Der Augenblick der Liebe
geht es dir, wird sie sagen. Und er: Ich liebe dich auch. Und ohne das auch wäre ihr der Satz lieber. Vielleicht läßt er dieses auch weg. Dann der Gang zum Hertzschalter. Nein, das hat er ja schon erledigt. Er ist ja schon seit dem Vormittag im Land. Im Hotel. Also, der Gang zum Auto.
Bis zuletzt wußte sie nicht, was sie anziehen würde. Sobald sie sich für ein Kleid entschieden hatte, drängten sich die Nachteile dieses Kleids vor. Also das nächste. Bis sie wieder beim ersten war. Dessen Nachteile waren durch den Vergleich mit den anderen Kleidern nicht weniger grell geworden. Es war ein Spiel. Ein Aufregungsgenußspiel. Eine Befreierin kann anhaben, was sie will. Sie mußte ohnehin, sobald sie anziehen dachte, an ausziehen denken. Sie wußte, sie war jetzt verrückt. Aber gefahrlos verrückt. Sie war selig verrückt. Ihr Begleitpaar Angst und Wut gab es nicht mehr. Sie wußte nicht mehr, wie das war, eingeklemmt zwischen Angst und Wut. Sie war so leicht wie noch nie. Steine in die Manteltaschen, das brauchte sie. Sonst hob sie ab.
III.
Auseinanderkommen
I.
Im Zimmer riß er sofort ein Fenster auf und hörte dem Geräuschgemenge zu wie einer Botschaft. Daß die Fenster des Flughafenhotels sich öffnen ließen, machte ihm den Hotelkasten sympathisch. Jenseits der weiten Betonpisten, der abgestellten Flugzeuge, der hohen Zäune das Meer. Wenigstens der Teil, der San Francisco Bay heißt. Die far bigen Flugzeuge, Riesenvögel, aber kein bißchen zu groß für die Wasserweite. Obwohl sich die Bay keine Brandung gestattete, war das Ufer an diesem Mittagsaugenblick von einer weißen Schaumrüsche geziert. Bräutlich, dachte Gottlieb.
Von seinen zehntausend Dollar versorgte er gleich einmal neuntausendfünfhundert im Safe. Und kam sich vor wie im 19. Jahrhundert. Nach einem Code gefragt, fiel ihm nur Annas Geburtsdatum ein. Im Flugzeug, beim Ausfüllen der Fragebögen für die Einreise, hatte er die Zehntausend, die er bei der Bank aufgenommen hatte, nicht angegeben. Seinen Bankherren hatte er ein Geschäft in Kalifornien vorgegau kelt. Landkauf im Sonoma Valley. Zukunftsreichstes Wein land der Welt. Er fliegt da für einen Kunden hin. Sogar Anna gegenüber hatte er getan, als werde er in den drei Wochen nebenbei noch einen Angebotskatalog für deutsche Anleger aufreißen. Das mußte er auch sich selber vormachen. Selbst wenn man weiß, daß das, was man sich vormacht, nur etwas Vorgemachtes ist, wird aus dem Vorgemachten etwas Spür bares, Fastreales. Man kann überhaupt nicht lügen, ohne an das, was man lügt, zu glauben. Ein bißchen. Man kann nicht andere hereinlegen, ohne sich selbst hereinzulegen. Zumindest Gottlieb konnte das nicht. Schau lieber hinaus auf die bräutliche Rüsche. Das ist doch die reine Möglichkeit. Und dieses Hotelzimmer in seiner grandiosen Vermeidung von allem Persönlichen! Auch der geringste Anhauch von Persönlichem, gar Geschmack, könnte falsch sein, könnte stören. Dieses Zimmer aber, in seiner blaßgrünen Dien lichkeit, diese Nichteinengung in Persönliches, diese Nicht behauptung, dieses Nichtsbeweisenwollen! Dieses dich ganz und gar gelten lassende Zimmer ist der Aufbruch. Und war so aufgeregt, daß er nicht im Zimmer bleiben konnte. In dreieinhalb Stunden würde er drüben im Flughafen vor Gate 68 stehen, bis sie auftauchte.
Im Aufzug wieder ein paar von diesen FezTrägern, durch die er sich schon bei der Ankunft den Weg zum Empfang gebahnt hatte. Was daheim eine Fasnachtsgesellschaft gewe
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