Der Azteke
auch nicht von den paar Hakenbüchsen und Armbrüsten gehindert, welche hinter dem Palisadenzaun um das Dorf des weißen Mannes auf sie abgefeuert wurden.
Sie erschlugen Escalante und die wenigen Soldaten, die Cortés unter seinen Befehl gestellt hatte. Die anderen, die unkriegerischen Seeleute, ergaben sich augenblicklich. Cuaupopóca stellte dort und um den Palast von Tzempoálan Wachen auf und befahl dem Rest seiner Männer, das gesamte umliegende Land zu plündern. In diesem Jahr, so erklärte er den entsetzten Totonáca, bestehe ihr Tribut nicht in einem Anteil ihrer Waren und Erzeugnisse, sondern im Gesamten dessen, was sie erwirtschaftet hätten. Infolgedessen war es so etwas wie eine Heldentat für Patzincas Schnellboten, aus dem abgeriegelten Palast zu entkommen und zwischen den alles, was nicht niet- und nagelfest war, mitnehmenden Kriegern Cuaupopócas hindurchzukommen und Cortés die schlechte Nachricht zu überbringen.
Ganz gewiß ging Cortés blitzartig auf, um wieviel gefährlicher seine eigene Lage plötzlich geworden war, wie unsicher die Zukunft aussah, doch verschwendete er nicht viel Zeit, erst lange zu überlegen. Er nahm den roten Riesen Alvarado und Malintzin sowie eine Reihe Schwerbewaffneter mit, stürmte an den Palastkämmerern vorbei und drang ohne jedes Zeremoniell in Motecuzómas Thronsaal vor. Cortés schäumte oder tat so, als ob er schäumte, während er dem Verehrten Sprecher weitschweifig und empört die Nachricht wiederholte, welche er erhalten hatte. So wie er es erzählte, habe eine umherstreifende Bande von Mexíca-Räubern ohne jede Herausforderung seine friedlich an der Küste lebenden Leute angegriffen und abgeschlachtet. Das stelle einen schwerwiegenden Bruch des Waffenstillstands und der Freundschaft dar, welche Motecuzóma ihm versprochen habe; was Motecuzóma nun dagegen zu unternehmen gedenke?
Der Verehrte Sprecher war sich sehr wohl darüber im klaren, daß der Tributeintreiber samt seiner Eskorte sich gerade in jener Gegend aufhalten mußte; nach dem, was er von Cortés hörte, mußte er in irgendein Scharmützel hineingeraten sein und unter den weißen Männern in der Tat Schaden angerichtet haben. Freilich hätte Motecuzóma es nicht nötig gehabt, sich überstürzt mit Cortés zu versöhnen; er hätte Zeit genug gewinnen können, um herauszubekommen, was wirklich geschehen war. Und die Wahrheit sah folgendermaßen aus: Die einzige und befestigte Siedlung der weißen Männer in diesen Landen hatte sich Cuaupopócas Mexíca-Truppen ergeben; der einzige wirklich gefügige Bundesgenosse der weißen Männer, Patzinca, hatte sich in seinem Palast verkrochen und war praktisch ein Gefangener von Mexíca. Motecuzóma seinerseits hatte inzwischen fast den ganzen Rest der weißen Männer auf seiner Insel zusammen, so daß es ein leichtes für ihn hätte sein können, sie zu vernichten; des weiteren hätte man Cortés' andere weiße und eingeborene Truppen auf dem Festland leicht von der Insel fernhalten können, während die Festlandheere des Dreibunds sich versammelten, sie zu zermalmen. Dank Cuaupopóca hielt Motecuzóma sämtliche Spanier und alle jene, welche sie unterstützten, hilflos in der Hand. Er brauchte diese Hand nur zur Faust zu schließen und solange zuzudrücken, bis ihm das Blut zwischen den Fingern herausrann.
Er tat es nicht. Er brachte Cortés gegenüber sein Entsetzen zum Ausdruck und bekundete sein Mitgefühl. Er schickte eine Abordnung seiner Palastwache, damit sie sich in Tzempoálan und Vera Cruz entschuldigten, Cuaupopóca seines Amtes enthoben und ihn und die Befehlshaber seiner Krieger-Eskorte unter Arrest nach Tenochtítlan brachten.
Was jedoch noch schlimmer war: als der lobenswerte Cuaupopóca und seine vier nicht minder löblichen Cuachictin »Alte Adler« vom Heer der Mexíca unterwürfig vor dem Thron knieten, saß Motecuzóma schlaff in sich zusammengesunken da, flankiert von den streng und aufrecht dastehenden Cortés und Alvarado, und sprach in mit einer alles andere als herrischen Stimme zu den Gefangenen:
»Ihr habt die Grenzen eurer Befehlsgewalt überschritten. Ihr habt euren Verehrten Sprecher in größte Verlegenheit gestürzt und die Ehre des Volkes der Mexíca befleckt. Ihr habt den Waffenstillstand gebrochen, den ich diesen erlauchten Besuchern und all ihren Untergebenen versprochen habe. Habt ihr irgend etwas vorzubringen?»
Cuaupopóca war bis zuletzt von seiner Pflicht durchdrungen. Er war ganz offensichtlich mehr ein
Weitere Kostenlose Bücher