Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Azteke

Der Azteke

Titel: Der Azteke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
Vom Netzwerk:
sind, handelte es sich doch um nichts weiter als um eine abergläubische Handlung seitens der Indianer, welche wohl erst vor vergleichsweise wenigen Jahren begangen wurde. Angestiftet wurden sie dazu von einem augenscheinlich gefallenen oder abtrünnigen spanischen Priester, welcher sich zuvor eines unaussprechlich profanen Diebstahls schuldig gemacht. Weshalb wir uns voller bedauern schriftlich an die Congregatio de Propagande Fide gewandt, unsere Leichtgläubigkeit eingestanden und gebeten haben, unser falsches Beweismaterial nicht zur Kenntnis zu nehmen. Da alle anderen offenbaren Verbindungen zwischen dem Heiligen Thomas und der mythischen Gefiederten Schlange rein auf Indizien beruhen, steht zu erwarten, daß die Congregatio Euer Majestät Hinweis darauf, daß es sich bei der indianischen Gottheit in Wahrheit um den Apostel Thomas gehandelt haben könne, welchselbiger sich zwecks Bekehrung der Heiden in der Neuen Welt aufgehalten habe, ad acta legen wird – zumindest solange, bis neue Beweise vorgelegt werden können.
    Es betrübt uns, Euer Majestät eine so enttäuschende Meldung machen zu müssen, doch möchten wir mit allem Nachdruck darauf hinweisen, daß es nicht an unserem Eifer lag, die scharfsichtigen Gedankengänge Eurer Allerbewundertsten Majestät noch deutlicher zu machen.
    Es war ausschließlich die Schuld dieses Affen von Azteken!
    Er war sich klar darüber, daß wir in den Besitz jenes Kästchens gelangt waren, welches das Sakrament enthielt, frisch und unversehrt erhalten und, wie wir meinten, fünfzehn Jahrhunderte hindurch. Er war sich im klaren über die ungeheure Erregung, in welche dieser Fund uns und jeden anderen Christen allhier versetzte. Besagter Indianer hätte uns schon damals sagen können, wie das Kästchen dorthin gekommen war, wo es aufgefunden wurde. Er hätte unsere vorschnelle Begeisterung ob dieser Entdeckung ebenso verhindern können wie die vielen Gottesdienste, welche abgehalten wurden, sie zu feiern, und die hohe Verehrung, welche dieser dem Anschein nach göttlichen Reliquie entgegengebracht wurde. Zuvörderst hätte er verhindern können, daß wir uns zum Narren machten, indem wir die Angelegenheit so überstürzt und fälschlich nach Rom meldeten.
    Doch nein! Der schändliche Azteke beobachtete all die Aufregung und den Jubel, wobei er sich zweifelsohne insgeheim voller Bosheit darüber lustig machte, und sagte kein Wort, um uns vor unserem Irrtum zu bewahren. Erst zu spät, erst, als er in seiner Erzählung soweit war, und auch da nur beiläufig, erwähnte er, woher die Kommunionsoblaten wirklich stammten und wieso es dazu kam, daß sie in Tula verborgen wurden. Wir selbst fühlen uns nicht wenig gedemütigt, wissen wir doch, wie unsere Oberen in Rom sich amüsiert haben oder aber verzweifelt darüber waren, daß wir einem Schabernack aufgesessen sind. Was uns jedoch noch unendlich mehr zerknirscht macht, ist, daß wir, in unserem Eifer, die Congregatio dieserhalb zu informieren, Euer Allerverehrteste Majestät, unseren Kaiser und König dem Verdacht einer ähnlichen Leichtgläubigkeit ausgesetzt haben – und das ungeachtet der Tatsache, daß wir die Tat im guten Glauben getan, Euer Majestät die ganze Anerkennung zuteil werden zu lassen für etwas, was wahrhaftig Grund gewesen wäre, in der ganzen Christenheit zu frohlocken und zu jauchzen.
    Wir bitten Euch und vertrauen darauf, daß Ihr die Schuld für das für uns beide peinliche Vorkommnis dort sucht, wo sie zu finden ist: Bei dem verschlagenen und hinterhältigen Indianer, dessen Schweigen, wie jetzt offenkundig, genauso unerhört sein kann wie manches von dem, was er äußert. (Auf den nachfolgenden Seiten – falls Ihr es glauben könnt, wenn Ihr es lest – Sire, benutzt er unsere edle castilische Sprache als Vorwand, um Worte auszusprechen, wie sie mit Absicht gewißlich noch nie den Ohren eines Bischofs zugemutet worden sind!) Vielleicht nimmt unser Oberster Lehensherr Kenntnis davon, daß, wenn dieses Geschöpf die Unverfrorenheit besitzt, den Stellvertreter Euer Majestät allhier zu foppen, er damit auch Euer Majestät selbst foppt, und zwar keineswegs unabsichtlich! Vielleicht, Sire, seid Ihr nunmehr gleich uns der Meinung, daß der Tag längst fällig ist, da wir auf die Dienste dieses verruchten alten Barbaren verzichten können, dessen unwillkommene Gegenwart und unheilsame Enthüllungen wir nunmehr seit über anderthalb Jahren über uns ergehen lassen müssen.
    Bitte, verzeiht die Kürze, die

Weitere Kostenlose Bücher