Der Auftrag
vermutlich um etwaige Feinde, die das Schiff geentert hatten, zu zwingen, in Einerreihe vorzurücken, weitete sich wieder aus und endete vor einer Schleuse. Sie stand offen, und Baldwin wartete daneben.
Norwood hatte ihn seit der Foltersitzung nicht mehr gesehen. Er wirkte müde und abgespannt, ansonsten aber unverändert.
»Colonel Norwood.«
»Baldwin.«
Baldwin registrierte, dass sie seine Rangbezeichnung unterschlug, ignorierte das aber. »Sie sehen gut aus.«
»Danke. Ich arbeite daran. Was geht hier vor?«
Baldwin zuckte die Achseln. »Anscheinend verfügen die Say’lynt über unbekannte mentale Kräfte. Sie haben ein Schiff unter ihre Kontrolle gebracht und weigern sich, es freizugeben, solange die Hudathaner ihnen nicht erlauben, mit einem menschlichen Soldaten zu sprechen.«
Norwood schob eine Augenbraue hoch. »Tatsächlich? Und was haben Sie damit zu tun?«
Baldwin schüttelte betrübt den Kopf und betrat die Schleuse. Eine Wache bedeutete Norwood, ihm zu folgen. Sie gehorchte. Die Luke hinter ihnen schloss sich, und eine andere vor ihnen schob sich auf.
In der Startbucht herrschte normaler Luftdruck. Es war ein riesiger Raum voll von Schiffen, Technikern, Robotern und schwerem Gerät. Die Luft war warm und mit Ozon geschwängert, was die Hudathaner nicht störte, da ihr Geruchssinn praktisch nicht existent war.
Eine Wache wies auf einen schwer gepanzerten Shuttle, worauf die Menschen diese Richtung einschlugen. Norwood ergriff als Erste das Wort.
»Was will denn Phytoplankton mit einem Soldaten? Ob nun menschlich oder sonst wie.«
Baldwins Gesicht verfinsterte sich. »Ich würde auf Rat tippen. Die Say’lynt haben die Wissenschaftler gemocht, sich angewöhnt, sich auf sie zu verlassen, und haben gleich nach deren Ermordung das hudathanische Schiff in ihren Besitz gebracht. Das Resultat ist jetzt eine Trumpfkarte, von der sie nicht wissen, wie sie sie ausspielen sollen.«
»Und Sie werden ihnen helfen, das Problem zu lösen«, meinte Norwood sarkastisch.
»Ich werde Ratschläge geben«, erklärte Baldwin ruhig.
»Was denn? Dass sie kapitulieren und Selbstmord begehen sollen?«
»Nein«, erwiderte Baldwin mit stoischer Ruhe. »Ich werde empfehlen, dass sie das Schiff freigeben, den Gebrauch ihrer mentalen Kräfte beschränken und ein Bündnis mit den Hudathanern eingehen.«
»Und wenn sie ablehnen?«
Baldwin zuckte die Achseln. »Darüber zerbreche ich mir den Kopf, wenn es so weit ist. Aber Kriegskommandeur Poseen-Ka hatte einen Vorschlag.«
»Tatsächlich? Und wie lautet der?«
»Er hat vorgeschlagen, dass ich Sie erschieße, als Beispiel dafür, was mit denen geschieht, die sich der Herrschaft der Hudathaner widersetzen.« Baldwin zog sein Jackett auf.
Norwood stellte fest, dass man dem Offizier eine Waffe anvertraut hatte. Sie spürte, wie es ihr kalt über den Rücken lief, und kämpfte gegen das Gefühl der Angst an. »Aha. Und haben Sie das vor?«
Sie hatten inzwischen den Shuttle erreicht. Baldwin blieb stehen und drehte sich zu ihr herum. Er wirkte gequält. »Nein, natürlich nicht. Wofür halten Sie mich?«
Norwood sah ihm gerade in die Augen. »Für einen Menschen, der aus freien Stücken und wohl wissend, was er tut, am Massenmord von Millionen menschlicher Wesen teilgenommen hat. Welchen Unterschied würde da ein weiterer Mensch machen?«
Baldwins Augen flackerten wütend. »Setzen Sie Ihr Glück nicht aufs Spiel, Norwood. Ich könnte es mir anders überlegen.«
Eine Wache winkte mit einem Blast-Karabiner, und die Menschen stiegen in den Shuttle.
Man hatte gar nicht erst versucht, die Leitungsrohre zu verdecken, die an den Schiffswänden entlang verliefen, oder die Metalldecks zu polstern. Die Sitze waren ein Rohrgestänge, wie es Militärs überall schätzen, und gerade groß genug für zwei Menschen von durchschnittlicher Größe.
Norwood setzte sich, zog den Sitzgurt straff an und stellte fest, dass er immer noch zu locker saß.
Der Flug zur Oberfläche des Planeten verlief ohne besondere Vorkommnisse. Die Hudathaner redeten miteinander, Baldwin starrte auf den Sitz vor ihm, und Norwood überlegte, wie sie wohl an seine Waffe herankommen könnte, aber es fiel ihr nichts ein.
Unmittelbar vor dem Aufsetzen hätte Norwood schwören können, dass etwas, was wie eine Feder wirkte, ihr Bewusstsein berührte. Es war ein seltsames Gefühl, mit nichts zu vergleichen, was sie je wahrgenommen hatte, und so schnell wieder verschwunden, dass sie nicht sicher war, ob es
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