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Der Auftraggeber

Der Auftraggeber

Titel: Der Auftraggeber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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und fuhr mit dem Lift in den dritten Stock hinauf. Obwohl er noch einen Schlüssel hatte, klingelte er lieber. Er hatte nicht angerufen, um seinen Besuch anzukündigen. Sie konnte einen anderen Mann bei sich haben. Bella hatte viele Männer.
    Sie öffnete ihm die Tür in verwaschenen Jeans und einer zerschlissenen karierten Bluse. Sie hatte einen langen Körper und ein schönes Gesicht, das ständig Trauer zu tragen schien. Sie betrachtete Navot mit kaum verhülltem Argwohn, trat dann aber zur Seite und ließ ihn eintreten. Ihre Wohnung erinnerte an ein Antiquariat und roch nach Räucherstäbchen. Bella war Schriftstellerin und Historikerin, Expertin für arabische Fragen und gelegentliche Beraterin des Diensts für syrische oder irakische Politik. Sie waren ein Liebespaar gewesen, bevor Navot nach Paris versetzt worden war, und Bella nahm ihm noch immer übel, daß er diesen Auslandseinsatz ihr vorgezogen hatte. Navot küßte sie und zog sie sanft in Richtung Schlafzimmer. Sie sträubte sich, aber nur eine Sekunde lang.
    Hinterher fragte sie ihn: »Woran denkst du?«
    »Schamron.«
    »Was gibt's diesmal?«
    Er erzählte ihr, soviel er konnte, keine Einzelheiten, nur die groben Umrisse.
    »Ich weiß, wie Schamron arbeitet«, sagte sie. »Er macht jeden nieder, von dem er etwas will. Du hast die Wahl zwischen zwei Möglichkeiten. Du kannst nach Paris zurückfliegen und die Sache abhaken - oder du kannst heute nacht nach Tiberias fahren und rauskriegen, was der alte Scheißer diesmal mit dir  vorhat.«
    »Vielleicht will ich's gar nicht wissen.«
    »Bockmist, Uzi. Natürlich willst du's wissen. Würde ich dir sagen, daß ich dich nie mehr sehen will, würdest du keinen Gedanken darauf verschwenden. Aber wenn der Alte dich nur einmal schief ansieht, verlierst du die Fassung.«
    »Du irrst dich, Bella.« »In bezug auf welchen Teil?« »Den ersten. Würdest du mir sagen, daß du mich nie mehr  sehen willst, würde ich den Dienst quittieren und dich bitten, mich zu heiraten.«
    Sie küßte ihn und sagte: »Ich will dich nie mehr sehen.«
    Navot schloß lächelnd die Augen.
    »Gott, bist du ein miserabler Lügner, Uzi Navot«, sagte Bella.
    »Gibt's in Cäsaräa ein indisches Restaurant?«
    »Sogar ein sehr gutes, gar nicht weit von hier.«
    »Kann man dort Tandoori-Hühnchen essen?«
    »Genausogut kannst du fragen, ob's bei einem Italiener Spaghetti gibt.«
    »Zieh dich an. Wir essen dort.«
    »Ich koche uns lieber etwas. Ich mag nicht ausgehen.«
    Aber Navot zog bereits seine Hose an.
    »Zieh dich an. Ich muß Tandoori-Hühnchen essen.«
    In den folgenden 72 Stunden benahm Ari Schamron sich wie ein Mann, der Rauch riecht und verzweifelt ein Feuer sucht. Das bloße Gerücht, er sei im Anmarsch, konnte einen Raum so zuverlässig leeren wie eine über den Teppichboden rollende Handgranate. Er tigerte durch die Flure am King Saul Boulevard, platzte unangemeldet in Besprechungen und forderte alle Mitarbeiter auf, genauer hinzuschauen, aufmerksamer zuzuhören. Wann war Tariq zum letztenmal nachweisbar gesehen worden? Was war aus den anderen Mitgliedern seines Pariser Teams geworden? Waren interessante Gespräche, Faxe oder E-Mails abgefangen worden? Redeten sie miteinander? Planten sie einen weiteren Anschlag? Schamron hat das Fieber, erzählte Lev Mordechai bei einem späten Abendessen in der Kantine. Die Blutgier. Am besten isoliert man ihn von den noch nicht Angesteckten. Schickt ihn in die Wüste. Laßt ihn den Mond anheulen, bis es sich wieder gibt.
    Der zweite Durchbruch bei den Ermittlungen kam 24 Stunden, nachdem Navot das Videoband mitgebracht hatte. Diese Entdeckung machte der schmächtige Schimon aus der Ermittlungsabteilung. Er kam barfuß und in seinem Sweatshirt in Schamrons Büro gestürmt und umklammerte mit dünnen Fingern, deren Nägel abgekaut waren, eine Fahndungsakte. »Das war Mohammed Asis, Boß! Er war ursprünglich Mitglied der Volksfront, aber als sie sich für den Friedensprozeß ausgesprochen hat, ist er zu Tariq gegangen.«
    »Wer ist Mohammed Asis?« fragte Schamron mit hinter bläulichen Rauchschwaden neugierig zusammengekniffenen Augen.
    »Der Junge aus dem Musée d'Orsay. Ich habe unsere Techniker im Fotolabor das Überwachungsband elektronisch verbessern lassen. Dann habe ich es durch unsere Datenbank laufen lassen. Das Ergebnis steht außer Zweifel. Der Ober mit dem Mobiltelefon war Mohammed Asis.«
    »Wissen Sie das bestimmt?«
    »Todsicher, Boß.«
    »Und Sie wissen bestimmt, daß Asis

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