Der Auftraggeber
Amerikanerin.«
Schamron schloß kurz die Augen und fluchte leise. Was er jetzt am allerwenigsten brauchen konnte, war eine Einmischung der Amerikaner. »Wissen die Amerikaner das schon?«
»Die halbe Botschaft ist bereits auf der Brücke.«
»Hat diese junge Frau einen Namen?«
»Emily Parker.«
»Was hat sie in Paris gemacht?«
»Sie scheint nach der Graduierung ein paar Monate Urlaub gemacht zu haben.«
»Wunderbar. Wo hat sie gewohnt?«
»Montmartre. Ein Team der Pariser Kriminalpolizei ist in ihrer Gegend unterwegs, schnüffelt herum, befragt die Nachbarn und versucht, irgendwelche Hinweise zu finden.«
»Hat es schon was Interessantes gefunden?«
»Mehr weiß ich bisher nicht, Boß.«
»Fahren Sie morgen früh selbst nach Montmartre. Sehen Sie sich selbst um. Stellen Sie ein paar Fragen. Aber unauffällig, Uzi. Vielleicht hat jemand in ihrem Haus oder im Café an der Ecke sich ihren Freund genauer angesehen.«
»Gute Idee, Boß.«
»Und tun Sie mir einen weiteren Gefallen. Nehmen Sie die Fahndungsfotos von Tariq mit.«
»Glauben Sie, daß er hinter dieser Sache steckt?«
»Ich will mich lieber noch nicht festlegen.«
»Selbst wenn jemand ihn gesehen hätte, würden diese alten Fotos nichts nützen. Er hat sein Aussehen seit damals schon hundertmal verändert.«
»Tun Sie mir den Gefallen.«
Schamrons Zeigefinger stach auf die grün blinkende Leuchttaste seines Telefons herab und beendete die Verbindung.
Es war noch dunkel, als Schamrons Peugeot durch die Küstenebene raste und über die Berge von Judäa nach Jerusalem hinauffuhr. Schamron nahm seine Brille ab und rieb sich die geröteten Augen. Vor genau einem halben Jahr war er aus dem Ruhestand zurückgerufen worden und hatte einen klar umrissenen Auftrag erhalten: Er sollte den Geheimdienst stabilisieren, der durch eine Serie weithin publizierter operativer Mißerfolge und persönlicher Skandale schwer angeschlagen worden war. Seine Aufgabe war es, die Moral der Truppe wieder zu heben, den einst für den Dienst charakteristischen Korpsgeist wiederzubeleben.
Er hatte es geschafft, die Blutung zum Stehen zu bringen - es hatte keine weiteren Demütigungen mehr gegeben wie das von seinem Vorgänger jämmerlich vermurkste Attentat auf einen Gewalt predigenden moslemischen Geistlichen in Amman -, aber umwerfende Erfolge waren bisher ausgeblieben. Schamron wußte besser als jeder andere, daß der Dienst sich seinen furchterregenden Ruf nicht erworben hatte, weil er auf Nummer Sicher ging. Früher hatte er MiGs gestohlen, bei Freund und Feind Kundschafter eingeschleust und jeden mit Terror überzogen, der es wagte, das Volk Israel zu terrorisieren. Schamron wollte nicht, daß sein Vermächtnis ein Dienst war, der keine Fehler machte. Er wollte einen Dienst hinterlassen, der nach Belieben eingreifen und zuschlagen konnte. Einen Dienst, der die Verwunderung konkurrierender Dienste in aller Welt erregte.
Er wußte, daß ihm dafür nicht viel Zeit blieb. Nicht alle am King Saul Boulevard hatten seine Rückkehr bejubelt. Es gab einige Leute, die Schamrons Zeit für abgelaufen hielten. Die der Meinung waren, man hätte ihn in Tiberias lassen sollen, wo er sich mit seinen Radios und seinem Gewissen abmühen konnte, während der Stab an die nächste Generation weitergereicht wurde. Ein Mann wie Mordechai habe es sicherlich verdient, nach jahrelanger Plackerei als Exekutivoffizier endlich einmal Boß zu werden, argumentierten Schamrons Kritiker. Auch Eli besitze alle Eigenschaften, die einen guten Chef auszeichneten, sagten sie. Er müsse nur noch etwas Erfahrung als Exekutivoffizier sammeln, dann sei er für den Spitzenjob geeignet. Sogar Lev aus der Operationsabteilung galt als geeignet, obwohl Lev sein cholerisches Temperament manchmal nicht zügeln konnte, wodurch er sich im Lauf der Jahre viele Feinde gemacht hatte.
Schamron mußte mit ihnen zurechtkommen. Da er nur eine Übergangslösung verkörperte, reichten seine Befugnisse nicht für ein Revirement in der Führungsetage am King Saul Boulevard aus. Deshalb war er von einem Wolfsrudel umgeben, das sich beim ersten Anzeichen von Führungsschwäche auf ihn stürzen würde. Und der cholerische Lev war der gefährlichste Gegner, denn Lev gefiel sich in der Rolle von Schamrons Brutus, die er sich selbst auf den Leib geschrieben hatte.
Der arme kleine Lev, dachte Schamron. Er ahnt gar nicht, mit wem er sich eingelassen hat.
»Zev Elijahu war mein persönlicher Freund«, sagte der
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