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Der Azteke

Der Azteke

Titel: Der Azteke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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großen eisernen Regentropfen. Eine der allerersten, welche auf die Stadt herniedergingen, das möchte ich noch erwähnen, zerstörte den Tempel des Huitzilopóchtli oben auf der Großen Pyramide, woraufhin die Priester »Wehe!« und »Unheilverkündendes Zeichen!« schrien und anfingen, Zeremonien abzuhalten, in welchen sie den Kriegsgott in unterwürfigen Gebeten um Verzeihung baten und denselben Kriegsgott in verzweifelten Gebeten gleichzeitig anflehten, sich für uns ins Mittel zu legen.
    Wiewohl die Kanonen diesen ersten Donner über ein paar Tage durchhielten, schossen sie jedoch nur in großen Abständen, und das wirkte recht ziel- und planlos verglichen mit dem, was die Kanonen, wie ich wohl wußte, anrichten kannten. Ich glaube, Cortés hoffte, wir würden einsehen, daß wir von jeder Hilfe abgeschnitten waren, wehrlos und zur Niederlage verurteilt, auf daß wir uns kampflos ergäben, wie er es unter diesen Bedingungen von jedem vernünftigen Volk erwarten konnte. Ich glaube nicht, daß er irgendwelches Mitleid oder Bedenken hatte, uns zu vernichten; ihm war nur daran gelegen, die Stadt heil in die Hand zu bekommen, damit er seinem König Carlos die Kolonie Neuspanien mitsamt einer Hauptstadt zu Füßen legen konnte, welche einer jeden Stadt im alten Spanien überlegen war.
    Doch Cortés ist und war ein ungeduldiger Mann. Er verschwendete nicht viele Tage darauf zu warten, daß wir Vernunft annähmen und uns ergäben. Er ließ seine Kompanieschreiner leichte, tragbare Holzbrücken bauen, die Durchfahrten in allen drei Dammstraßen damit zu überspannen, und ließ in einem Überraschungsangriff schwere Einheiten aus allen drei Richtungen auf einmal auf die Stadt zulaufen. Doch noch waren unsere Krieger nicht durch Hunger geschwächt, und die drei Kolonnen der Spanier und ihrer Verbündeten wurden aufgehalten, als wären sie gegen eine Mauer aus Stein gelaufen, welche die Insel umgab. Viele von ihnen fielen, und der Rest trat den Rückzug an, wenn auch nicht ganz so schnell, wie sie gekommen waren, denn sie mußten viele Verwundete mit zurückschaffen.
    Cortés wartete ein paar Tage und versuchte es dann auf dieselbe Weise noch einmal, diesmal freilich mit womöglich noch schlimmerem Ergebnis. Als die Feinde diesmal auf die Insel strömten, schossen unsere Kriegskanus hervor, und die Krieger darin kletterten hinter den ersten Wellen der Angreifer auf die Dammstraßen. Sie ließen die tragbaren Brücken ins Wasser stürzen und schafften es auf diese Weise, einen nicht geringen Teil der Angriffstruppen zusammen mit uns auf der Insel einzuschließen. Diese in der Falle sitzenden Spanier kämpften um das nackte Leben; doch ihre eingeborenen Verbündeten wußten besser, was ihrer harrte, und kämpften, bis sie getötet wurden, statt sich gefangen nehmen zu lassen. In dieser Nacht war die ganze Stadt feierlich von Fackeln, Urnenfeuern, Weihrauchbränden und Altarfeuern erhellt – insbesondere die Große Pyramide war hell erleuchtet –, so daß Cortés und die anderen weißen Männer sehen konnten, was geschah – wenn sie nahe genug herankamen, und falls ihnen überhaupt daran gelegen war, dabei zuzusehen, was wir mit ihren rund vierzig Kameraden machten, die uns lebend in die Hände gefallen waren.
    Offensichtlich wurde Cortés Zeuge dieses Massenopfers oder zumindest sah er genug davon, um ihn in eine Raserei der Rache zu treiben. Jetzt wollte er uns alle in der Stadt ausrotten, selbst wenn er dabei einen großen Teil der Stadt, die er so gern unversehrt in die Hand bekommen hätte, in Schutt und Asche legen mußte. Er hörte mit seinen Versuchen einzudringen auf, unterwarf aber die Stadt dafür einem mörderischen Sperrfeuer, bei dem die Kugeln so rasch und regelmäßig abgeschossen wurden, wie das wohl möglich war, ohne daß die Kanonenrohre durch den ständigen Gebrauch anfingen zu glühen und zu schmelzen. Die Geschosse sausten vom Festland zu uns herüber und pfiffen von den uns umkreisenden Booten übers Wasser. Unsere Stadt begann zugrunde zu gehen, und viele von unseren Leuten fanden den Tod. Eine einzige Kanonenkugel konnte ein mächtiges Stück aus einem Gebäude herausreißen, selbst wenn es so fest gebaut war wie die Große Pyramide – und viele von ihnen taten das, bis das einst herrlich glatte Gebäude aussah wie ein Haufen Brotteig, welcher von riesigen Ratten angenagt war. Eine einzige Kanonenkugel konnte die Mauer eines fest gebauten Steinhauses zum Einsturz bringen, und ein Lehmziegelbau sank

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