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Der Augenblick: Reisen durch den unbekannten Alltag (German Edition)

Der Augenblick: Reisen durch den unbekannten Alltag (German Edition)

Titel: Der Augenblick: Reisen durch den unbekannten Alltag (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Goettle
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»Sofortangebot«. (Angeboten werden z. B. Maßnahmen oder Ein-Euro-Jobs, zu denen nicht nur Jugendliche, sondern auch alle anderen Antragsteller verpflichtet werden. Wer dieses Angebot ablehnt, erhält eine dreißigprozentige Leistungskürzung.) »Ja, dazu wollte ich auch noch etwas sagen, zum Thema Eingliederungsvereinbarung. Also, ich habe schon 2005 – als es bis zum Erstgespräch teilweise drei Monate gedauert hat – den Leuten geraten, bietet dem Job-Center doch mal an, daß sie eine Eingliederungsvereinbarung abschließen. Also, Eingliederung in Arbeit ist damit gemeint. Fallmanager und Klient vereinbaren miteinander das Verfahren zur Eingliederung in Arbeit. Auch wenn es Formblätter sind, wird trotzdem individuell festgelegt, was muß derjenige tun, was bekommt er als Gegenleistung. Es wird beispielsweise festgelegt, was für eine Weiterbildungsmaßnahme genommen wird, wie lange die geht – auch was passiert, wenn man sie abbricht ohne wichtigen Grund, also wie sanktioniert wird –, oder auch, wie viele Bewerbungen man schreiben muß, zum Nachweis der Arbeitsbemühungen. Also, es ist schon eine Möglichkeit, um initiativ zu werden, etwas in der Hand zu haben, was quasi so eine Art öffentlich-rechtlicher Vertrag ist, etwas auf Gegenseitigkeitsbasis. Ansonsten ist man nur eine Nummer, eine Aktennummer. Davon wird leider viel zu wenig Gebrauch gemacht, vielmehr wird versucht, die Leute gleich in einer MAE – Mehraufwandsentschädigung, Ihnen besser bekannt als Ein-Euro-Job bzw. 1,50-Job – unterzubringen.
    Also, wir müssen uns ja ständig mit Kollegen austauschen. Ich bin z. B. im Forum Sozialhilferecht tätig, seit mehreren Jahren. Das ist angesiedelt bei der Diakonie. Das ist ein Forum, da treffen sich Richter, Anwälte, Sozialarbeiter. Wir tauschen uns aus, sachlich und auch rechtlich. Einmal im Monat treffen wir uns, und da referiert dann meist jemand zu einem Thema, beispielsweise Sanktionsbescheide, das nächste Mal Erstattung. Und es gibt eben wirklich mal so einen Austausch mit den Erfahrungen der Sozialarbeiter, und die erfahren wiederum von uns, was sie so rechtlich machen können. Das letzte Thema im Forum war Einkommensberechnung. Man steht ja immer nur da und rechnet nach, ich komme fast immer auf andere Zahlen als das Amt. Also, wir als Anwälte haben ja wirklich schon genug zu tun und können nicht auch noch stundenlange Berechnungen anstellen. Und da haben wir im Forum zwei Sozialarbeiter; einer ist für ›Betreutes Wohnen‹, einer für ›Härtefälle‹, die hatten das Problem mit dem Berechnen auch, und die beiden haben jetzt so ein Programm entwickelt, sie haben’s vorgeführt, und es funktioniert. Großartig!
    Ich kann damit auch den Kindergeldzuschlag berechnen. Und dann nehmen wir uns natürlich die Thematik Fortentwicklungsgesetz vor – und natürlich sind die Neuregelungen zum Sozialhilferecht Thema. Fortentwicklungsgesetz brachte ja noch mal Verschärfungen bei den Sanktionen – also daß die Leute dann völlig rausfallen, und eben die Sache mit dem Hausbesuch, das ist alles Fortentwicklung!« Wir fragen: Was wird denn eigentlich fortentwickelt? Sie lacht und sagt: »Na, das Gesetz wird fortentwickelt. Und die Verschärfung zum Leistungsmißbrauch, kann ich Ihnen nur sagen!« Sie schaut auf ihren Computerbildschirm. »Ich lache mich immer tot über die Sprache: Optimierungsgesetz, Fortentwicklungsgesetz. Man kann ja auch nicht ständig sagen Neuregelung, und dann noch ’ne Neuregelung. Na gut. Also, ich habe im Forum auch die Aufgabe, das Protokoll zu machen.
    Und da ist noch was, über diese Problematik haben wir hier noch nicht gesprochen. Jetzt geht es nämlich wirklich los: Energieschulden. Auch nach Kenntnis eines Sozialrichters – die Leute haben zunehmend Energieschulden. Sie können ihre Energiekosten nicht mehr aus dem Regelsatz bezahlen – also, es geht hier um Stromkosten. Der Strom hat so was von angezogen. Die Leute können sich das einfach auch nicht zurücklegen, das schaffen sie nicht. Die Bundesregierung behauptet zwar was anderes, aber deren Berechnungen basieren auf einer Stichprobenerhebung von 2003! Und da hatten wir noch nicht diese Preise. Und es gab auch nicht die Praxisgebühr, übrigens. Also noch mal: Energieschulden, das ist die Problematik. Die Stromanbieter haben teilweise den Leuten den Strom abgedreht; das war natürlich schlimm, besonders für Leute mit Kindern. Es hat dann einige Entscheidungen gegeben, die gesagt haben, das

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