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Der Azteke

Der Azteke

Titel: Der Azteke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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»Ein Zufall, über den nachzudenken sich wirklich lohnt«, und trank meinen Becher Octli aus. Immerhin gab das Getränk mir einen Gedanken ein, den ich dann auch ausdrückte: »Nun, seinem Priestertum hat er schon vor langer Zeit entsagt, und jetzt hat er zwei rechtmäßige Frauen und wird sich noch mehr nehmen. Hoffen wir, daß er irgendwann seine Abneigung gegen Nezahualpíli aufgibt. Und hoffen wir auch, daß er niemals erfährt, welche Rolle wir beim Sturz seiner erlauchten Cousine gespielt haben.«
    Fröhlich meinte Cozcatl: »Keine Sorge. Der gute Nezahualpíli hat darüber nie auch nur ein Sterbenswörtchen verlauten lassen. Ahuítzotl hat uns mit dieser Angelegenheit nie in Zusammenhang gebracht, und Motecuzóma tut es auch nicht, sonst würde er wohl kaum meine Schule fördern.«
    Erleichtert sagte ich: »Du hast wahrscheinlich recht.« Dann lachte ich und sagte: »Dir können Sorgen und sogar Schmerz anscheinend nichts anhaben.« Ich zeigte auf seine Poquietl. »Tust du dir nicht selbst ernstlich weh?«
    Er hatte offensichtlich gar nicht gemerkt, daß er die Hand, mit welcher er sein angezündetes Rauchröhrchen hielt, soweit gesenkt hatte, daß die Glut seine nackte Haut des anderen Arms berührte. Als ich ihn darauf aufmerksam machte, riß er die Poquietl mit einem Ruck fort und betrachtete mißmutig den roten Brandfleck, den sie auf seiner Haut hinterlassen hatte.
    »Manchmal denke ich angestrengt an etwas ganz anderes«, murmelte er, »und dann merke ich … Kleinigkeiten wie diese gar nicht.«
    »Kleinigkeiten?« sagte ich. »Das muß doch mehr schmerzen als ein Wespenstich. Ich rufe Türkis, damit sie eine Salbe bringt.«
    »Nein, nein, ich merke … ich spüre das kaum«, sagte er und stand auf. »Ich komme dich bald wieder besuchen, Mixtli.«
    Er verließ gerade das Haus, als Béu Ribé von irgendeiner Besorgung heimkehrte. Cozcatl begrüßte sie herzlich wie immer, doch das Lächeln, mit dem sie ihn ansah, wirkte recht gezwungen, und nachdem er fort war, sagte sie zu mir:
    »Ich habe seine Frau auf der Straße getroffen, und wir haben ein paar Worte gewechselt. Quequelmiqui muß wissen, daß ich über Cozcatls Geschichte Bescheid weiß und seine Wunde und ihre Vernunftehe. Sie schien jedoch strahlend glücklich und sah mich an, als wollte sie mich zu einer Bemerkung herausfordern.«
    Ein wenig müde vom Ocli-Genuß, sagte ich: »Eine Bemerkung worüber?«
    »Darüber, daß sie schwanger ist. Das sieht jede Frau.«
    »Du mußt dich irren«, sagte ich. »Du weißt doch, daß das unmöglich ist.«
    Sie bedachte mich mit einem ungeduldigen Blick.
    »Unmöglich vielleicht, aber irren tue ich mich nicht. Selbst eine alte Jungfer sieht so etwas sofort. Es kann nicht mehr lange dauern, bis auch ihr Mann etwas merken muß. Und was dann?«
    Auf so eine Frage gab es keine Antwort. Béu erwartete wohl auch keine, denn sie verließ den Raum und ließ mich nachdenklich zurück. Ich hätte mir darüber klar sein sollen, daß Kitzlig, als sie zu mir kam und mich aufforderte, ihr zu der einen Erfahrung zu verhelfen, welche ihr Mann ihr nicht geben konnte, an etwas Dauerhafteres gedacht hatte als nur dieses eine Mal. Sie wollte ein Kind – wollte selber eine Cocóton haben –, und wer war besser geeignet, es ihr zu geben, als Cocótons geliebter Vater? Mit größter Wahrscheinlichkeit hatte Kitzlig, als sie zu mir kam, bereits Fuchsfleisch gegessen oder vom Cihuapátli-Kraut genossen, welches als sicheres Mittel gilt, daß eine Frau auch wirklich empfängt. Nun, ums Haar wäre ich auf ihre Schmeicheleien hereingefallen. Nur Béus unerwartetes Eintreffen hatte mir einen Vorwand geliefert, sie abzuweisen. Infolgedessen war ich nicht der Vater, und da Cozcatl es nicht sein konnte, mußte es ein anderer Mann sein. Kitzlig hatte keinen Zweifel daran gelassen, daß sie auch noch zu anderen Mitteln greifen würde. Ich sagte mir: Als ich sie von hier fortschickte, blieb ihr noch der ganze Tag …
    Ohne Zweifel hätte ich die ganze Angelegenheit ernster nehmen sollen, doch war ich damals vollauf damit beschäftigt, Motecuzómas Befehl nachzukommen, sämtliche Karten abzuliefern, welche ich auf meinen Reisen angefertigt hatte. Ich nahm mir in Befolgung dieses Befehls einige Freiheiten heraus und lieferte nicht die Originalkarten im Palast ab, sondern nahm mir die Zeit, Kopien von allen anzufertigen, die ich eine nach der anderen ablieferte, sobald sie fertiggestellt waren. Die Verzögerung entschuldigte ich damit daß

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