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Der Augenblick der Wahrheit

Titel: Der Augenblick der Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif Davidsen
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Gedanken, Gesprächsthema von zwei Agenten gewesen zu sein. Es war ein Eingriff in mein Privatleben, ein Eindringen in einen Bereich, der persönlich und damit unantastbar war. Es war wie ein großes Teleobjektiv, das auf mich gerichtet worden war. Eigentlich war es eine Gewalttat, die Geheimnisse eines Menschen zu belauern und zu enthüllen, ob es sich nun um politische Standpunkte oder ein Liebesverhältnis handelte.
    Meine Hände zitterten ein wenig, auch bei dem Gedanken, wer Hippie sein könnte. Ich stellte mir den jungen Oscar vor, aber es paßte nicht damit zusammen, daß ich ihn erstmals und, davon bin ich fest überzeugt, zufällig im Frühjahr 1977 getroffen hatte, ein Jahr nach dem abgehörten Gespräch. Hätte er mich nicht viel schneller kontaktiert? Der schwatzhafte, charmante und witzige Oscar paßte auch nicht zu dem kaltblütigen ostdeutschen Agenten, der von Sprengstofflieferungen redete, als wären sie eine Lieferung Bananen. Ich sah auch ein, daß Hippie kein ostdeutscher Agent, sondern in Wirklichkeit vielleicht Doppelagent war. Sein eigentlicher Arbeitgeber war der KGB.
    Vielleicht wußten die Ostdeutschen nicht, wie weit er ging, aber mein Wissen von der Welt der Spione war nicht groß genug, um da durchzublicken.
    Ich dachte vor allem an mich und die Worte, die über mich gefallen waren. Vielleicht waren sie zutreffend, aber wer weiß, wie wir als junge Leute waren? Wir glauben, wir könnten uns daran erinnern, aber jede Erinnerung unterliegt einem Umschreiben und Redigieren, jede Erinnerung enthält große Mengen des Vergessens.
    Ich wurde unruhig, stand auf und suchte nach Schnaps, aber Oscar und Gloria hatten im Büro seit Jahren keine harten Sachen mehr. Ich nahm noch ein Bier und rief Don Alfonzo an. Er nahm sofort ab, als hätte er auf meinen Anruf gewartet.
    »Ich bin’s«, sagte ich.
    »Ja, mein Freund.«
    »Ich würde gern mit diesem Herrn sprechen, der sich Don Felipe genannt hat.«
    »Das ist nicht möglich, aber du kannst mich fragen.«
    »Ich fühle mich beschmutzt«, sagte ich. »Ich weiß, daß das nicht rational ist.«
    »Es ist sehr menschlich, Pedro.«
    »Hat man je herausgefunden, wer Hippie war?«
    »Nein.«
    »Warum nicht?«
    »Wie in so vielen anderen Fällen hat der Zufall das Spiel verdorben. Die Franzosen bekamen Viktors kleine Possen in Paris satt, entlarvten ihn und wiesen ihn aus. Als entlarvter Agent konnte er nicht wieder in ein westliches Land gehen. Er war als Führungsoffizier unbrauchbar geworden. Hippie wurde einem anderen unterstellt, aber ihren Treffpunkt haben wir nie herausgefunden. Die Deckadresse wurde nie wieder benutzt.
    Wir haben nie erfahren, wer Hippie war. Weißt du es?«
     
    »Vielleicht«, sagte ich und fuhr nach einer Pause fort: »Was habt ihr über Oscar?«
    Ich fürchtete seine Antwort und merkte, wie meine Handflächen trotz der Kühle im Büro feucht wurden.
    »Ich habe mir gedacht, daß du danach fragst. Nichts. Geboren in Hamburg. Linksgerichteter Journalist, in jungen Tagen sehr radikal. Heute ein solider und wohlhabender Staatsbürger, der pünktlich seine Steuern bezahlt und seinen Beitrag zum Wohl der Nation leistet.«
    Mir fiel ein Stein vom Herzen.
    »Und über mich? Was habt ihr über mich?« fragte ich.
    »Auch nichts.«
    »Nichts? Wurde ich nicht überwacht?«
    »Vielleicht, mein Freund. Aber wir haben nichts. Das heißt nicht, daß du nicht überwacht wurdest, aber Geheimdienste sind Bürokratien, und Bürokratien begehen eine Menge Fehler.
    Protokolle werden falsch archiviert, Decknamen geändert, Querverweise nicht aufgehoben und Nummern verschwinden.
    Dateien werden gelöscht oder verlegt. Du darfst die Geheimdienste nicht als Organisationen ansehen, die von unfehlbaren Genies bevölkert sind. Es sind große Bürokratien mit Machtkämpfen, Alkoholmißbrauch, Schlamperei, Dummheit, undurchschaubaren Dienstwegen und kleinen Bürohändeln und Liebesaffären wie in allen anderen Ämtern auch. Wir haben deine Daten und daß du in Spanien willkommen bist und keine Steuern hinterziehst, aber sonst nichts.«
    Ich konnte das Lachen in seiner Stimme hören. Er hatte eine längere Rede gehalten, und er genoß es spürbar. Der Druck in meinem Kopf ließ etwas nach, und ich mußte auch lachen.
    »Das heißt, hier ist das Spiel zu Ende?« sagte ich.
    Seine Stimme wurde wieder ernst.
     
    »Könnte es eigentlich sein, wenn es nicht wegen Amelia und Maria Luisa wäre …«
    »Ja. Das ist es ja«, sagte ich und spürte wieder den bekannten

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