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Der Azteke

Der Azteke

Titel: Der Azteke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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nördliche und die südliche Dammstraße entlang aufstellten, konnten sie das Eindringen der Boote, welche sofort auf die Kanudurchfahrten zuhielten, nicht mehr verhindern. Während einige von den weißen Soldaten die Verteidiger mit einem Hagel von Metallkugeln und Armbrustpfeilen vertrieben, lehnten sich andere Soldaten über die Bordwand, um die Holzbrücken zu lockern und ins Wasser stürzen zu lassen, welche diese Durchgänge überspannten. Auf diese Weise kamen die Kriegsboote durch die letzten Hindernisse hindurch, und taten jetzt das gleiche, was sie schon draußen auf dem See getan hatten: sie unterbanden auch hier jeglichen Kanuverkehr von Kriegskanus, Fracht-Acáltin und allem anderen.
    »Die weißen Männer beherrschen sämtliche Dammstraßen und Wasserwege«, erklärte die Weibliche Schlange. »Wenn sie die anderen Städte auf dem Festland belagern, können wir diesen keine Männer mehr zur Hilfe schicken. Was jedoch noch schlimmer ist, wir können überhaupt nichts mehr vom Festland bekommen. Weder zusätzliche Streitkräfte noch zusätzliche Waffen. Und keine Nahrungsmittel.«
    »In den Lagerhäusern auf der Insel ist genug vorhanden, daß wir es eine Zeitlang aushallen können«, sagte Cuautémoc, um dann noch bitter hinzuzufügen: »Wir können den Blattern danken, daß wir längst nicht mehr so viele Menschen ernähren müssen, wie das sonst der Fall gewesen wäre. Und außerdem haben wir ja noch das, was wir von den Chinampa ernten können.«
    Die Weibliche Schlange sagte: »In den Lagerhäusern liegt nur getrockneter Mais, und die Chinampa sind nur mit besonderen Leckerbissen bepflanzt: mit Tomaten, Pfefferschoten, Koriander und dergleichen. Das gibt schon ein merkwürdiges Essen ab – Armeleutetortillas und Brei, garniert mit eleganten Zutaten.«
    »An dieses merkwürdige Essen werdet Ihr Euch noch liebevoll erinnern«, sagte Cuautémoc, »wenn Ihr statt dessen spanischen Stahl im Bauch habt.«
    Jetzt, wo seine Kriegsboote unsere Krieger nicht mehr von der Insel herunterließen, nahmen Cortés' Landstreitkräfte ihren Marsch um die Westkrümmung des Sees wieder auf, und eine nach der anderen wurden die Städte dort gezwungen, sich zu ergeben. Als erste fiel Tepeyáca, unser nächster Nachbar auf der nördlichen Landzunge, dann die auf dem bergigen südlichen Gegenstück gelegenen Städte Ixtapalápan und Mexicaltzinco. Sodann Tenayúca im Nordwesten und Azcapotzálco und schließlich Coyohuácan im Südwesten. Der Ring schloß sich, und so brauchten wir in Tenochtítlan keine Quimíchime mehr, uns zu berichten, was geschah. Jedesmal, wenn einer unserer Verbündeten auf dem Festland fiel oder sich ergab, flohen im Schütze der Nacht zahlreiche Krieger von dort auf unsere Insel; sie kamen entweder in Acaltin und schafften es, den patrouillierenden Kriegsbooten zu entgehen, oder krochen über die Dammstraßen und durchschwammen die Durchbrüche, oder legten überhaupt die ganze Strecke schwimmend zurück.
    An manchen Tagen leitete Cortés hoch zu Roß den unaufhaltbaren Vormarsch seiner Landstreitkräfte. An anderen Tagen stand er an Deck seiner Capitana und lenkte durch Signalflaggen die Bewegungen seiner anderen Fahrzeuge sowie das Abschießen ihrer Waffen, die alle Krieger töteten oder vertrieben, welche sich am Festlandufer des Sees oder auf den unterbrochenen Dammstraßen zu unserer Insel zeigten. Um diese gefährlichen Boote abzuwehren, dachten wir uns auf Tenochtítlan die einzig wirksame Verteidigungswaffe gegen sie aus. Jedes brauchbare Stück Holz auf der Insel wurde an einem Ende zugespitzt; Taucher trieben sie unter Wasser schräg nach außen gerichtet in den Boden, und zwar rund um die gesamte Insel und eben unter der Wasseroberfläche. Würden wir das nicht getan haben, hätten Cortés' Kriegsboote einfach in unsere Kanäle einlaufen können und wären mitten in der Stadt gewesen. Diese Vorsichtsmaßnahme erwies sich als der Mühe wert, denn eines Tages wollte eines der Boote offensichtlich eines unserer Chinampa verwüsten, auf denen wir Gemüse zogen, kam jedenfalls nahe genug heran und pfählte sich selbst auf einem oder zweien dieser zugespitzten Pfähle. Unsere Krieger deckten das Boot augenblicklich mit einem Pfeilhagel ein und haben vermutlich einige von der Besatzung getötet, ehe es ihnen gelang, das Boot wieder flottzumachen und sich aufs Festland zurückzuziehen, um es zu reparieren. Von da an hielten die spanischen Seeleute, die ja nicht wissen konnten, wie weit vom Ufer

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