Der Auftraggeber
der Eightyeighth Street in der zweiten Reihe. Er stieg aus, ignorierte die Rufe eines Polizeibeamten und rannte zum Eingang des Apartmentgebäudes in der Fifth Avenue. Jacqueline folgte nur wenige Schritte hinter ihm. In der großen Eingangshalle warteten drei Männer auf sie: ein Angehöriger von Arafats Leibwache, ein Agent des amerikanischen Diplomatie Security Service und ein New Yorker Polizeibeamter.
Der Portier hielt einen Lift für sie bereit. Während die fünf Leute in die Kabine stürmten, drückte er auf den Knopf für das
16. Stockwerk. »Ich will nur hoffen, daß Sie in dieser Sache recht haben, mein Freund«, sagte der DSS-Agent. Gabriel zog seine Beretta, lud sie durch und steckte sie wieder unter seine Jacke. »Jesus!« murmelte der Portier.
Das kleine Arbeitszimmer war elegant eingerichtet: ein Empire-Schreibtisch mit grüner Lederschreibfläche, indirekte Beleuchtung hinter den Stuckleisten der hohen Decke, wandhohe Bücherschränke mit Biographien und historischen Werken und ein Marmorkamin, in dem ein ruhiges Feuer brannte. Arafat saß am Telefon und hörte aufmerksam zu. Er murmelte ein paar Worte auf arabisch, legte dann den Hörer auf und sah Tariq an. Als er den Teller mit Datteln sah, erschien ein sonniges, fast kindliches Lächeln auf seinem Gesicht.
»Friede sei mit Ihnen, Präsident Arafat«, sagte Tariq auf arabisch. »Einer Ihrer Mitarbeiter hat mich gebeten, Ihnen die hier zu bringen.«
»Datteln! Wie wundervoll!«
Er nahm sich eine, begutachtete sie kurz und biß hinein.
»Diese Dattel kommt aus Tunesien. Da bin ich mir ganz sicher.«
»Sie haben recht, glaube ich, Präsident Arafat.«
»Sie sprechen Arabisch mit dem Akzent eines Palästinensers.«
»Das liegt daran, daß ich aus Palästina stamme.«
»Aus welchem Teil Palästinas?«
»Vor al-Nakba war meine Familie in Obergaliläa zu Hause. Ich bin in Lagern im Libanon aufgewachsen.«
Tariq stellte das Tablett mit dem Teller auf den Schreibtisch und knöpfte sein Jackett auf, um an die Makarow herankommen zu können. Arafat legte den Kopf leicht schief und berührte seine Unterlippe. »Ihnen ist nicht wohl, mein Bruder?«
»Ich bin nur etwas müde. Ich habe in letzter Zeit zuviel gearbeitet.«
»Ich weiß, wie Übermüdung aussieht, mein Bruder. Schlafmangel hat auch mir im Lauf der Jahre stark zugesetzt. Ich habe gesehen, wie schlimm er sich auf die Männer in meiner Umgebung ausgewirkt hat. Aber Sie leiden nicht nur an Übermüdung. Sie sind krank, mein Bruder. Das sehe ich deutlich. In bezug auf solche Dinge habe ich einen untrüglichen Instinkt.«
»Sie haben recht, Präsident Arafat. Ich bin in letzter Zeit nicht gesund.«
»An welcher Art Krankheit leiden Sie, mein Bruder?«
»Bitte, Präsident Arafat - Sie sind viel zu beschäftigt und zu wichtig, um sich Sorgen wegen eines gewöhnlichen Mannes wie mir zu machen.«
»Da täuschen Sie sich, mein Bruder. Ich habe mich stets als Vater aller Palästinenser gefühlt. Leidet eines meiner Kinder, leide auch ich.«
»Ihre mitfühlende Sorge ist mir ein großer Trost, Präsident Arafat.«
»Es ist ein Tumor, nicht wahr, mein Bruder? Sie leiden an irgendeiner Art Krebs?«
Als Tariq keine Antwort gab, wechselte Arafat abrupt das Gesprächsthema. »Eines interessiert mich, mein Freund. Welcher meiner Mitarbeiter hat Sie gebeten, mir diese Datteln zu bringen?«
Sein Überlebensinstinkt ist noch immer so stark wie früher, sagte sich Tariq. Er dachte an eine Nacht in Tunis, die schon viele Jahre zurücklag. Eine endlos lange Sitzung, eine für Arafat typische Besprechung, die um Mitternacht begann und bis Tagesanbruch dauerte. Irgendwann war ein an Arafat adressiertes Päckchen angekommen, das ein irakischer Diplomat aus Amman geschickt hatte. Es lag einige Zeit ungeöffnet auf seinem Schreibtisch, bis Arafat schließlich aufstand und sagte: »Dieses Päckchen enthält eine Bombe, Tariq! Das rieche ich! Hinaus damit!«
Tariq trug es hinaus und ließ es von einem Sprengmeister der Fatah untersuchen. Der Alte hatte recht gehabt. Den Israelis war es gelungen, in eine Besprechung der PLO-Führung eine Bombe einzuschmuggeln. Hätte Arafat das Päckchen geöffnet, wären er und alle Anwesenden liquidiert worden.
»Er hat mir seinen Namen nicht gesagt«, behauptete Tariq. »Er sagte nur, ich solle Ihnen die Datteln bringen.«
Arafat nahm sich eine weitere Dattel vom Teller. »Merkwürdig, aber Sie kommen mir irgendwie bekannt vor. Sind wir uns schon mal
Weitere Kostenlose Bücher