Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Außenseiter

Der Außenseiter

Titel: Der Außenseiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
Vom Netzwerk:
lebendig.«
    »Vielleicht mag ich ihn.«
    227

    »So ein Blödsinn«, versetzte Roy wegwerfend.
    »Das Einzige, was du magst, ist sein Geld. Du lebst doch wie die Made im Speck.«
    »Jemand musste sich schließlich um ihn kümmern.«
    Er lachte verächtlich. »Mir kommen gleich die Tränen. Du hast gedacht, du kriegst ’ne brave kleine Miezekatze – stattdessen hast du dir einen sabbernden Irren eingehandelt, bei dem sämtliche Sicherungen durchgebrannt sind.«
    Ihre hellen Augen glitzerten gehässig. »Er betet mich an«, sagte sie. »Immer schon. Mit mir fühlt er sich besser.«
    »Nur weil er nicht weiß, wer du bist.«
    Das stimmte, aber niemals würde sie das zugeben.
    Nick hatte einen schweren Hirnschaden erlitten, als ihn vor sieben Jahren in London zwei Polizisten mit dem Kopf voraus an einen Lampenpfosten ge-rammt hatten, ehe sie darangegangen waren, ihn mit ihren Stiefeln zu bearbeiten. Sie behaupteten später, sie hätten ihn mit einem Drogenhändler verwechselt, von dem bekannt war, dass er eine Schusswaffe trug. Die Tatsache, dass weder eine Schusswaffe noch härtere Drogen als ein paar Beruhigungsmittel bei ihm gefunden wurden, und dass man ihn drei Stunden in einer Zelle festgehalten hatte, bevor er medizinisch versorgt wurde, brachte ihm eine Summe von zweihunderttausend Pfund wegen schwerer Körperverletzung und un-228

    rechtmäßiger Festnahme ein. Fünf Jahre hatten seine Anwälte gebraucht, um die Sache durchzu-fechten, aber Cill war sicher gewesen, dass es sich am Ende lohnen würde, Roy abzuschieben, um bei einem Krüppel Florence Nightingale zu spielen.
    »Du wirst ihm auch nicht nachweinen, Schatz«, sagte sie und strich mit weicher Hand Roys Rücken hinauf. »Ich hab immer gesagt, dass ich teile, und das tu ich auch.« Sie grub ihre Fingernägel in seinen Nacken. »Außerdem hast du doch gesagt, dass ich’s tun soll.«
    Er bohrte sich die Finger in die Augenhöhlen.
    »Eines Tages schlag ich doch noch zu, Cill.«
    Sie berührte mit den Lippen seine Wange. »Red keinen Quatsch, Süßer. Ich bin doch die einzige Frau, die du je geliebt hast.«
    Erst als Andrew auf die A31 fuhr und aufs Gas trat, riss Jonathan sich aus seiner Schweigsamkeit.
    »Danke.«
    »War mir ein Vergnügen. Wir halten an der nächsten Raststätte und essen etwas. Auf dem M27 ist eine.«
    »Ich brauch nichts. Mach dir um mich keine Sorgen.«
    »Tu ich auch nicht. Aber um mich mach ich mir Sorgen. Ich habe seit dem Frühstück nichts mehr gegessen.« Er warf einen Seitenblick auf Jonathans müdes Gesicht. »Und du wirst auch was essen, 229

    mein Lieber, ob du willst oder nicht. Du kannst nicht ewig hungern – wenn du bei Verstand bleiben willst.«
    »Ich hungere gar nicht.«
    »Wieso hängen dir dann die Kleider am Leib wie einer Vogelscheuche?« Er setzte den Blinker und fuhr auf die Überholspur. »Du kannst heute Nacht bei mir bleiben, und morgen bring ich dich zu meinem Arzt.«
    »Das geht nicht. Ich habe um elf einen Tutoren-kurs.«
    »Ich ruf die Fakultät an und sage, dass du erst am Montag wieder kommst.«
    »Ich kann wirklich …«
    »Hör auf damit«, sagte Andrew scharf. »Ich bin quer durch halb England gefahren, um dich da rauszuholen. Da kannst du dich doch wohl mal nach mir richten. Mindestens wird dir der Arzt ein paar gute Schlaftabletten verschreiben.«
    Jonathan schüttelte den Kopf. »Die wirken nicht.
    Ich hab’s versucht – wenn das Hirn nicht abschalten kann, hilft gar nichts.«
    »Ist es Emma?«
    Jonathan lachte ohne Heiterkeit. »Nein.«
    »Was ist dann das Problem?«
    Es dauerte einen Moment, ehe Jonathan antwor-
    tete. »Das Übliche«, sagte er, plötzlich resigniert, als hätte er eingesehen, dass Andrew für seine Mühe etwas verdiente. »Ich verwünsche den Tag, 230

    an dem ich in dieses fürchterliche Land hineinge-boren wurde – ich wollte, ich wäre weiß und reich.
    Das ist echte Apartheid. Entweder gehört man dazu oder man gehört nicht dazu.«
    Er sprach mit so viel Bitterkeit, dass Andrew keinen Zweifel hatte, dass er glaubte, was er sagte.
    Vielleicht war es ja auch wahr. »Wer sagt, dass du nicht dazugehörst?«
    Noch so ein Lachen ohne Erheiterung. »Du meinst, abgesehen von Einwanderungsbeamten, Polizisten, Wirten in Dorset und allen anderen, die einem gern eine versetzen?«
    »Richtig, abgesehen von denen«, stimmte Andrew gelassen zu.
    »Die Leute sind alle voller Vorurteile – seit dem Angriff auf das World Trade Center ist es nur schlimmer geworden.«
    »Der war vor

Weitere Kostenlose Bücher