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Der Außenseiter

Der Außenseiter

Titel: Der Außenseiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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Sie ist wie Billy – erfindet seit Jahren die Vergangenheit neu.«
    »Sie haben es ihr also an dem Samstag gesagt?«
    Ein kurzes Nicken.
    »Bevor Sie bei der Polizei waren oder hinterher?«
    »Vorher.«
    Wie Zähneziehen, dachte Sasha, als Schweigen eintrat und sich dehnte. Sie fragte sich, in welchem Maß die Strategie geplant war und wer sie ange-regt hatte. »Wie und wann genau?«
    »Es war an dem Samstag. Samstags hat sie nicht gearbeitet.«
    »Und?«
    623

    »Wir saßen in der Küche, als das Telefon läutete.
    Es war Jean Trevelyan. Sie wollte wissen, ob Cill bei uns war. Meine Mutter sagte Nein, legte auf und ging sofort auf mich los. Was ich getan hätte. Was für einen Grund Cill gehabt hätte, von zu Hause wegzulaufen. Was ich darüber wüsste. Und so weiter. Am Ende bin ich zu Grace rübergelaufen. Als ich zurückkam, war mein Vater zu Hause, stocksauer, weil David Trevelyan sich in der Arbeit mit ihm geprügelt hatte. Meine Mutter sagte, es würde ihnen recht geschehen, wenn Cill überhaupt nicht mehr heimkäme, und da habe ich ihnen gesagt, dass sie sich bei Grace versteckte.«
    »Ihre Mutter hat bei der Polizei gesagt, sie habe keine Ahnung, wo Cill sich aufhalte.«
    »Nur weil mein Vater so eine Stinkwut auf David Trevelyan hatte. Er meinte, dem würde es gut tun, ein bisschen zu schmoren. Dann kreuzten die Bullen auf und sagten, ich müsste zur Vernehmung auf die Dienststelle kommen, weil ich Cills beste Freundin sei. Das brachte meinen Vater dann richtig auf die Palme. Er verlangte, dass sie zu Hause mit mir reden, aber sie beriefen sich auf die Vorschriften zur Befragung Minderjähriger. Für meinen Vater stand sofort fest, dass David ihn wegen ihrer Prügelei bei der Polizei schlechtgemacht hatte. Deshalb sollte ich den Bullen auch erzählen, Cill hätte Sex gehabt. Die Trevelyans sollten erfahren, was für eine Schlampe ihre Tochter war.«
    624

    »Ihre Eltern wussten davon?«
    Rauch schwebte aus Louises Mund in die Höhe.
    »Mein Vater, ja«, sagte sie kurz. »Bei meiner Mutter weiß ich’s nicht.«
    »Wer hat es ihm gesagt?«
    »Was vermuten Sie?«
    »Sie?«
    »Blödsinn«, widersprach sie verächtlich. »Das hätte mir doch gar nichts gebracht. Warum hätte ich ihm einen Grund geben sollen, sich ihretwegen aufzuregen? Sie haben doch offenbar rausgekriegt, dass er eine Schwäche für sie hatte.« Sie betrachtete Sasha mit einem zynischen Lächeln. »Cill selbst hat’s ihm gesagt. Ja, so war sie. Hauptsache, die Männer haben sich um sie geprügelt, was anderes hat sie nicht interessiert. Es hat David ganz verrückt gemacht, dass sie so viel bei uns war.« Sie lachte ohne Erheiterung über Sashas entsetztes Gesicht. »Na, hören Sie mal! So dumm können Sie doch nicht sein. Was glauben Sie denn, warum der Mistkerl sie dauernd verdroschen hat? Bestimmt nicht, weil er die Bewegung brauchte. Nein, weil seine Frau ein frigides Luder war, und es ihm jedes Mal gekommen ist, wenn er Cill den Hintern ver-sohlt hat.«
    Schocktaktik, dachte Sasha, sehr wirkungsvoll.
    Sie starrte auf die Kopie des Artikels, die auf dem Couchtisch lag – Der Schmerz der Mutter um die verschwundene Tochter –, und dachte an 625

    Davids kraftvolle Stimme auf dem Tonband seiner Vernehmung. »Wussten Mr. und Mrs. Trevelyan, dass Sie und Cill sich bei Grace versteckten, wenn Sie die Schule schwänzten?«, fragte sie.
    Louise schüttelte den Kopf. »Nein. Außer Cill hat es ihnen gesagt.«
    »Aber Ihre Eltern wussten es?«
    »Ja, aber sie haben es erst erfahren, als wir schon damit aufgehört hatten. Howard hat mir ständig wegen Cill in den Ohren gelegen, und als ich ihm sagte, er solle mich in Ruhe lassen, ist er zu seiner Großmutter gerannt. Und prompt stand Grace bei uns vor der Tür und wollte wissen, was los sei. Meine Mutter hat die ganze Sache sofort ge-schnallt und Grace richtig runtergeputzt. Sie könne froh sein, dass sie sie nicht dafür anzeigen würde, dass sie Schulschwänzer bei sich versteckt habe, nur damit ihr nichtsnutziger Enkel sich an zwei halbwüchsigen Mädchen aufgeilen könne.«
    Es war, als fügten sich die Teile eines Puzzles Stück für Stück ineinander. Jede Auskunft, die Sasha erhalten hatte, sei es auf direktem oder in-direktem Weg, fand ihren Platz. Sie überlegte einen Moment lang. »Was tat Ihr Vater, während Sie mit Ihrer Mutter auf der Polizeidienststelle waren?«, fragte sie.
    »Keine Ahnung. Wahrscheinlich hat er geschlafen. Er hatte die ganze Nacht gearbeitet.«
    »War er zu Hause,

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