Der Aurora Effekt
Landschaft flog. Und wie ich dich liebe, Angelique.
Nach dem relativ kurzen Rückflug landete Heschenbach die Maschine sanft auf dem Flughafen von Anchorage. Nachdem er die Cessna hatte ausrollen lassen und auf eine etwas abseits gelegene Parkposition gebracht hatte, drehte er sich nach hinten um und grinste. »Willkommen in Anchorage, sie dürfen die Anschnallgurte jetzt öffnen.«
Erleichtert erhoben Angelique und Winter sich aus den engen Sitzen. Eiskalte Luft drang in den Innenraum, als Heschenbach die Kabinentür öffnete.
Nur wenige Maschinen standen auf dem Flughafen in Anchorage, bemerkte Winter, als sie zu Fuß das Flugfeld über einen ausgewiesenen Weg verließen und auf das Flughafenterminal zusteuerten.
»Ich begleite euch noch kurz bis zu eurem Schalter damit ihr euch um den Rückflug kümmern könnte. Dann werde ich auch gleich rasch wieder zurückfliegen.« Heschenbach klopfte auf seine Manteltasche, in der er die kopierten Unterlagen in einem Umschlag bei sich trug. »Und dann werde ich ein paar Kollegen kontaktieren und ihnen das hier zeigen. Ich bin mir sicher, das wird Wirkung zeigen.«
Im beheizten Terminal angelangt, begann Winter sogleich zu schwitzen und er öffnete rasch seine Jacke. »John, können wir nicht Kopien von diesen Unterlagen gleich mitnehmen.«
Heschenbach schaute sich nachdenklich um. »Mhm, ich glaube, ich hab eine bessere Idee.« Wortlos steuerte er auf einen Infoschalter zu und ließ Angelique und Winter in der kleinen, fast menschenleeren Abflughalle stehen.
Wenige Minuten später kam er begeistert zurück. »Ich habe mich erkundigt, ich könnte Euch die Unterlagen direkt zufaxen. Kann ich eine Faxnummer von euch haben, dann sende ich Euch das sofort nach Deutschland und ihr lauft gar nicht erst in Gefahr, dass man euch die Unterlagen später am Zoll abnimmt.«
Gute Idee. Winter war begeistert von dem Vorschlag und zückte sogleich eine seiner Firmenvisitenkarten aus seinem Portemonnaie.
»Das ist die Faxnummer unserer Agentur, schreib einfach zu meinen Händen drauf, dann sollte alles funktionieren.«
»Ausgezeichnet, ich werde das jetzt sofort faxen.« Heschenbach verschwand erneut mit der Faxnummer zum Infoschalter.
Die Zeit des Abschieds war gekommen, als Heschenbach zufrieden zu ihnen zurückkam. Die Arme ausbreitend riss er die etwas überrumpelte Angelique väterlich an seine Brust. »Du warst so was von tapfer, Mäd-chen. Ich wünsche euch einen guten Heimflug.«
Nachdem er Winter ebenfalls zum Abschied umarmt hatte, sagte er, an beide gerichtet: »Und meldet euch, wenn ihr gut angekommen seid. Ich werde euch dann berichten, wie hier der Stand der Dinge ist.«
Heschenbach kramte in einer Jackentasche nach einem Bleistift und riss von den Unterlagen, die er bei sich trug, eine kleine Ecke ab, um dort seine Telefonnummer zu notieren. »Es war mir eine große Ehre, euch zwei helfen zu dürfen«, sagte er mit plötzlich belegter Stimme.
Angelique und Winter strahlten ihn an. Was hatten sie sich doch in diesem Mann getäuscht, als sie ihm das erste Mal begegnet waren.
»John, die Freude ist ganz auf unserer Seite«, antwortete Angelique und Winter wünschte ihm einen guten Rückflug, bevor Heschenbach sich mit einem winkenden Gruß zurück durch das Terminal zum Flugfeld begab.
Angelique und Winter konnten zu diesem Zeitpunkt nicht wissen, das dies das letzte war, was sie von Heschenbach hören würden. Wie auch? Wie hätten sie wissen können, dass das kleine Problem mit der Treibstoffzufuhr der Cessna, das Heschenbach notdürftig vor dem Start in Gakona noch reparierte, für eine Katastrophe ausschlaggebend war? Wie hätten sie ahnen können, dass man später in dem Wrack der Cessna lediglich Heschenbachs Leiche, nicht aber irgendwelche Unterlagen finden würde? Auch würde sich niemand an den Mann mit dem Narbengesicht erinnern, der kurz nach dem Absturz die Unfallstelle absuchte und ungesehen mit einem braunen Umschlag verschwand. Als all dies geschah, saßen Angelique und Winter schon lange in einer abgedunkelten Boeing auf dem Rückflug nach Europa und versuchten, etwas Schlaf zu finden.
---
Zeitgleich schwebte Tausende Kilometer entfernt dicht über dem Meeresboden ein Tauchboot. Die Scheinwerfer des wendigen Gefährts schnitten durch die Dunkelheit. Im Inneren saß ein dunkelhaariger Mann, der das Gefährt sicher manövrierte. Durch eine Glaskuppel hatte er einen perfekten Rundblick und konnte sich so bestens orientieren. Das
Weitere Kostenlose Bücher