Der Augenblick der Liebe
auch Anna ihren Mann ernähren muß, ver schwieg er. Julia, Regina, Anna. Frauen für Männer, die Unterschlupf suchen. Beate war, zum Glück, eingeschlafen, er konnte aufhören.
3.
Jetzt wisse er, warum sie so zu schleppen hatte, sagte er, als sie den voluminösen Webster aus ihrem Gepäck hob. Drei Tage lang bot sie WebsterWörter an, er sollte wählen. Und wies hin auf die Schwächen ihrer englischen Sätze, die ihren Grund hätten in den deutschen Sätzen. Immer wenn die deutschen Sätze mehr wollten, als sie könnten, und dies auch ausdrückten, also gestünden, daß sie mehr ausdrücken wollten, als sie könnten, immer dann sei dieses Mehrwollen als Können im Englischen nicht mehr spürbar.
Rise to the occasion, das, hoffe sie, sei ihr gelungen. Sein Entsprechen ist alles geht im Englischen nur in der Be fehlsform. Sprechen kommt nicht mehr vor, das zeigt schon, welche Sprachkörperlichkeiten beim Übersetzen verschwin den. Aber sie gibt noch nicht auf. Drei Tage lang wird sie jetzt mit ihm Sprachrettung treiben. Daß sie die Sprachrettung betreibt, um ihn zu retten, nicht nur hier, jetzt, sondern überhaupt, das müsse er, um den Grad ihres Dabeiseins zu begreifen, wissen. Er werde es schon noch merken. Also, los jetzt.
Wie soll sie denn das, bitte, übersetzen: Shakespearisierend kannst du dir in deinen Träumen vorkommen} Oder, wenn der Gefangene erwacht: Der Sturz des Gefangenen in sein Zeug} Ist das Heidegger oder was? Zum Glück hat sie im letzten Sommer diesen Kurs Deutsch für Philosophen gegeben, sonst wäre sie noch ratloser gewesen. Als sie dem Professor andeutete, daß die Übersetzung kein Spaziergang sei, habe der geraten, Rick Hardy zuzuziehen. Das sei geschehen. Der habe gegrinst wie die Sphinx persönlich. Dann habe er gesagt, da er ja in Berkeley die Veranstaltung mit Mr. Krall zu moderieren habe, werde er sich jetzt nur zu den Fragen, die Übersetzung betreffend, äußern. Das habe er getan. Sie müsse zugeben, ihr sei, was er dazu zu sagen gehabt habe, nichts als hilfreich gewesen. Intelligent sei der. Manchmal fast zum Fürchten intelligent. Erfahrungsgesättigte Kennt lichkeit hätte sie ohne Rick kaum geschafft. Vor allem hat er für alle deutschen und französischen La MettrieStellen die in Amerika vorliegenden englischen Übersetzungen beige bracht. Und dann auch noch die Manfred EigenSätze! Die gibt¹s natürlich auch schon auf Englisch. Und Rick schaffte sie her.
Gottlieb genoß es, daß er nicht leicht zu übersetzen war. Er vermutete allerdings, daß Beate J. (so wollte sie mindestens genannt werden) zu vorsichtig, zu bedenkensüchtig sei. Aber seine Versuche, sie bedenkenloser zu stimmen, blieben erfolglos. Er würde dort stehen, Berkeley, Dwinelle Hall, Hörsaal soundsoviel, und vor ihm säßen einhundertsiebzig Zuhörer, darunter Professor Glen O. Rosenne, Patricia Best, Rick Hardy und dann noch die notorischen BerkeleyIntel lektuellen, sophisticated bis Zum Gehtnichtmehr. Sie wollte ihm Angst machen und ihn so zwingen, das Übersetzen nicht nur als einen Spaß Zu erleben, sondern als ein Spiel um alles oder nichts. Er solle sich doch vorstellen, wie er da stünde, wenn er erlebte, daß er an denen vorbeiredete, über die hinweg! Also sie habe vor jedem Referat Angst. Deshalb rackere sie sich dann so ab, daß das Schlimmste jedesmal gerade noch vermieden worden sei. Sie wollte nicht begreifen, daß für Gottlieb nicht soviel auf dem Spiel stehe. Er war Amateur. Er spielte in einer anderen Liga. Er hat La Mettrie dargestellt, wie er ihn erlebt hat,
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