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Der Auftraggeber

Der Auftraggeber

Titel: Der Auftraggeber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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sei eine israelische Agentin. Wahrscheinlich würde er sie sogar umbringen. Es war besser, seine Wohnung ohne die Abdrücke zu verlassen, als erwischt zu werden. Sie wollte gute Arbeit leisten - Gabriel und sich selbst zuliebe.
    Sie sah auf den Radiowecker. Es war kurz vor neun Uhr.
    »Entschuldige, daß ich dich nicht früher geweckt habe«, sagte Jusef.
    »Schon in Ordnung. Ich war müde.«
    »Angenehm müde, ja?«
    Sie küßte ihn und sagte: »Sehr angenehm müde.«
    »Ruf deinen Chef an und sag ihm, daß du dir den Tag frei  nimmst, um dich mit einem Palästinenser namens Jusef al-Tawfiki im Bett zu vergnügen.«
    »Ich glaube nicht, daß er das komisch finden würde.«
    »Dieser Mann hat sich nie gewünscht, einen Tag damit zu verbringen, eine Frau zu lieben?«
    »Da bin ich mir nicht so sicher.«
    »Ich gehe jetzt unter die Dusche. Du kannst gern mitkommen.«
    »So komme ich nie ins Büro.«
    »Das war die Absicht dabei.«
    »Marsch unter die Dusche! Gibt's noch mehr Kaffee?«
    »In der Küche.«
    Jusef ging ins Bad und schloß die Tür nur halb. Jacqueline blieb im Bett, bis sie hörte, daß er unter die Dusche trat; dann schlüpfte sie aus dem Bett und ging barfuß in die Küche. Sie goß sich Kaffee nach, ging ins Wohnzimmer, stellte ihre Tasse neben Jusefs Schlüssel und sank in den Sessel. Die Dusche lief noch immer.
    Sie griff in ihre Umhängetasche, holte das Mascara-Etui heraus, klappte es auf und warf einen Blick hinein. Es war mit einer weichen Kunststoffmasse angefüllt. Sie brauchte nur einen Schlüssel hineinzulegen und den Deckel fest zuzudrücken, dann machte das angebliche Mascara-Etui einen perfekten Abdruck davon.
    Ihre Hände zitterten. Sie nahm die Schlüssel vorsichtig vom Tisch, damit sie nicht klirrten, und wählte den ersten aus: den Yale-Schlüssel für die Haustür. Sie legte ihn ins Etui, schloß den Deckel und drückte ihn fest zu. Dann klappte sie den Deckel wieder auf und nahm den Schlüssel heraus. Der Abdruck war tadellos scharf. Diesen Vorgang wiederholte sie noch zweimal mit dem Yale-Schlüssel für das Sicherheitsschloß und dem Bartschlüssel für die Wohnungstür. Nun hatte sie drei perfekte Abdrücke.
    Sie klappte das Mascara-Etui zu, legte die Schlüssel wieder genau so hin, wie sie gelegen hatten, und steckte das Etui in ihre Umhängetasche.
    »Was machst du da?«
    Sie sah erschrocken auf, fing sich aber sofort wieder. Jusef, der seinen tropfnassen Körper in ein beiges Badetuch gewickelt hatte, stand mitten im Wohnzimmer. Wie lange stand er schon dort? Wieviel hatte er gesehen? Verdammt, Jacqueline! Warum hast du die Tür nicht im Auge behalten?
    »Ich suche meine Zigaretten«, sagte sie. »Hast du sie irgendwo gesehen?«
    Er zeigte ins Schlafzimmer. »Du hast sie dort drinnen gelassen.«
    »O ja! Gott, manchmal ist mein Gedächtnis wirklich das reinste Sieb!«
    »Sonst hast du nichts gemacht? Nur deine Zigaretten gesucht?«
    »Was hätte ich sonst tun sollen?«
    Sie breitete die Arme aus, um auf die spartanische Dürftigkeit seiner Einrichtung hinzuweisen. »Glaubst du, ich wollte mich mit deinen Wertsachen davonmachen?«
    Sie stand auf und nahm ihre Umhängetasche mit. »Ist das Bad jetzt frei?«
    »Ja, aber wieso nimmst du deine Tasche ins Bad mit?«
    Sie sagte sich: Er hat einen Verdacht, Plötzlich wollte sie nur noch möglichst schnell diese Wohnung verlassen. Dann dachte sie: Auf solche Fragen müßte ich beleidigt reagieren.
    »Ich glaube, ich bekomme meine Tage«, antwortete sie eisig. »Im übrigen gefällt mir dein Benehmen nicht. Ist das die Art, wie arabische Männer ihre Geliebten am Morgen danach behandeln?«
    Sie rauschte an Jusef vorbei und verschwand im Schlafzimmer. Sie staunte selbst darüber, wie überzeugend ihre Ausrede geklungen hatte. Ihre Hände zitterten, als sie ihre Sachen zusammensuchte und ins Bad ging. Sie ließ Wasser ins Waschbecken laufen, während sie sich anzog. Dann öffnete sie die Tür und kam wieder heraus. Jusef war im Wohnzimmer. Er trug ausgebleichte Jeans, einen Pullover und italienische Slipper ohne Socken.
    »Ich rufe dir ein Taxi«, sagte er.
    »Nicht nötig. Ich komme auch so nach Hause.«
    »Ich begleite dich hinunter.«
    »Danke, ich finde selbst hinaus.«
    »Was hast du plötzlich? Warum bist du so abweisend?«
    »Weil mir nicht gefällt, wie du mich angefahren hast. Ich fand dich sehr nett - bis vorhin. Vielleicht laufen wir uns mal wieder über den Weg.«
    Jacqueline öffnete die Wohnungstür und trat auf den Flur

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