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Der Azteke

Der Azteke

Titel: Der Azteke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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gewesen«, habe ich euch fragen hören, »daß es zu so vielen durch nichts provozierten und völlig überflüssigen Kriegen zwischen befreundeten Völkern kommen konnte? Kriegen, bei denen keine Seite auch nur den Versuch machte, zu gewinnen?«
    Ich will mich bemühen, das zu erklären.
    Selbstverständlich war unseren Göttern jede Art von Krieg wohlgefällig. Jeder Krieger, der fiel, vergoß sein Lebensblut und brachte damit das kostbarste Opfer, das ein Mensch überhaupt darbringen kann. In einem Strafkrieg ging es stets um den entscheidenden Sieg; infolgedessen kämpften beide Seiten, um zu töten oder aber getötet zu werden. In einem solchen Krieg waren die Feinde, wie mein alter Waffenmeister es auszudrücken beliebte, Unkraut, das hingemäht werden mußte. Dabei wurden vergleichsweise wenige Gefangene gemacht, die man mit in die Heimat zurückbrachte, um sie später den Blumentod sterben zu lassen. Allerdings, ob ein Krieger auf dem Schlachtfeld starb oder auf dem Opferstein – in beiden Fällen galt sein Tod als Blumentod, ehrenvoll für ihn selbst und den Göttern wohlgefällig. Die einzige Schwierigkeit – falls ihr die Güte haben würdet, es einmal vom Standpunkt der Götter aus zu betrachten – bestand jedoch darin, daß solche Strafkriege nicht häufig genug geführt wurden. Wiewohl dabei viel Blut floß, das den Göttern als Speise diente, und viele Krieger in die Gegenwelt eingingen, wo sie den Göttern dienten, kam es nur hin und wieder zu solchen Kriegen. Es konnte geschehen, daß die Götter viele Jahre hindurch warten und Hunger und Durst leiden mußten. Das jedoch mißfiel ihnen, und im Jahre Ein Kaninchen sorgten sie dafür, daß wir es zu spüren bekamen.
    Das war etwa zwölf Jahre vor meiner Geburt, aber mein Vater erinnerte sich sehr lebhaft daran und erzählte uns häufig kopfschüttelnd davon. In jenem Jahr schickten die Götter unserer Hochebene die bitterste Winterkälte, die wir je erlebt hatten. Abgesehen von der schneidenden Kälte und den eisigen Winden, denen viel zu früh viele kleine Kinder, sieche ältere Leute und unsere Haustiere, ja, sogar die Tiere auf freier Wildbahn zum Opfer fielen, schneite es auch noch sechs Tage hindurch ununterbrochen, was unsere ganze Wintersaat vernichtete. Geheimnisvolle Lichterscheinungen wurden am Himmel sichtbar; wabernde Streifen aus kaltfarbenem Licht, welche mein Vater folgendermaßen beschrieb: „Das sind die Götter, die unheilverkündend über den Himmel schreiten, wobei nichts von ihnen zu sehen ist außer ihren Umhängen aus weißen, grünen und blauen Reiherfedern.«
    Doch das war erst der Anfang. Der Frühling setzte nicht nur der Kälte ein Ende, sondern brachte auch noch sengende Hitze; die Regenzeit kam, aber sie brachte keinen Regen; die Trockenheit vernichtete Ernten und Tiere genauso, wie es zuvor der Schnee getan. Doch damit nicht genug. Die folgenden Jahre waren genauso erbarmungslos, denn Hitze und Kälte und Trockenheit wechselten einander ab. In der bitteren Kälte froren unsere Seen zu; in der Trockenzeit schrumpften sie, das Wasser wurde lauwarm und reicherte sich mit Bittersalz an, so daß die Fische starben, mit blinkendem Bauch oben auf dem Wasser trieben und die Luft mit einem pestilenzialischen Gestank erfüllten.
    Das ging fünf oder sechs Jahre hindurch so; die älteren Leute in meiner Jugend sprachen davon als von den Harten Zeiten. Yya, ayya, böse Zeiten müssen das wahrhaftig gewesen sein, denn unserem Volk, unseren stolzen und aufrechten Macehuáltin, blieb oft nichts anderes übrig, als sich in die Sklaverei zu verkaufen. Denn, wie ihr wissen müßt, andere Völker außerhalb unserer Hochebene im südlichen Bergland und in den heißen Zonen an der Küste wurden von dieser Klimakatastrophe nicht betroffen. Sie boten uns einen Teil ihrer immer noch üppigen Ernten zum Tausch an, doch geschah das nicht aus Großherzigkeit; nein, sie wußten sehr wohl, daß wir kaum etwas anderes dagegen eintauschen konnten als uns selbst. Diese anderen Völker, zumal jene, die tief unter uns standen und uns feindselig gesonnen waren, waren nur allzu froh, »diese großspurigen Mexíca« als Sklaven zu kaufen und uns obendrein auch noch dadurch zu demütigen, daß sie grausam niedrige und erbärmliche Preise für sie zahlten.
    Der gängige Preis für einen Mann im arbeitsfähigen Alter betrug fünfhundert Maiskolben und für eine Frau, die noch Kinder bekommen konnte, vierhundert. Besaß eine Familie ein verkäufliches Kind,

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