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Der Augenblick der Liebe

Der Augenblick der Liebe

Titel: Der Augenblick der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Walser
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auch. Und sie: Aber sie sich nicht. Butterflies in the stomach.  Wenn  er  sie  irgendwo  abholt,  wird  sie  ihr  Kosmetik köfferchen  in  der  Hand  haben.  In  der  linken.  Sie  hat  in  Gedanken schon alles hinter sich, was je zwischen ihnen sein  wird  oder  sein  kann  oder  sein  könnte.  Also,  wenn  er  das  übertreffen  will,  muß  er  sich  einiges  einfallen  lassen.  Keine  Angst. Sie kann sich auch in himmelblaues Schweigen hüllen  und  so  weiter.  Jetzt  soll  sie  unterrichten  und  drei  Kapitel  Rohfassung  liefern  und  will  doch  nur  seine  Briefe  bis  zum  Auswendigkönnen  lesen  und  die  Telephongespräche  vom  innersten  Tonband  noch  einmal  und  noch  einmal  ablaufen  lassen. Es wird vorstellbar, daß er, falls sie einander je sehen,  über Altersunterschiedszahlen nichts mehr zu jammern hat,  sie  wird  nämlich  durch  dieses  irrsinnige  IhnnichtHaben,  durch  den  Wahnsinn  des  IhnVermissens, durch  den  Ohne ihnSeinsSchmerz  wird  sie  so  gefoltert,  so  bis  zur  Erschöpfung  verzehrt,  daß  von  ihr  nur  noch  eine  Alte  Frau  übrig  sein  wird.  Und  hat  sich,  diese  vor  Sehnsucht  Hin kende, die feinsteverruchteste Unterwäsche gekauft. Und sie  strickt  wieder!  Total  regressiv.  Die  Mutter  übernimmt  das  Kommando.  Tiefviolett,  ein  Seidenpullover  soll¹s  werden.  They¹re  setting  themselves  up  for  major  trouble,  does  he  know  that.  Im  Krieg  wie  in  der  Liebe,  sagt  der  Patron,  gilt  der Satz: Die Pflicht ist alles, die Gefahr ist nichts. Nach dem  Pullover, der sozusagen im Handumdrehen fertig sein wird,  kommt sofort eine schmutziggelbe Strickjacke dran. Sie muß  sich die Finger wundstricken. Weil sie nicht schreiben kann.  La Mettrie ist der einzige, der das versteht, das weiß sie. Ach,  Sylvandre,  seufzt  Themire.  Ja,  soll  sie  denn  dem  Herrn  Rosenne  beschreiben,  daß  Sylvandre  es  dreimal  hinterein ander  mit  Themire  tat,  weil  sie,  die  Schlampe  Themire,  erst  beim dritten Mal so weit war? Das war schon im Jahre 1745  den Herrschaften zuviel. Und das richtig, das heißt, nach der  Erfahrung  dargestellt,  das  heißt:  nicht  nur  moralisch  klimatisiert davon geredet, wie es üblich war von Lessing bis  Lange  (du  weißt,  Geschichte  des  Materialismus),  der  viel  versteht,  aber  die  Lust Schrift   doch  cynisch  findet.  Na  ja,  Marburg 1873, dafür war er doch auch mutig. Wenn sie ihren  La Mettrie darstellen würde, das heißt, die La MettrieSätze  messen  an  ihren  eigenen  Erfahrungen  und  Beobachtungen,  dann würde das entweder niemanden interessieren oder sie  wäre  ihren  Job  los.  Wahrscheinlich  beides.  Aber  da  sie  im  Januar von den erwarteten drei Kapiteln Rohfassung so gut  wie nichts liefern wird, wird man sie entweder für faul oder  für  unfähig  halten.  Wahrscheinlich  für  beides.  Womit  sie  dann  endlich  als  die,  die  sie  ist,  erkannt  sein  wird.  Daß  er  heute  am  Telephon  alles,  was  ihn  dort  hält,  als  ehrenwerte  Gesellschaft  bezeichnete,  hat  ihr  gut  getan.  Daß  sie  ihn  nicht  befreien  kann,  selbst  wenn  sie  alle  Kaltblütigkeit  der  Welt  aufbrächte − und das wird sie definitely not −, ist sicher. Also  ist  ihr  aufbrandendes  Geseire,  seins  und  ihrs,  Gischt  und  nochmal  Gischt.  Oder  Geflunker.  Oder  Funkenflug  in  einer  eisigen  Winternacht.  Oder  sie  sind  eben  eine  stinknormale  Affäre.  Wie  Madelon  und  ihr  Brian,  undundund.  Sie  hat  doch gemerkt, daß er zu heftiggroßen Sätzen flieht, um sich  und  sie  nicht  der  nächstbesten  Affärenlächerlichkeit  auszu liefern. Könnte es sein, daß sie, er und sie, nur so lächerlich  sind,  weil  sie  einander  so  ernst  nehmen?  Kann  etwas  komischer  sein  als  der  Anspruch,  unvergleichlich  zu  sein?  Und das mußte noch geträumt werden: Statt der gelbgrünen  Gretel  saß  ein  ganz  kleiner 

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