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Der Außenseiter

Der Außenseiter

Titel: Der Außenseiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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nachdem
    er in aller Öffentlichkeit randaliert hatte. Als er in Gewahrsam genommen wurde, versuchte er, einen Beamten mit seiner Aktentasche zu schlagen.«
    »Hat er ihn getroffen?«
    »Nur gestreift. Wenn er nicht so ein Abziehbild wäre, müsste er jetzt mit einer Anklage wegen tätlichen Angriffs rechnen, und das ist eine ernste Sache.« Sein Mundwinkel zuckte ein wenig. »Ein großer Kämpfer ist Ihr Freund nicht gerade. Der Kollege von der Bahnpolizei, der ihn festgenommen hat, sagte, es wär wie ein Kampf mit einer Heuschrecke gewesen.«
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    »Was ist mit den Leuten, die er gerempelt hat?«
    »Die wollten keine Anzeige erstatten.«
    »Was bleibt dann, außer der Weigerung, sich zu äußern? Ich dachte, das wäre kein Verbrechen, sondern das Recht eines jeden Menschen.«
    »Es sei denn, man macht eine Gewohnheit draus.
    Er ist gestern Abend aus Amerika gekommen und wurde aus dem gleichen Grund eine Stunde festgehalten.«
    »Ach, verdammt noch mal!«, rief Andrew ungeduldig. »Das passiert ihm doch jedes Mal. Wenn sie ihn nicht nach seiner Meinung über bin Laden fragen, dann nach dem Kricketteam, das er unterstützt. Ich werde nie so etwas gefragt, und wenn, würde ich sagen, dass Osama ein toller Typ ist, nur um die Reaktion zu sehen.« Er beugte sich vor.
    »Wenn niemand Anzeige erstattet hat, haben Sie keinen Grund, ihn festzuhalten.«
    »Wir warten immer noch auf eine Erklärung, Mr. Spicer. Heathrow ist in Alarmbereitschaft wegen terroristischer Drohungen, das Gleiche gilt für alle anderen größeren Ballungsräume. Ungewöhnliches Verhalten wird sehr ernst genommen.«
    »Umso mehr, wenn der Verdächtige wie ein Araber aussieht, vermute ich.«
    Der Sergeant sagte nichts.
    »Wenn Sie seinen Pass haben, dann wissen Sie, dass er britischer Staatsangehöriger ist. Das hat früher mal was gezählt.«
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    »Er hat keinerlei Ausweispapiere bei sich, Sir.
    Darum haben wir Sie ja gebeten, hierher zu kommen.«
    Andrew war verblüfft. »Er muss doch seinen Pass dabei haben. Er ist ja richtig besessen von dem verdammten Ding … hat solche Angst, ihn zu verlieren, dass er sich ständig auf die Brusttasche klopft.«
    Der Sergeant schüttelte den Kopf. »Er hat keinen Pass bei sich.«
    »Und was ist mit seiner Brieftasche?«
    »Auch keine Brieftasche. Kein Geld. Keine Kreditkarten. Kein Zugbillett. Keine Eintrittskarte für Verdis Falstaff. Ihr Freund ist ein ziemliches Rätsel. Er hatte nichts in seiner Aktentasche als ein Kartenhandy – mit leerer Batterie – und einige Briefe, die unter der Anschrift Ihrer Agentur an ihn gerichtet waren. Unter diesen Umständen ist seine Weigerung zu kooperieren doch reichlich seltsam. Man sollte eigentlich meinen, er hätte nichts Eiligeres zu tun, als nachzuweisen, wer er ist.«
    »Oder erklärlich«, konterte Andrew. »Wann ist es Ihnen zuletzt passiert, dass innerhalb von vierundzwanzig Stunden zweimal Ihre Identität überprüft wurde? Meine haben Sie nicht geprüft. Wieso bin ich ohne Pass total vertrauenswürdig und mein Freund nicht? Hat er vielleicht Recht? Ist man in diesem Land eine Unperson, wenn man keine Papiere hat und eine dunkle Haut?«
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    »Sie sind aus freien Stücken gekommen, Sir, Mr. Hughes nicht. Er wurde rechtmäßig angehalten und aufgefordert, sich auszuweisen. Als er sich weigerte, wurde er festgenommen und hierher gebracht. Hätte er unsere Fragen beantwortet, so wäre er freigelassen worden, sobald wir die Bestätigung erhalten hätten, dass seine Auskünfte richtig waren.«
    »Was waren das für Fragen?«
    »Anschrift, Beruf, nächste Angehörige, Grund der Reise nach Amerika. Nichts Ungewöhnliches …
    und nichts, was wir unter den gleichen Umständen nicht auch einen Weißen fragen würden.«
    »Ich habe Ihnen gesagt, was er beruflich macht, genau genommen ist er also Dr. Hughes und nicht Mr. Hughes. Er hat eine Wohnung in West Kensington – Columbia Street oder Road 2b, wenn ich es richtig im Kopf habe –, und seine nächsten Angehörigen sind seine Eltern, die er allerdings seit Jahren nicht mehr gesehen hat. Sie haben sich scheiden lassen, kurz bevor er nach Oxford ging, und ich glaube, seine Mutter ist in ihr Geburtsland zurückgekehrt. Was aus seinem Vater geworden ist, weiß er nicht – und es interessiert ihn auch nicht.
    Nach Amerika ist er geflogen, um am Begräbnis eines seiner Studenten teilzunehmen, der bei einem rassistischen Angriff auf einer New Yorker Straße ums Leben kam.« Er sah wieder durch das Fenster.
    »Jon –

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