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Der Auftraggeber

Der Auftraggeber

Titel: Der Auftraggeber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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Haufen, als warteten sie nur auf Benzin und ein Streichholz - Werke über die Geschichte des Nahen Ostens, Bücher über die Nahostkriege, Biographien von Arafat, Sadat, Ben-Gurion, Rabin. »Du liest sehr viel.«
    »Das ist eine Sucht von mir.«
    »Woher stammst du, wenn ich fragen darf?«
    »Palästina.«
    Er kam aus der Küche und brachte ihr ein Glas Wein mit.
    Dann streckte er ihr seine Hand hin. »Kommst du mit?«
    Gabriel stand am Fenster. Karps Lasermikrofon nahm Teile ihrer Unterhaltung auf, aber die Tonqualität erinnerte an eine Vinylschallplatte, auf der die Nadel immer wieder Spuren übersprang. Als die beiden ins Schlafzimmer gingen, um sich zu lieben, sagte Gabriel: »Stell das Ding ab.«
    »Aber jetzt wird's doch erst interessant, Gabe!«
    »Du sollst es abstellen, hab' ich gesagt.«
    Karp ließ das Mikrofon sinken und schaltete den Strom ab.
    »Ich habe Hunger. Ich gehe einen Hamburger essen.«
    »Geh nur.«
    »Alles in Ordnung mit dir, Gabe?«
    »Alles bestens.«
    »Weißt du das bestimmt?«
    »Geh!«
    Eine Stunde später stand Jusef auf, trat ans Fenster und zog die Vorhänge auf. Im gelblichen Schein der Straßenbeleuchtung nahm sein olivfarbener Teint den Farbton von altem Zeitungspapier an. Jacqueline lag im Bett auf dem Bauch. Sie stützte das Kinn in ihre Hände, betrachtete ihn und verfolgte mit ihrem Blick die Linie von seinen breiten Schultern zu seiner schlanken, straffen Taille hinunter. Sie fragte sich, ob Gabriel ihn ebenfalls ansah.
    Jusef beobachtete die Straße - er sah in geparkte Wagen, suchte das Gebäude gegenüber ab. Als er sich etwas zur Seite drehte, sah sie eine breite, flache Narbe auf seinem Rücken, die sich vom rechten Schulterblatt bis zur Mitte des deutlich hervortretenden Rückgrats hinunterzog. Die hatte sie gespürt, als sie sich geliebt hatten. Sie war hart und rauh wie Sandpapier. Wie Haifischhaut.
    Er war ein sanfter Liebhaber gewesen, sorgfältig darauf bedacht, ihr Vergnügen zu verschaffen. Als er in sie eingedrungen war, hatte sie die Augen geschlossen und sich vorgestellt, er sei Gabriel, und als sie die Narbe zwischen seinen Schulterblättern spürte, hatte sie sich vorgestellt, das sei Gabriels Narbe -ein Überbleibsel von einem seiner  Geheimeinsätze -, und sich gewünscht, sie könnte mit der Hand darüberfahren und sie zum Verschwinden bringen.
    »Was gibt's dort unten zu sehen?« fragte sie.
    Jusef drehte sich um und verschränkte die Arme vor der Brust.
    »Hast du schon mal mit einem Araber geschlafen, Dominique?«
    Sie dachte: Und du weichst meiner Frage aus. Sie sagte: »Du bist mein erster. Vielleicht muß ich's mal wieder versuchen.«
    »Nicht, solange du mit mir schläfst.«
    »Schlafen wir jetzt miteinander?«
    »Das hängt von dir ab.«
    »Also gut, wir schlafen jetzt offiziell miteinander.«
    Sie wälzte sich auf den Rücken, sah das von der Straße auf ihren Körper fallende Licht und stellte sich vor, es sei Gabriels Blick. »Glaubst du, wir sollten uns etwas besser kennenlernen, nachdem wir jetzt offiziell miteinander schlafen?«
    Er lächelte, dann fragte er: »Was möchtest du wissen?«
    »Mich interessiert, woher du die Narbe hast.«
    Er wandte sich ab und sah wieder aus dem Fenster.
    Sie studierte den Radiowecker auf seinem Nachttisch.
    »In meiner Vergangenheit gibt es einige Dinge, die du unerfreulich finden könntest«, sagte er.
    »Schlimme Dinge, die du getan hast?«
    »Nein, Dominique. Schlimme Dinge, die mir angetan  wurden.«
    »Woher hast du diese Narbe am Rücken?«
    Jusef drehte sich wieder um und sah sie an. »Ich bin in einem Flüchtlingslager im Libanon aufgewachsen - im Lager Schatila im Süden von Beirut. Von Schatila hast du vielleicht schon mal gehört, Dominique.«
    »Natürlich habe ich von Schatila gehört.«
    »Die PLO hatte Verbindungsstellen im Lager Schatila, deshalb haben die Israelis das Lager Tag und Nacht beschossen, als sie zweiundachtzig in den Libanon eingefallen sind. Eine Rakete hat das Haus getroffen, in dem meine Familie wohnte. Es ist über mir eingestürzt, und ein Betonbrocken hat mir die  Haut vom Rücken gerissen.«
    »Wieso wart ihr im Libanon?«
    »Weil meine Familie dort gestrandet ist, nachdem die Juden  sie aus ihrer angestammten Heimat in Palästina vertrieben hatten.«
    Jacqueline sah zur Zimmerdecke auf.
    »Warum siehst du weg, wenn ich dir das erzähle?« fragte Jusef.
    »In einem Pariser Nachtclub habe ich mal ein paar Israelis kennengelernt. Sie haben mit jungen Franzosen über

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