Der Augenblick des Magiers
vor.
Falameezars gutgezieltes Feuer setzte einen Haufen Abfall in Brand. Der flammte zwar nur sehr zögernd auf, bescherte ihnen aber genug Licht, so daß alle zum ersten Mal seit der Flucht aus ihrer Zelle deutlich sehen konnten. Sie scharten sich um das Feuer, während der Drache sich auf den Bauch legte, die Arme verschränkte und den Kopf darauf legte.
»Wie bist du hierher gekommen?« fragte Jon-Tom ihn.
»Ich hatte nicht viel Glück dabei, das Bewußtsein der Massen zu entwickeln, die am Ufer des Tailaroam leben«, erklärte der Drache. »Da beschloß ich, mir eine Gruppe von Unterdrückten zu suchen, die etwas aufgeschlossener sind.
Ich hatte schon viel von diesem Land gehört, wo die Seen groß und die Fischbestände reichhaltig sind. Also habe ich mich hierher begeben. Und in der Tat, die Arbeiter hier mußten dringend organisiert werden.« Er seufzte, und eine Rauchwolke schwebte der Decke entgegen. »Doch wie so oft, hatten die Volksmassen hier nicht viel dafür übrig, mir zu zuhören.«
»Kann mir gar nicht vorstellen, warum«, flüsterte Quorly.
»Da habe ich mich entschlossen, diesmal zu versuchen, anstelle der Volksmassen die Herrschenden zu überzeugen.«
»Oho!« machte Jon-Tom.
»Genau, Genosse. Ich habe mich von den zuckersüßen Worten des hiesigen Herrschers betören lassen, ein merkwürdiger Mensch, der ganz anders ist als du.«
»Markus der Unvermeidliche.«
»Ja. Zuerst wußte ich gar nicht, daß er die rechtmäßigen Herrscher dieser Stadt entmachtet hatte, und auch nicht, daß er nicht nur ein mächtiger Magier, sondern auch ein widerlicher Faschist ist, der nur eins im Sinn hat: die Massen zu seinem persönlichen Vorteil auszubeuten. Aber als ich das alles erfuhr, hatte er mich bereits sehr matt und müde gemacht. Ich erinnere mich noch vage daran, wie man mich in den Saal oben gebracht hat. Dann hat man den Boden entfernt und mich hier hineingeworfen und wieder zugemauert.
Ich habe versucht auszubrechen, aber das Gestein ist dick und fest. Es brennt auch nicht. Also mußte ich hierbleiben, als Gefangener dieses üblen Imperialisten. Allerdings füttert er mich gut. Die Fanfaren rufen mich herbei, wenn es wieder etwas zu essen gibt.« Falameezar bewegte den Kopf und beschnüffelte den Leichnam Jestutias. »Diesmal ist es ein Bankier. Markus ist raffiniert. Er hat gemerkt, daß ich nur Kapitalisten fresse.«
»Du verwunderst mich«, sagte Jon-Tom. »Schließlich läßt sich auch ein Bankier überzeugen und für die Sache des Volkes gewinnen.«
»Ein toter nicht.« Wieder schnüffelte der Drache. »Ja, ein toter Bankier. Da bin ich mir ganz sicher. Ich hasse Bankiers, mußt du wissen. Das sind nichts als dreckige Raubritter.«
An der hinteren Wand war Newmadeen emsig damit beschäftigt, ihre Taschen zu durchwühlen. Wie der kürzlich verblichene Makak war auch sie im Geldverleihgewerbe tätig. Bisher hatte sie keinen Grund gehabt, es zu bereuen. Zum Glück war Falameezar zu sehr in das Gespräch mit seinen wiedergefundenen Freunden vertieft, um ernsthaft seine Umgebung abzuschnüffeln, und so konnte sie sich unbemerkt ihrer Last entledigen: Münzen, Geldnoten und diverse wucherische Schuldscheine.
»Außerdem«, sagte der Drache gerade, »muß schließlich auch ein Drache von irgend etwas leben.« Er reckte den langen Hals vor und schlang den unglückseligen Jestutia mit einem Biß ins Maul, laut und vernehmbar kauend.
»Oh«, murmelte Sasswise, als sie Newmadeen ansah, »die ist ja ohnmächtig geworden!«
Auch Falameezar bemerkte es und schnüffelte neugierig beim Kauen. »Was ist denn mit deiner Begleiterin los? Wenn ich es nicht besser wüßte, würde ich doch glatt sagen...«
Jon-Tom beeilte sich, den Drachen abzulenken. »Das ist die Luft hier unten. Das hier sind übrigens die rechtmäßigen Herrscher von Quasequa. Sie lieben Markus nicht mehr als du. Sie sind der legitime, äh, Sowjet, den der Magier abgesetzt hat.«
»Ich wußte gar nicht, daß die Regierung hier so fortschrittlich war«, erwiderte Falameezar überrascht.
»Sie geben sich Mühe«, versicherte Jon-Tom ihm. »Nicht wahr, das tut ihr doch?«
»Ja! Ja! Ja!« Die Quorumsmitglieder, die noch bei Bewußtsein waren, schafften es, mit Begeisterung zu antworten, auch wenn es vielleicht eine Spur zu hastig herauskam.
Falameezar wirkte erfreut. »Es ist schön, in einer solch traurigen Lage Gesellschaft zu haben, die das richtige Bewußtsein hat. Und es ist auch gut, meinen alten Genossen wiederzusehen. Und
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