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Der Azteke

Der Azteke

Titel: Der Azteke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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wie möglich.« Nach einer Pause fuhr er fort: »Wenn du es getan hättest, wäre ich zwar verletzt gewesen, aber ich hätte es ertragen.«
    Mit einer Hand strich er sich über einen sonderbar bleichen, fast silbrigen Fleck auf der Wange. Ich überlegte schon, ob er sich wohl, ohne es zu merken, wieder verbrannt hatte, doch dann fiel mir auf, daß die Finger, mit denen er es tat, an den Kuppen ganz farblos waren. Er fuhr fort: »Meine arme Quequelmiqui. Ich glaube, sie hätte die Ehe mit einem geschlechtslosen Mann ausgehalten. Aber nachdem sie eine solche mütterliche Liebe für deine Tochter entwickelt hatte, war es ihr unmöglich, eine unfruchtbare Ehe zu ertragen.«
    Er blickte zum Fenster hinaus und machte ein unglückliches Gesicht. Mein Töchterchen spielte mit einigen ihrer Freunde draußen auf der Straße.
    »Ich hatte gehofft … ich habe versucht ihr eine Ersatzbefriedigung zu verschaffen. Ich habe eine Sonderklasse für die Kinder jener Diener eingerichtet, die meine Schule bereits besuchen, und wollte sie darauf vorbereiten, als Dienstboten in die Fußstapfen ihrer Eltern zu treten. Das eigentliche Ziel, das ich damit verfolgte, war jedoch, die Sehnsucht meiner Frau abzulenken und sie dazu zu bringen, diese Kinder lieb zu gewinnen. Aber es waren die Kinder anderer Leute … und sie kannte sie auch nicht von klein auf, wie das bei Cocóton der Fall war …«
    »Schau, Cozcatl«, sagte ich. »Dieses Kind in ihrem Schoß stammt nicht von dir. Das hätte nie sein können. Aber bis auf den Samen ist es ihr Kind. Und sie ist deine geliebte Frau. Stell dir doch vor, du hättest eine Witwe mit einem kleinen Kind geheiratet. Hättest du denn Qualen ausgestanden, wenn das der Fall gewesen wäre?«
    »Dasselbe hat sie mir auch schon gesagt«, erwiderte er rau. »Aber verstehst du, das wäre kein Betrug gewesen. Nach all diesen Jahren einer glücklichen Ehe. Glücklich zumindest für mich.«
    Ich rief mir die Jahre ins Gedächtnis, da Zyanya und ich einander alles gewesen waren, und versuchte mir vorzustellen, wie mir zumute gewesen wäre, wäre sie mir jemals untreu gewesen, und so sagte ich schließlich: »Ich habe aufrichtig Verständnis für dich, mein Freund. Aber es ist nun mal Sache deiner Frau. Sie ist eine schöne Frau, und das Kind wird bestimmt reizend. Ich kann dir fast versprechen, daß du es bald anerkennen und in dein Herz schließen wirst. Ich kenne dein freundliches Wesen, und ich weiß, daß du ein vaterloses Kind genauso innig lieben kannst wie eine mutterlose Tochter.«
    »Nun, von vaterlos kann ja wohl gerade nicht die Rede sein«, knurrte er.
    »Es ist das Kind deiner Frau.« Ich ließ nicht locker. »Du bist ihr Mann. Du bist sein Vater. Wenn sie nicht einmal dir gegenüber einen Namen nennt, plaudert sie es bestimmt nirgendwo anders aus. Und was die körperlichen Umstände betrifft – wer sonst weiß das noch? Béu und ich, gewiß, aber du kannst versichert sein, daß wir nie ein Sterbenswörtchen darüber verlauten lassen würden. Blut Schwelger ist längst tot, und der alte Palastarzt, der dich nach dem Unfall behandelt hat, auch. Ich wüßte niemand, der …«
    »Ich aber wohl«, fiel er mir verbittert in die Rede. »Der Mann, welcher der Vater ist. Wer weiß, vielleicht ist es ein Trunkenbold, der schon seit Monaten in jeder Hafenschenke mit seiner Eroberung herumprahlt. Wer weiß, vielleicht klopft er eines Tages an unsere Tür und verlangt …«
    Ich sagte: »Man sollte schon meinen, daß Kitzlig sich genau überlegt hat, wen sie sich aussucht, und mit der gebotenen Vorsicht vorgegangen ist«, wiewohl ich mir dessen insgeheim nicht so sicher war.
    »Da ist noch etwas«, fuhr Cozcatl fort. »Sie hat jetzt das natürliche Geschlechtsleben kennengelernt … Kann sie jemals noch von … von meiner Art befriedigt werden? Steht nicht zu befürchten, daß sie sich wieder einen Mann sucht?«
    Streng sagte ich: »Du quälst dich mit Möglichkeiten, zu denen es vermutlich nie kommen wird. Sie wollte ein Kind, das ist alles, und jetzt bekommt sie dieses Kind. Ich kann dir versichern, daß junge Mütter kaum Zeit haben, Männern nachzulaufen.«
    »Yya ouiya«, seufzte er heiser. »Wärest du doch bloß der Vater, Mixtli! Wenn ich wüßte, daß es mein ältester und bester Freund gewesen ist … gewiß, es hätte eine Zeitlang gedauert, aber irgendwann wäre ich darüber hinweggekommen …«
    »Hör auf damit, Cozcatl!« Er flößte mir das Gefühl ein, doppelt schuldig zu sein – daß nicht viel

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