Der Azteke
Mann, mehr von Adel und mehr ein Mexícatl als das willenlose Geschöpf auf dem Thron, zu welchem er sagte: »Es hat alles nur an mir gelegen, Verehrter Sprecher. Ich tat, was ich für richtig hielt. Kein Mann kann mehr tun.«
Motecuzóma sagte dumpf: »Du hast mir ernstlichen Schaden zugefügt. Doch der Tod und das Verderben, die du gesät hast, hat unseren Gästen noch ernstlicheren Schaden zugefügt als uns. Daher …« Und es war unglaublich, was der Verehrte Sprecher Der Einen Welt sagte: »Daher überlasse ich es dem Capitán-General Cortés, das Urteil zu sprechen. Soll er bestimmen, welche Strafe ihr verdient.«
Cortés hatte darüber offensichtlich schon früher nachgedacht, denn er fällte ein Urteil, von dem er sicher sein mußte, daß es jeden anderen Menschen abhalten würde, etwas gegen ihn zu unternehmen, und welches gleichzeitig eine Strafe war, mit welcher er allen unseren Überlieferungen Hohn sprechen und anderen Göttern trotzen wollte. Er befahl, daß die fünf des Todes sein, allerdings nicht den ehrenvollen Blumentod finden sollten. Kein Herz sollte irgendwelchen Göttern zur Speise gereicht, kein Blut zu Ehren irgendeines Gottes verspritzt werden, kein Fleisch oder Organ der Männer sollte auch nur im geringsten bei irgendeinem Opfer Verwendung finden.
Cortés ließ seine Soldaten eine Kette bringen; es war die längste Kette, welche ich jemals gesehen habe, wie eine aufgeringelte Boa Constrictor aus Eisen; später erfuhr ich, daß es sich um einen Teil von etwas handelte, was ihr Ankerkette nennt und was dazu dient, die schweren Schiffe auf dem Meeresgrund festzumachen. Die Soldaten hatten beträchtliche Mühe, sie herbeizuschaffen, und sie hat Cuaupopóca und seinen vier Kriegern gewißlich beträchtliche Schmerzen zugefügt; aber die gigantischen Kettenglieder wurden den Verurteilten mit Gewalt über den Kopf gestreift, so daß ein Kettenglied jedem Mann um den Hals saß wie ein eiserner Kragen. Sodann wurden sie ins Herz der Einen Welt gebracht, wo ein großer Holzbalken aufgerichtet worden war … dort drüben, auf dem Platz vor eurer Kathedrale, wo der Señor Obispo jetzt seinen Schandpfahl stehen hat, an welchem Missetäter der öffentlichen Verunglimpfung preisgegeben werden. Die Kette wurde oben an dem schweren Balken befestigt, so daß die fünf Männer im Kreis standen, den Rücken dem Pfahl zugewandt und diesem durch die Kette verbunden. Dann wurde zu ihren Füßen kniehoch ein Stoß chapopotli getränkten Holzes aufgeschichtet und in Brand gesetzt.
Eine solche Art der Bestrafung – eine absichtlich unblutige Hinrichtung – hatte man in diesen Landen nie zuvor gekannt, und so kam fast jeder in Tenochtítlan herbei, um zuzusehen. Ich jedoch sah zu, während ich neben dem Priester Bartolomé stand, welcher mir anvertraute, solche Verbrennungen seien in Spanien an der Tagesordnung und eigneten sich insbesondere für die Hinrichtung von Feinden der Heiligen Kirche, weil die Kirche ihren Klerikern von jeher verboten habe, Blut zu vergießen, selbst wenn es um die schlimmsten Sünder gehe. Es ist ein Jammer, meine Herren Skribenten, daß es eurer Kirche dadurch versagt ist, sich gnädigerer Hinrichtungsmethoden zu bedienen. Denn ich habe zu meiner Zeit viele Arten von Hinrichtungen und des Sterbens gesehen, doch keine war grauenhafter, meine ich, als diejenige, welche Cuaupopóca und seine Befehlshaber an diesem Tage erleiden mußten.
Eine Zeitlang ertrugen sie es standhaft, noch als die ersten Flammen an ihren Beinen hochzüngelten. Ihr Gesicht über dem Eisenkragen der Kettenglieder war ruhig und gefaßt. Sonst waren sie nicht an den Pfahl gebunden, doch sie strampelten weder mit den Beinen noch fuchtelten sie mit den Armen oder wehrten sich sonst auf irgendeine unwürdige Weise. Doch als die Flammen ihren Schritt erreichten, ihr Schamtuch wegbrannten und das ansengten, was darunter war, verzerrten sich ihre Gesichter vor Schmerz. Jetzt brauchte das Feuer nicht mehr durch Holz und Chapopótli genährt zu werden; es griff auf die natürlichen Körperfette der Haut und der darunterliegenden Gewebe über. Statt verbrannt zu werden, brannten die Männer jetzt selbst, und die Flammen schlugen so hoch, daß wir ihre Gesichter kaum noch erkennen konnten. Freilich sahen wir, daß ihr Haar lichterloh aufflammte, und dann hörten wir, wie die Männer anfingen zu schreien.
Nach einer Weile verstummten die Schreie und wurden zu einem hohen Gewinsel, welches über dem Knistern und Knacken
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