Pritsche, zog den Diagnosescanner heraus und fummelte nach dem Schalter. Ein summendes Geräusch und eine Reihe Dioden leuchteten auf. Eine davon hatte mit dem ärztlichen Bereich überhaupt nichts zu tun. Sie leuchtete gelb und bestätigte Chien-Chu, dass der Bereich sauber war, eine etwas überraschende, aber nicht unwillkommene Erkenntnis. Er drehte sich zu dem Wächter um.
    »Machen Sie Pause, Sarge, ich komme schon klar.«
    Der Mann rührte sich nicht von der Stelle. »Zieht die sich jetzt aus? Ich würde liebend gern ihre Titten sehen. Unserem Doc hat das nichts ausgemacht.«
    Chien-Chu runzelte die Sürn. »Tatsächlich? Also, mir schon. Gehen Sie also bitte hinaus.«
    Der Mann wollte sich schon aufplustern, erinnerte sich dann aber daran, dass Ärzte mit Lieutenants, Captains und manchmal sogar noch höheren Diensträngen Umgang haben, weshalb es gefährlich sein konnte, wenn sie sauer auf einen waren. Außerdem würde ja das nächste Mal wieder der reguläre Doc da sein, und dann würde alles wieder ganz anders aussehen.
    »Also, aber dann machen Sie schnell, Doc. Wir haben nicht die ganze Nacht Zeit.«
    Mosby war wütend.

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