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Der Außenseiter

Der Außenseiter

Titel: Der Außenseiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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in die hellen Augen.
    »Nie im Leben hat Billy Ihnen das erzählt.«
    »Nein«, bestätigte Sasha. »Aber er ist nicht der Einzige, mit dem ich gesprochen habe, Mrs. Fletcher. Gehen wir mal einen Moment zurück zu der Vergewaltigung. Ihr Bruder sagte, Sie seien zu Grace gelaufen, um frische Sachen zu holen, weil Cills zer-rissen und voller Blut waren. Wie ging es danach weiter? Sind Sie mit ihr zu Grace gegangen, damit sie dort baden und sich frisch machen konnte?«
    Louises Miene versteinerte, aber sie sagte nichts darauf.
    »Soll ich das als ›Ja‹ verstehen?« Sie wartete auf eine Reaktion, aber es erfolgte keine. »Natürlich konnten Sie der Polizei nicht sagen, dass Sie zu Grace gegangen waren«, fuhr sie in gleichmütigem Ton fort, »denn da hätte man zwei und zwei zusammengezählt und hätte Grace sofort aufgesucht, um sie nach Cill zu fragen. Und aus irgendeinem Grund wollten Sie das nicht. Warum nicht?«
    »Weil Cill mich umgebracht hätte, wenn ich sie verpetzt hätte. Wir hatten schon einen Streit gehabt – ich wollte nicht noch einen.« Louise lächelte 620

    bitter. »Jeder sieht immer nur dieses arme kleine Ding, das von zu Hause weggelaufen ist, weil es so todunglücklich war. Aber so war sie gar nicht – sie war brutal und tyrannisch. Wehe, man ist ihr in die Quere gekommen, die hat einem den Schädel eingeschlagen.«
    »Worüber hatten Sie Streit mit ihr?«
    »Worüber streiten junge Mädchen? Wer besser aussieht!« Sie schüttelte den Kopf über Sashas verständnisloses Gesicht. »Ja, Herrgott noch mal! Wo leben Sie denn, Mädchen? Nehmen Sie ein paar Pfund ab … lassen Sie sich die Haare richten …
    machen Sie hin und wieder mal eine schmutzige Bemerkung. Sonst sterben Sie als alte Jungfer. Sex , Schätzchen. Männer! Sie hat dauernd damit angegeben, dass sie bei den Jungs besser ankommt als ich, und schließlich habe ich gesagt, wenn sie nicht den Mund hielte, würde ich ihren Eltern das mit der Vergewaltigung sagen. Sie hat mich ja fast zur Weißglut getrieben.«
    Sasha konzentrierte sich auf ihre Aufzeichnungen.
    »Sie wussten also, dass es eine Vergewaltigung war?«
    »So kann man’s nennen, wenn man will«, versetzte Louise wegwerfend. »Wen zum Teufel hat es interessiert, was es war? Für Cill war’s ein Spaziergang im Park – ein Beweis dafür, dass sie attraktiv genug war, um gevögelt zu werden.« Sie sah den Schatten des Widerwillens auf Sashas 621

    Gesicht. »Keine Angst. Ihnen wird so was nie passieren. Sie sind nicht der Typ, über den die Männer herfallen. Man muss schon ein bisschen Fleisch zeigen, wenn man will, dass sich die Kerle für einen interessieren.«
    Sasha griff automatisch an ihre Brille, aber sie hielt tapfer an ihrem Gesprächsplan fest. »Wenn Ihr Bruder befragt worden wäre, hätte er Grace erwähnt. Ist das der wahre Grund, warum Sie ihn aus der Sache heraushalten wollten?«
    Louise zündete sich eine frische Zigarette an.
    Dann lehnte sie sich auf dem Sofa zurück und blickte zur Zimmerdecke hinauf. »Wenn Sie das alles von Andrew Spicer oder seinem braven kleinen Schreiberling haben, kann ich mir ja die Mühe sparen. Nichts von alledem hätte die geringste Bedeutung gehabt, wenn die dumme Gans nach Hause gegangen wäre. Ich wollte ihr einen Gefallen tun – ihr ein bisschen Anteilnahme und Mitgefühl verschaffen. Und was tut sie? Haut mich in die Pfanne, indem sie sich in Luft auflöst. Sie wäre stinkwütend gewesen, wenn ich zugelassen hätte, dass Billy die Jungs beim Namen nennt, weil sie immer noch auf Roy scharf war. Sie hätte bei ihrer Mutter auf die Tränendrüse gedrückt und einen hysterischen Anfall hingelegt, wenn die Polizei versucht hätte, der Geschichte nachzugehen. So lief das bei ihr.«
    »Und bei Ihnen wohl auch?«, fragte Sasha neu-622

    gierig. »Ihre Mutter war danach ja sehr um Ihren Schutz besorgt.«
    Verachtung blitzte in ihren Augen auf. »Um ihren eigenen Schutz, meinen Sie. Sie hat sich ja jedes Mal fast in die Hose gemacht, wenn sie dran gedacht hat, was die Nachbarn sagen würden, wenn rauskäme, dass ich Cill an dem Samstag bei Grace im Haus gesehen hatte. Die ganze verdammte Familie war doch fertig gemacht worden.«
    »Wann haben Sie es ihr gesagt?«
    »Sie meinen, dass Cill bei Grace war?« Sie zuckte gleichgültig mit einer Schulter. »Ich weiß nicht mehr.«
    »Es ist wichtig, Mrs. Fletcher.«
    Louise senkte den Blick. »Wieso? Was spielt es für eine Rolle? Meine Mutter wird Ihnen sowieso erzählen, dass ich lüge.

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