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Der Augenblick der Wahrheit

Titel: Der Augenblick der Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif Davidsen
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Jahren zurück, als die Kommunisten sowohl die Anarchisten, denen ich immer nahegestanden hatte, wie auch die Sozialisten bekämpft hatten.
    Im Juni 1977 hatte das bürgerliche Zentrum die Wahl gewonnen, auch die PCE hatte nicht schlecht abgeschnitten, aber lange nicht so gut wie die PSOE. Die kommunistische Strategie war mißlungen. Spanien wurde nicht kommunistisch, sondern eine liberale Demokratie. Ich konnte mir auch denken, was sie mit den tschechoslowakischen Genossen meinten. Die sollten den Plastiksprengstoff Semtex liefern, den die ETA für ihre Bomben benutzte. Die DDR hatte Terroristen auf der ganzen Welt ausgebildet und ausgerüstet. Palästinenser, die Roten Brigaden in Italien, die Rote Armee Fraktion in Westdeutschland und die ETA in Spanien. Obwohl ich davon gelesen hatte, lief es mir kalt den Rücken hinunter. Es hatte einen europäischen Staat gegeben, der Terroristen der ganzen Welt finanzierte, ausbildete und ihnen Unterschlupf gewährte, während Funktionäre und Medien der DDR hartnäckig behaupteten, ausschließlich dem Frieden zu dienen. ›Mischa‹
    war natürlich Markus Wolf, der Chef der DDR-Auslandsspionage war, bis er kurz vor dem Mauerfall begriff, daß die DDR am Ende war, den Geheimdienst verließ und sich der ostdeutschen Demokratiebewegung anschloß. Ich hatte gelesen, daß er seine Erinnerungen veröffentlicht hatte und sich vor deutschen Gerichten nach wie vor weigerte, die Namen seiner Agenten preiszugeben.
    Ich schaltete meinen Computer an und suchte im Internet nach Karlshorst. Es erschien eine lange Themenliste. Karlshorst war das Hauptquartier des KGB in der DDR, der letzten Endes die Entscheidungen traf, nicht die Stasi.
    Ich trank mein Bier und las weiter. Draußen war es jetzt ganz dunkel, und es war, als packte die warme Nachtluft die Autos unten auf der stark befahrenen Avenida in Watte. Der Mann, den das Abhörprotokoll »Hippie« nannte, erwähnte einige spanische Namen. Ich kannte nur einen davon. Er war heute ein bekannter Quizmaster im Fernsehen, der auf einem Privatsender eine Reihe von Programmen leitete, aber die anderen Namen sagten mir nichts. Dann fuhr das Protokoll fort: Hippie: Ich habe von einem dänischen Journalisten und Fotografen gehört, der gute Kontakte zu den Basken und zum Untergrund hat.
     
    Viktor: Ja …
    Hippie: Er ist viel gereist. Ein bißchen ein Vagabund, aber tüchtig, sagt man. Libanon, DDR, Moskau, Baskenland. Er reist dahin, wo die Bilder sind.
    Viktor: Ist er bürgerlich?
    Hippie: Progressiv, liberal. Er flirtet wie alle anderen mit dem Sozialismus oder eher der naiven spanischen Ausgabe von Durrutis anarchistischen Gedanken …
    Viktor: Das ist ja reaktionär.
    Hippie: … aber ich glaube, das sitzt nicht sehr tief. Und er kann geformt werden. Ich würde ihn progressiv nennen.
    Reaktionär würde ich ihn nicht nennen.
    Viktor: Ist er vertragsfähig?
    Hippie: Vielleicht. Vielleicht ist er eher jemand, der Informant sein kann, ohne es eigentlich zu wissen. Er braucht immer Geld
    … trinkt zuviel … Frauenfreund … Geld könnte also später ein Motiv sein, das es wert ist weiterzuverfolgen. Er hat viele Kontakte, obwohl er erst Mitte Zwanzig ist.
    Viktor: Hört sich gut an. Wie heißt er?
    Hippie: Lime. Peter Lime.
    Viktor (lacht): Wie Harry Lime. Das ist ja richtig symbolisch.
    Hippie: Angeblich ist es sein richtiger Name.
    Viktor: Na gut. Mach an der Sache weiter. Du hast ja mit einem Dänen schon mal gute Resultate gehabt. Sie sind in der Regel naiv und gutgläubig. Sie sehen oft ein, daß unsere Gesichtspunkte richtig sind, auch wenn sie nicht in allen Punkten die Sache der Arbeiterklasse unterstützen. Aber vergiß die Spanier nicht. Sie haben erste Priorität.
    Hippie: Okay.
    Viktor: Das Geld liegt im üblichen Topf. Verteil es.
    Hippie: Okay.
     
    Viktor: Und paß auf dich auf. Wir leben in einer entscheidenden Zeit.
    Hippie: Tun wir das nicht immer?
    Die Objekte verlassen das Wohnzimmer und beenden das Gespräch im Flur, wo die Abhöranlage versagt.
    Die Überwachungsgruppe schlägt vor, die Nachforschung fortzusetzen und die Überwachung des erwähnten Peter Lime anzuordnen sowie Mittel abzuzweigen, um die Identität des Hippies festzustellen, die Abteilung in Navarra zu benachrichtigen und die Grenzüberwachung zu verschärfen.
     
    Ich lehnte mich in den Stuhl zurück. Ich las noch einmal die Zeilen über mein junges Ich. Eigentlich war es eine sehr treffende Beschreibung, aber ich fühlte mich ziemlich unwohl bei dem

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