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Der Augenblick: Reisen durch den unbekannten Alltag (German Edition)

Der Augenblick: Reisen durch den unbekannten Alltag (German Edition)

Titel: Der Augenblick: Reisen durch den unbekannten Alltag (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Goettle
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Einkommen erzielt worden. Wobei übrigens der 1,50-Euro-Job nicht mit angerechnet wird, das glauben die Leute aber immer. Überhaupt gibt es Probleme mit dem Einkommen, wenn es bezogen wird, z. B. im Falle der sogenannten ›Aufstocker‹. (Erwerbstätige mit sogenannten Niedriglöhnen, die zwar voll arbeiten, aber ohne zusätzliche Sozialleistungen nicht existieren können. Es gibt mehr als eine Million erwerbstätige ALG-II-Bezieher, die quasi zu einem staatlich ergänzten Mindestlohn arbeiten. Anm. G. G.) Man muß dazu wissen, daß durchaus auch viele Selbständige zu den ›Aufstockern‹ gehören, weil ihre Betriebseinnahmen nicht reichen. Und wir haben auch Akademiker, das darf man bitte nicht vergessen! Also, Sie können davon ausgehen, wenn jemand 2000 Euro monatlich verdient, bei angemessener Miete, und er hat zwei Kinder, daß da natürlich fast nichts mehr bleibt.
    Und dann kommen zu mir ALG-II-Empfänger mit verschiedenen Problemen, z. B. Leute, die sagen: Unser Kühlschrank oder unsere Waschmaschine ist kaputtgegangen. Wobei man wissen muß, daß es nur noch drei ›einmalige Leistungen‹ gibt: erstens die ›Erstausstattung‹ für die Wohnung, zweitens für Klassenfahrten und drittens für Schwangere bei der Geburt.
    Und wenn was kaputtgeht, dann gibt es Hilfe nur auf Darlehensbasis. Und das wird dann verrechnet bis zu zehn Prozent. Überlegen sie mal, 345 Euro für eine Einzelperson und dann zehn Prozent! Und als Nächstes geht was anderes kaputt. Also, sie kommen dann automatisch in die Schuldenfalle. Der Regelsatz wurde ja erhöht; er lag früher bei 296 Euro – zuzüglich der ›einmaligen und anderen Leistungen‹, die alle gestrichen wurden. Und heute ist in den 345 Euro auch noch eine ›Ansparpauschale‹ enthalten, genau für solche Fälle, kaputter Kühlschrank oder Waschmaschine. Auch für die Auszugsrenovierung. Letzteres ist revisionsanhängig beim BSG. Und wer also das Darlehen in Anspruch nimmt, der muß wissen, was auf ihn zukommt.
    Haben Sie eine Vorstellung, was im Regelsatz alles enthalten ist? Regelleistung heißt es korrekt, für Essen, d. h. für Nahrung, Getränke und Tabakwaren z. B. Da beträgt der Anteil 131,10 Euro im Monat! Jetzt rechnen Sie mal, wenn Sie da einen oder gar mehrere Abzüge von je zehn Prozent haben im Monat? Das geht nicht! Also, das sind so die typischen Anfragen, mit denen die Leute kommen. Oder viele Problemfälle gibt es auch bei der ›Einkommensanrechnung‹, z. B. bei Paaren, die unterschiedliche Einkommen beziehen, oder bei Künstlern, die unregelmäßig Einkommen haben; also, sie haben versäumt, Änderungen rechtzeitig anzugeben, dann kommt plötzlich ein Bescheid, sie müssen zwei- bis dreitausend Euro zurückzahlen.
    Das geht natürlich nicht, da muß man dann z. B. gucken, wo sind die ›Pfändungsfreigrenzen‹. Oder ein Problem sind auch die Mietobergrenzen. Sie wissen, als angemessene Miete sind jetzt nur noch 360 Euro im Monat veranschlagt. Warmmiete. Wer da viel drüber liegt, was die Regel ist, muß die Kosten selber tragen. Oder umziehen. Die Wohnungen fehlen natürlich; gut, es gibt so ein Marktsegment am Stadtrand im Osten, in Marzahn, in Lichtenberg. Wenn Sie im Internet in die AV-Wohnen reinschaun, da sind die Regelungen drin, und auch, daß die Quadratmeterzahl ihrer Wohnung keine Rolle mehr spielt. Davon hat man sich verabschiedet, maßgeblich ist nur die Miethöhe für die Angemessenheit einer Wohnung. Es gibt aber Ausnahmen. (Alleinerziehende mit zwei und mehr Kindern, Schwerkranke, Behinderte und Langzeitarbeitslose über sechzig müssen nicht umziehen, Familien mit kleinen Kindern und Mieter, die schon mind. fünfzehn Jahre in der Wohnung leben, dürfen die Obergrenze um zehn Prozent überschreiten. Anm. G. G.) Ich habe auch schon Fälle gesehen, wo jemand 484 Euro Miete übernommen bekam, das gibt es durchaus.
    Nachdem das SGB II, also das Sozialgesetzbuch II, in dem Hartz IV bzw. das ›4. Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt‹, am 1.1.2005 in Kraft getreten ist, hat man dann ja bald Neuregelungen geschaffen. Am 1.10.2005 kam das ›Freibetragsneuregelungsgesetz‹, später kam das ›Optimierungsgesetz‹ und danach das ›Fortentwicklungsgesetz‹ usw. Also, für Kabarettisten ist das ein toller Stoff. Es gibt einen, Michael Boots, der beschäftigt sich damit. Gut, teilweise bringen diese Gesetze Klarstellungen – das Gesetzeswerk war ja nicht immer so klar, daß man es anwenden

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