Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Azteke

Der Azteke

Titel: Der Azteke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
Vom Netzwerk:
so unausstehlich gewesen wie früher, hätte ich jeden Vorwand ergriffen, fortzukommen, und wenn ich irgendeinen Trupp Krieger in einen Krieg hätte führen müssen. Doch zum erstenmal hatte ich keinen Grund und lag auch keine Notwendigkeit für mich vor, weiterzulaufen und all die Wege und all die Tage bis zum Ende zu erforschen. Ich konnte mir sogar einreden, ich hätte diese lange Ruhepause und das leichte Leben verdient, welches mein Reichtum und meine Frau mir bieten konnten. Infolgedessen schickte ich mich nach und nach in ein geregeltes Leben, welches weder Anforderungen an mich stellte noch große Belohnung für mich bereithielt, mich jedoch immerhin beschäftigt hielt und nicht allzu langweilig war. Und zu alledem wäre ich nicht fähig gewesen, hätte sich nicht dieser Wandel mit Béu vollzogen.
    Wenn ich sage, daß sie sich gewandelt hatte, meine ich nur, daß es ihr gelang, ihre lebenslange Abneigung und die Verachtung meiner Person zu verhehlen. Nie hat sie mir Grund zu der Annahme gegeben, daß diese Gefühle wirklich vergangen wären, aber sie ließ ihnen immerhin nicht mehr freien Lauf, und diese kleine Lüge genügte mir. Sie hörte auf, stolz und anmaßend zu sein und wurde sanft und fügsam wie die meisten anderen Frauen. In gewisser Weise vermißte ich die hochfahrende Frau sogar, die sie gewesen war, doch dieser Hauch von Bedauern wurde bei weitem aufgewogen durch die Erleichterung, es nicht mehr mit ihrem Eigensinn und ihrer Halsstarrigkeit aufnehmen zu müssen. Als Béu ihre einst überwältigende Persönlichkeit unterdrückte und die Unauffälligkeit einer Frau annahm, die ganz Ehrerbietung und Zuvorkommenheit war, konnte auch ich sie gleichermaßen zuvorkommend behandeln.
    Die Hingabe, mit der sie jetzt Hausfrau spielte, ließ auch nicht den leisesten Hinweis darauf erkennen, daß sie erwartete, ich würde vielleicht doch irgendwann einmal einen jener einzigen Ansprüche an sie stellen, die ich nie an sie gestellt hatte. Sie ließ nie verlauten, daß wir die Ehe richtig vollziehen sollten; niemals wieder versuchte sie, mich mit ihrer Fraulichkeit zu verführen, und nie beklagte sie sich darüber, daß wir in verschiedenen Kammern schliefen. Und ich bin froh, daß sie das nicht tat. Derlei Versuche zurückzuweisen, hätte die Ausgeglichenheit unseres Zusammenlebens gestört, und ich hätte sie nun einmal nie als Frau in die Arme schließen können. So traurig es war, aber Wartender Mond war so alt wie ich, und man sah ihr dieses Alter an. Von ihrer Schönheit, welche einst genauso groß gewesen war wie die Zyanyas, war nichts geblieben als ihre schönen Augen, und die sah ich nur selten. In ihrer neuen Rolle der Unterwürfigkeit bemühte Béu sich stets, sie züchtig niedergeschlagen zu halten und auch nie wieder die Stimme zu erheben.
    Früher hatte sie mich mit diesen Augen angefunkelt, hatte sie mich mit ihrer Stimme böse, kratzbürstig oder höhnisch angefahren. In ihrer neuen Verkleidung sprach sie jedoch nur noch leise und nicht viel. Verließ ich morgens das Haus, fragte sie wohl: »Wann möchtest du, daß das Essen für dich fertig ist, mein Gebieter, und was würdest du wohl gern essen?« Und wenn ich das Haus abends verließ, ermahnte sie mich wohl: »Die Nacht wird kalt, mein Gebieter, und du läufst Gefahr, dich zu erkälten, wenn du keinen wärmeren Umhang umnimmst.«
    Ich habe die Regelmäßigkeit meines Tagesablaufs erwähnt. Nun, er verlief folgendermaßen: Ich verließ mein Haus am Morgen und am Abend, um die Zeit auf die einzigen beiden Weisen zu verbringen, die mir einfielen.
    Jeden Morgen suchte ich das Haus der Fernhändler auf und verbrachte den größeren Teil des Tages dort, redete, hörte zu und trank die kräftige Schokolade, die von den Dienern gereicht wurde. Die drei Vorsitzenden, welche mich einst, vor einem halben Schock Jahre in diesen Räumen ausgefragt hatten, waren selbstverständlich längst gestorben. An ihre Stelle waren zahllose andere Männer wie sie gerückt: alt, fett, glatzköpfig, selbstgefällig und selbstsicher in ihrer Überzeugung, einen festen Platz in unserer Gesellschaft einzunehmen. Bis auf letzteres, war ich bis jetzt weder glatzköpfig noch fett geworden, noch fühlte ich mich wie ein alter Mann; sonst, vermute ich, hätte ich wohl als einer der ihren durchgehen können und tat kaum etwas anderes, als mich in Abenteuern zu sonnen, welche ich bestanden, und meinen augenblicklichen Wohlstand zu genießen.
    Bisweilen gab mir die Ankunft eines

Weitere Kostenlose Bücher