Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Außenseiter

Der Außenseiter

Titel: Der Außenseiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
Vom Netzwerk:
als Sie zurückkamen?«
    626

    »Ich denke, ja. Wir mussten samstags morgens immer leise sein, und ich kann mich nicht erinnern, dass es an dem Tag anders war.« Sie hielt kurz inne. »Am Nachmittag war er jedenfalls da.
    Ich erinnere mich, dass ich mir mit ihm zusammen Grandstand angeschaut habe, und er immer da-zwischengeredet hat, weil er wissen wollte, was die Polizei gesagt hatte.«
    »Wo war Ihre Mutter?«
    Louise zog an ihrer Zigarette. »Keine Ahnung«, sagte sie wieder und lächelte amüsiert. »Wahrscheinlich drüben bei Grace, um ihr noch mal eine richtige Abreibung zu verpassen.«
    »Wissen Sie das mit Sicherheit?«
    »Natürlich nicht«, antwortete sie geringschätzig. »Mit Sicherheit weiß ich nur, dass Cill am Samstagmorgen dort war und weg war, als die Polizei Grace tot vorfand.«
    »Und am Dienstagabend?«
    »Da habe ich sie nicht gesehen, aber das heißt nicht, dass sie nicht im Haus war.« Wieder so ein ironisches Lächeln. »Vielleicht war sie oben und hat die arme Grace mit dem Messer bearbeitet.«
    »Wohl kaum«, entgegnete Sasha. »Nirgends im Haus wurden Fingerabdrücke von ihr gefunden.«
    »Herrgott noch mal!«, rief Louise, abrupt zu ihrer verächtlichen Haltung zurückkehrend. »Das war doch nicht ernst gemeint. Woher zum Teufel soll ich wissen, wo sie war? Ich hab den Mund 627

    gehalten, weil meine Eltern ganz schön nervös wurden, als das blöde Luder am Montag immer noch nicht wieder aufgetaucht war. Vielleicht war einer von ihnen drüben, um zu sehen, was eigentlich los war, aber wenn, dann haben sie’s mir nicht verraten … und am Freitag war keinem von uns mehr danach, den Mund aufzumachen.«
    »Aber Sie müssen sich doch Gedanken gemacht haben. Was glauben Sie denn, was passiert ist?«
    »Was ich glaube, ist doch schnurzegal. Ich weiß , dass es ein gottverdammter Albtraum war.«
    »Das interessiert mich.«
    Louise schaute zur Tür, die in die Diele führte.
    »Meinetwegen«, sagte sie abrupt. »Howard hat Grace am Samstagnachmittag besucht. Dort fand er Cill vor, machte Grace klar, dass sie total verrückt sei, Cill bei sich zu verstecken, und versprach ihr, sie nach Hause zu bringen. Was danach passierte, war bestimmt nichts Erfreuliches, denn Howard war ein perverses Schwein. Ich würde mal vermuten, dass Cill ihm erzählt hat, sie hätte mit Roy gebumst, und ihn damit heiß gemacht hat. Als er auch ranwollte, gab’s Zoff, und am Ende war sie tot.«
    Sasha verspürte das gleiche Prickeln im Rücken wie bei ihrer ersten Besichtigung des Hauses, aber sie zwang sich, nicht zur Tür zu blicken. »Wieso wurden die beiden nicht gesehen?«
    »Weil es stockfinster war. Wenn sie bei Tageslicht 628

    gegangen wären, hätten doch alle gemerkt, dass Grace in die Geschichte verwickelt war.«
    »Wohin hat er die Leiche gebracht?«
    »Woher soll ich das wissen? Wahrscheinlich irgendwo in die Nähe vom Tatort. Kommt ganz drauf an, wo er mit ihr hingegangen ist. Er hat unten am Colliton Way gewohnt, dahinter war unbe-bautes Gelände.«
    »Dann hätte man die Leiche gefunden.«
    Louise zuckte mit den Schultern. »Jetzt ist dort ein Industriegebiet, vielleicht liegt sie unter dem Fundament irgendeines Gebäudes begraben. Damals hat Brackham & Wright gerade ihre neue Fabrik gebaut. Howard hat ständig davon geredet, weil sie da modernste Technologie reingebracht haben und seine Mutter Angst hatte, sie würde ihre Arbeit verlieren.«
    Alles so glatt. Zu glatt vielleicht? »Und wie ging es dann weiter?«
    Louise zog die Stirn in Falten. »Er ist nach Hause gegangen.«
    »Ich meinte, wie war das mit Grace?«
    »Howard hat sie mit dem Fleischermesser erstochen. Es kann nur so gewesen sein. Ich nehme an, sie hat ihn mit Fragen gelöchert, warum Cill nicht zu Hause angekommen war. Sie hat ihm zwar dauernd damit in den Ohren gelegen, dass er sich ein Mädchen suchen soll, aber sie wollte bestimmt nicht, dass er sich an einer Dreizehnjährigen ver-629

    greift. Sie hatte selbst einen wesentlich älteren Typen geheiratet, und so was hat sie sich auch für Howard vorgestellt – eine nette mütterliche Frau, die sein Selbstwertgefühl ein bisschen stärken, aber keinen Sex erwarten würde. Aber er wollte was anderes. Er hat immer nur an Sex gedacht.« Sie lächelte über Sashas Gesicht. »Nicht jeder, der behindert ist, ist automatisch sympathisch. Sie waren beide verdammt eigenartig, und sie haben beide allen anderen die Schuld dran gegeben, dass sie einsam waren. Sie haben die ganze Zeit deswegen

Weitere Kostenlose Bücher