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Der Augenblick der Liebe

Der Augenblick der Liebe

Titel: Der Augenblick der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Walser
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gefärbt,  gesagt.  Und  Gottlieb,  der  in  dieser  Situation  ohnehin  nicht  wirklich  dabei  gewesen  war,  hatte  in  einem  Anflug  von  Ebenfallsrheinisch gesagt: Wenn du dat so willst. 
Als sie dann im Dunkel neben einander lagen, sagte Anna,  Gottlieb  habe  einmal  gesagt,  wenn  Kaltammers  wimpern loser,  sich  nur  ruckartig  bewegender  Blick  auf  etwas  treffe,  mache  es  jedes  Mal  ding  oder  sogar  dingding.  Mein  Gott,  und was war dagegen Paul Schatz für ein seelenvollpracht voller  Mann.  Gottlieb  unterbrach  sie  nicht.  Also  redete  sie,  wie sie nie über den Konkurrenten, als er noch lebte, geredet  hatte.  Wenn  mit  einem  anderen  Mann,  sagte  sie,  dann  mit  dem.  Gottlieb  dachte  an  seine  Zwangsvorstellung:  Paul  Schatz  und  dessen  steil  ragendes  Geschlechtsteil.  Diese  Vorstellung hatte er zumindest als Vorwand genommen, den  ungeliebten Handel zu quittieren. Ein einziges Mal war Paul  Schatz  bei  ihnen  zu  Besuch  gewesen.  Wochen  später  hatte  Anna  ihm  gestanden,  Paul  Schatz  habe,  als  er  auf  dem  Klo  gewesen  war,  von  seinem  Urin  ein  paar  Tropfen  auf  dem  Boden  vor  der  Kloschüssel  zurückgelassen,  da  habe  es  im  Klo  gerochen  wie  in  einem  Pferdestall,  eindeutig  nach  Hengst  habe  es  gerochen.  Ach  Anna.  Auch  jetzt  schwärmte  sie  wieder  von  Paul  Schatz.  Wahrscheinlich  um  Gottlieb  zu  beleben.  Er  sollte  beweisen,  daß  er  auch  jemand  sei,  möglichst  ein  Mann.  Und  obwohl  er  diese  Animation  per  Paul  Schatz  als  einigermaßen  grotesk  empfand,  sie  wirkte.  Aber er hütete sich, durch irgend eine Benehmensart an jenes  abendlang  durchgekaute  Eigenschaftswort  zu  erinnern.  Leider fiel ihm dazu ein, wie die Besucherin auf der Terrasse  scharf  ausgesprochen hatte, nämlich mit drei f. 
Zum  Glück  ist  man  für  das,  was  einem  einfällt,  nicht  verantwortlich zu machen. 
 
 
2. 
 
Wenn  das  Unangenehmste  beim  Aufwachen  sofort  be wußtseinsfüllend  war,  glaubte  Gottlieb,  er  sei  eben  daran  aufgewacht.  Tatsächlich  fühlte  er  sich,  wenn  er  nicht  mit  Unangenehmem  aufwachte,  leer.  Die  Abwesenheit  des  Unangenehmen ist als Leere spürbar. Das ist wahrscheinlich  das, was die Leute, denen das Unangenehme unbekannt ist,  Glück  nennen.  Das  begriff  Gottlieb.  Genau  so  ging  es  ihm  auch.  Es  fühlte  sich  selig  an,  diese  Leere  wirken  zu  lassen.  Etwas wie Leichtigkeit. 
Heute  nicht.  Er  war  heute  aufgewacht  mit  dem  Wunsch,  Chapel Hill anzurufen. Es war mehr als ein Wunsch. Einfach  aufspringen,  ans  Telephon  rennen,  anrufen.  Anna  war  wahrscheinlich schon unterwegs. Was auch immer er dachte,  er  spürte  durch  alles  hindurch  diesen  Wunsch,  Beate  anzurufen.  Er  mußte  sich,  um  sich  beherrschen  zu  können,  etwas  vormachen.  Etwa  so:  Nicht  heute,  und  morgen  auch  nicht,  aber  in  einer  Woche.  Nein,  verlange  von  dir:  in  zwei  Wochen.  Vorher  nicht.  Vorher  auf  keinen  Fall.  Und  hoffe,  daß  dieser  Wunsch  in  zwei  Wochen  in  dir  nur  noch  herumgeistert wie etwas Halbvergessenes oder wie etwas so  Komisches,  daß  du  nicht  mehr  begreifst,  wie  du  je  einen  solchen  Wunsch  haben  konntest.  Aufgewacht  mit  dem  Gedanken,  an  dem  Gedanken,  er  müsse  Beate  anrufen.  Er  begriff  sich  nicht.  Ihm  war  offenbar  nicht  mehr  zu  trauen.  Was in der Nacht abgelaufen war, empfand er jetzt als reine,  hochkonzentrierte,  durch  nichts  zu  mildernde  Aussichts losigkeit. Gab es etwas Aussichtsloseres als den Geschlechts verkehr?  Als  diesen  Geschlechtsverkehr?  Vor  der  Amerika reise  waren  die  Verkehre,  wenn  sie  glückten,  und  sie  glückten öfter als sie mißglückten, waren sie doch immer mit  schlichten  Zuständen  schlichter  Enge  und  Gemeinsamkeit  gesegnet gewesen. Fast eine Problemlosigkeitsgarantie. Mehr  als  einmal  hat  Anna  im  Aushauch 

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