Der Automatische Detektiv
lieber Junge.«
Sie zog mich am Arm, aber ich rührte mich nicht.
»Ach, Mack, bin ich wirklich so furchteinflößend?«
Lucia stand vor mir. Sie war hundertunddrei Pfund matschiges Protoplasma, das ich ohne mit der Optik zu zucken zerquetschen konnte. Falls meine Optiken überhaupt zucken konnten. Sie jagte mir eine Heidenangst ein.
Keine Ahnung, warum, aber so war es.
»Ich werde brav sein.« Sie lockerte meine Krawatte. »Ich versprech's.«
Mir fiel kein guter Grund ein, nicht zu bleiben, also gab ich auf, obwohl ich es besser wusste. Lucia ging, um sich für die Nacht umzuziehen, und Humbolt zeigte mir, wo ich mich aufladen konnte.
»Die beste Steckdose im Haus«, versicherte er mir. »Wenn Sie mich jetzt entschuldigen wollen, Mack, ich muss der Lady die Wanne füllen.«
Ich steckte mich ein, trat aber noch nicht ganz in meinen Ladezyklus ein. Ich hatte davon gehört, dass Biologischen zu viel im Kopf herumging, um einschlafen zu können, aber als Robo hätte ich das Problem nicht haben dürfen. Vielleicht war ich menschlicher, als ich zugeben wollte, und offen gesagt, mir gefiel das nicht. Die Existenz ist einfach, wenn man nur eine Maschine ist. Es gibt keine Komplikationen, keine unangebrachten Zwänge. Nur Funktionalität. Eintönige, berechenbare Funktionalität.
Verdammt, wie ich das vermisste!
Ich verbrachte sieben Minuten damit, aus dem Penthousefenster auf die kreisenden Geschützdrohnen zu starren, auf die Lichter der Stadt unter mir und die monumentalen Wolkenkratzer.
Ich scannte Lucias Spiegelbild in der Glasscheibe, als sie hinter mich trat. Halb hatte ich erwartet, dass sie ein durchsichtiges Nachthemd überziehen würde, aber sie trug einen blauen Pyjama.
»Ich dachte, du wärst inzwischen offline.«
Sie trat neben mich, und wir bewunderten siebzig Sekunden lang die Aussicht.
»Du machst dir Sorgen um sie, nicht?«, fragte sie. »Um deine Freunde.«
»Ja.«
»Ihnen geht's gut, Mack, und du wirst sie finden.«
»Nein, tut es nicht«, sagte ich. »Sie sind tot oder fort. Oder irgendwo, wo ich sie niemals finden werde.«
»Warum suchst du dann noch?«, fragte sie.
Ich versuchte, mir eine gute Antwort einfallen zu lassen, doch die einzige, die mir einfiel, war nicht besonders sinnvoll.
»Weil ich muss.«
»O Mack, du armes Baby!«
Ich verstand nicht, warum sie das sagte, aber sie schien es auf jeden Fall ernst zu meinen. Sie hob meine Hand und presste ihre Wange gegen meinen Handrücken. Es war kaum ein Säuseln auf meinem sensorischen Netz, aber irgendwie fühlte es sich beruhigend an.
»Ruh dich ein bisschen aus. Morgen wirst du dich funktionaler fühlen.« Sie küsste meinen Handrücken. »Gute Nacht, Mack.«
Sie war halb durch den Raum, als ich meinen blödsinnigen Vokalisierer aktivieren musste.
»Lucia, ich weiß Ihre Hilfe zu schätzen, aber Sie wissen, dass das nirgendwo hinführen kann.«
»Was kann nirgendwo hinführen?«
»Diese Sache. Diese Sache zwischen uns.«
»Welche Sache?«, fragte sie, aber ich konnte an ihrem leichten Lächeln erkennen, dass sie genau wusste, wovon ich sprach.
»Es ist nichts Persönliches«, sagte ich. »Es ist nur logisch.«
»Mack, ich glaube, du hast einen falschen Eindruck gewonnen«, sagte sie. »Ich bin noch nicht bereit für etwas Ernsthaftes. Ich muss mich noch austoben. Du bist ein toller Kerl, wirklich, aber …«
»Ich bin kein Kerl.«
»Ja, ja, Roboter. Ich hab's kapiert, Mack. Als ob ich das vergessen würde!« Sie schnaubte. »Als würdest du es mich je vergessen lassen! Als würdest du das überhaupt jemanden jemals vergessen lassen!«
»Tut mir leid.« Ich wusste nicht, warum ich mich entschuldigte.
»Vergiss es, Mack. Vergiss die ganze Sache.«
Plötzlich fühlte ich mich wie ein Blödmann. In einer Sechstelsekunde von Verwirrt zu Idiot. Konnte nicht analysieren, warum, aber ich musste etwas falsch gemacht haben. Oder vielleicht reagierte Lucia über. Biologische taten das, Opfer ihrer eigenen matschigen Gehirne und dieser beliebigen chemischen Reaktionen, die darin stattfanden.
»Lucia …«
Sie verließ den Raum, stürmte zwar nicht direkt hinaus, aber es kam dem nahe.
»Sie können wirklich gut mit Leuten umgehen«, sagte Humbolt.
»Konstruktionsfehler«, sagte ich. »Ich verstehe Biologische einfach nicht.«
»Was gibt's da zu verstehen? So kompliziert sind die doch nicht, Mann. Nehmen Sie zum Beispiel den Boss. Sie spielt gern das sorglose, lockere, verwöhnte reiche Mädchen, aber sie hat genug davon.
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