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Der Augenblick der Liebe

Der Augenblick der Liebe

Titel: Der Augenblick der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Walser
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einem  englischen  Satz,  in  dem  ihm  ein  grober  Fehler  unterlief.  Die  Zuhörer  lachten  laut,  Professor  Rosenne  lachte  auch,  aber  er  lachte  so,  daß  klar  wurde,  er  habe  das  Kompliment  nur  gemacht,  um  Gottlieb  zu  dieser  Selbstentlarvung  zu  provozieren.  Gottlieb  erzählte  den  Traum  Beate  J.  Themire,  bat  aber  darum,  von  Dr.  Douglas¹  Auslegungen  verschont  zu  bleiben.  Und  sie:  Hättest  du¹s  lieber ä la Goethe? Wieso, wie geht¹s á la Goethe? Na ja, sagte  sie fast genießerisch, Frau Herder hat einmal nichts Besseres  zu  tun  gewußt,  als  Goethe  einen  närrischen  Traum  zu  erzählen, und er rät ihr überhaupt ab, so zu träumen, wie sie  träumt,  und  sagt,  das  Schlimmste  sei,  die  Träume  machten  den  Verstand  krank.  Und  bevor  Gottlieb  reagieren  konnte,  sagte  sie  energisch,  daß  Goethe  hier  wohl  Ursache  und  Wirkung  verwechselt  habe.  Ja,  sagte  Gottlieb,  er  hing  dann  sehr am Beherrschbaren. 
    Sie  stand jetzt schon vor dem Spiegel, sie kämmte sich, sah  sich an und sagte: Immer wenn du mit mir geschlafen hast,  bin  ich  doppelt  so  schön  wie  vorher.  Immer?  sagte  er.  Und  sie:  Jetzt  schon  viermal,  Sylvandre.  Und  gab  ihm  einen  kleinen  Schubs,  der  genügte,  ihn  aufs  Bett  zu  werfen.  Und  sofort war sie neben ihm und halb auf ihm und, als gäbe es  keine  Termine,  fuhr  sie  mit  ihrem  Zeigefinger  seine  Ohren  nach,  die  Augenbrauen,  die  Nase,  die  Lippen.  Die  Lippen  immer wieder. Da ihm das guttat, fuhr er ihr auch so sachte  mit  dem  Zeigefinger  ihren  Gesichtsplan  nach.  Ihm  blieb  nichts  anderes  übrig  als  zu  sagen,  so  habe  er,  als  seine  Töchter  noch  Kinder  waren,  auch  deren  Profile  mit  einem  liebenden Zeigefinger nachgefahren. Wahrscheinlich nur bei  Julia,  sagte  sie,  weil  sie  auf  die,  vom  selben  Jahrgang,  eifersüchtig  zu  sein  vorgab.  Er  griff  nach  Julias  Namen  wie  nach  einem  Rettungsring  und  spulte  vaterschmerzbewegt  die  Julialegende  herunter.  Fährt  neuerdings  mit  Bus  und  Boot durch Berlin und erklärt Ausländern die Museumsinsel,  die  Nationalgalerie,  den  Potsdamer  Platz  und  den  Reichs tagsbau  plus  Geschichte,  die  Kuppel.  Auf  Englisch.  Hat  ja  zwei Jahre mit und bei einem irischen Alkoholiker in Dublin  gelebt.  Sie  hat  den  nicht  ernähren  können  in  Irland,  also  mußte  sie  gehen.  Ihren  jetzigen  Alkoholiker,  und  es  ist  wieder  ein  Ire,  kann  sie  ernähren,  aber  eben  in  Berlin.  Die  Verbindung hält. Sie hat in ihrem Leben noch keinen Tropfen  Alkohol  getrunken.  Wahrscheinlich  zieht  das  die  Alko holiker an. Der Jetzige hat noch nie etwas gearbeitet. Und ist  stolz darauf. Er werde, sagt er, sich nie ausbeuten lassen und  werde  nie  andere  ausbeuten.  Und  da  das  bei  Arbeit  immer  die  Gefahr  ist,  meidet  er  Arbeit.  Weil  Beate  wissen  wollte,  wie  der  seine  Zeit  verbringe,  mußte  er  ihr  erklären,  daß  dieser  Ire  Tag  und  Nacht  lese  und  schreibe,  also  keinesfalls  untätig oder gar faul sei. Dann wäre ja alles einfach. Aber er  lese  und  schreibe  eben  ununterbrochen,  sage  allerdings,  es  habe keinen Sinn, sein Geschriebenes jetzt anzubieten, da es  so viel besser sei als all der Mist, der zur Zeit die Szene be herrsche,  daß  das  Seine  mit  keinerlei  Verständnis  rechnen  könne.  Noch  nicht!  Wann,  das  wisse  allein  Gott,  und  den  gebe  es  bekanntlich  nicht.  Da  in  Julia  die  Botschaft  einge brannt  war,  Iren  seien  genial,  glaubt  sie,  hofft  sie,  hebt  sie  und  erklärt  weiterhin  das  Reichstagsufer  und  lernt  jetzt  nebenher Japanisch. Sie will es so weit bringen, japanischen  Reisegruppen  Berlin  in  deren  Muttersprache  zu  erklären.  Das gäbe einige Euro mehr. 
    Beate,   die  vielleicht  nicht  mehr  zugehört,  auf  jeden  Fall 

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