Der Azteke
die Stadt gebracht, wo der Schnellbote sie unter vier Augen vor Cortés wiederholte. Seine Nachricht lautete, daß es zu schwerwiegenden Zwischenfällen an der Küste gekommen sei.
Folgendes war geschehen. Ein Mexícatl-Tributeintreiber namens Cuaupopóca, welcher wie gewöhnlich etlichen tributpflichtigen Stämmen mit einer Eskorte von Mexíca-Kriegern seinen jährlichen Besuch abstattete, hatte den Jahrestribut von den Huaxtéca eingesammelt, welche gleichfalls an der Küste lebten, allerdings nördlich von den Totonáca. Er war daraufhin mit einer Kolonne von Huaxteca-Trägern, welche ausgehoben worden waren, ihre eigenen Tribute nach Tenochtítlan zu bringen, weiter nach Süden ins Totonáca-Land gezogen, wie er es nun schon seit vielen Jahren immer getan. Als er jedoch die Hauptstadt Tzempoálan erreichte, entsetzte er sich darüber, daß die Totonáca sich auf sein Eintreffen nicht im mindesten vorbereitet hatten. Es waren keinerlei Waren zum Weitertransport bereitgestellt worden; es standen keine Männer bereit, als Träger zu dienen; der Herrscher, Patzinca, hatte für Cuaupopóca nicht einmal eine Liste vorbereitet, aus der hervorging, worin die Tributzahlungen eigentlich bestehen sollten.
Da er aus den nördlichen Hinterlanden kam, hatte Cuaupopóca nichts von dem Mißgeschick gehört, welches die fünf Beamten des Schatzamtes erfahren, die ihm immer vorausgezogen waren, und hatte nicht die geringste Ahnung von all den Geschehnissen seither. Motecuzóma hätte ihm ohne weiteres Nachricht zukommen lassen können, hatte das jedoch versäumt. Und ich werde nie wissen, ob der Verehrte Sprecher das nun unter dem Druck so vieler anderer Ereignisse einfach vergessen hatte, oder ob er sich mit Bedacht entschlossen hatte, das Eintreiben der Tribute weitergehen zu lassen wie immer, nur um abzuwarten, was denn nun eigentlich geschehen würde. Nun, Cuaupopóca versuchte, seine Pflicht zu tun. Er verlangte von Patzinca die Tribute, und dieser drehte und wand sich wie gewöhnlich, weigerte sich jedoch, dem Begehren nachzukommen, und zwar unter dem Hinweis darauf, er unterstehe nicht mehr dem Dreibund. Er habe neue Herren, weiße, welche in einem befestigten Dorf weiter unten am Strand lebten. Winselnd schlug Patzinca vor, daß Cuaupopóca sich an den weißen Befehlshaber dort wende, einen gewissen Juan de Escalante.
Aufgebracht und ohne recht zu verstehen, was hier eigentlich vorging, jedoch entschlossen, führte Cuaupopóca seine Männer nach Villa Rica de la Vera Cruz, wo er in einer unverständlichen Sprache, die er nicht verstand und von der er nur merkte, daß sie beleidigend klang, mit Hohn übergossen wurde. Infolgedessen tat er, ein einfacher Tributeintreiber, was der mächtige Motecuzóma bis jetzt noch nicht getan hatte; er weigerte sich, sich derart von oben herab behandeln zu lassen und er weigerte sich heftig, unter Anwendung von Gewalt und mit Entschlossenheit. Möglich, daß Cuaupopóca damit einen Fehler beging, aber er beging ihn in der hochfahrenden und herrischen Art, wie man sie von den Mexíca erwartete. Patzinca und Escalante begingen den noch größeren Fehler, ihn dazu herauszufordern, denn sie hätten sich darüber im klaren sein müssen, wie verwundbar sie waren. Das gesamte Heer der Totonáca war zusammen mit Cortés fortgezogen und praktisch sein eigenes auch. Tzempoálan konnte nur noch wenige Männer aufbieten, die Stadt zu verteidigen, und Vera Cruz war auch nicht besser bemannt, denn zur Hauptsache bestand die Garnison dort nur aus den Seeleuten, die zurückgelassen worden waren, weil sie keine Schiffe hatten, auf denen sie hätten beschäftigt werden können.
Cuaupopóca, das wiederhole ich, war nur ein kleiner Mexícatl-Beamter. Es ist möglich, daß ich der einzige Mensch bin, der sich noch an seinen Namen erinnert, wiewohl viele sich noch des Schicksals erinnern, welches ihm sein Tonáli brachte. Der Mann war eifrig in seiner Pflichterfüllung des Tributeintreibens; dies war das erstemal, daß ihm von einem tributpflichtigen Stamm getrotzt wurde, er muß von aufbrausendem Wesen gewesen sein, wie es seinem Namen entsprach – er hieß Feuriger Adler –, und er wollte sich bei der Erfüllung seiner Aufgabe keine Knüppel zwischen die Beine werfen lassen. Er erteilte seiner aus Mexíca-Kriegern bestehenden Eskorte, welche sich längst bei dieser ereignislosen Aufgabe gelangweilt hatte, einen knappen Befehl. Sie ergriffen froh die Gelegenheit zu kämpfen beim Schopfe und wurden daran
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