Der Azteken-Götze
Er wollte nicht mehr reden.
Douglas war fest davon überzeugt, daß sich so ziemlich alle hier gegen ihn verschworen hatten. Er hatte den Besitzer noch nach dem Hund fragen wollen, jetzt war es zu spät. Egal, er würde die Lösung auch ohne Wang herausfinden.
Die Hoteltür war einem Saloon-Eingang nachgeahmt worden. Sie bestand aus zwei Schwingtüren, über die der G-man hinwegschauen konnte und dabei den Eindruck hatte, in ein gleißendes Feld zu blicken, das über der Straße explodierte wie ein riesiger Spiegel. Die Sonne meinte es an diesem Tag besonders gut, sie füllte alles aus und machte die Menschen schon am Vormittag träge.
Aber Douglas setzte seine dunkle Brille auf, bevor er die Schwingtüren zur Seite drückte und in dieses Meer aus Licht hineintrat. Nur ein paar Schritte neben ihm befand sich eine vorgebaute Veranda, die Schatten spendete.
In ihn tauchte er ein.
Der Ort machte um diese Zeit einen noch müden Eindruck. Nichts wies darauf hin, daß die Menschen ihrer Arbeit nachgingen. Es fuhren kaum Autos. Wer sich als Zwei-oder Vierbeiner auf der Straße befand, suchte so rasch wie möglich einen schattigen Platz. Er hörte nur wenige Stimmen. Allerdings hatten die Geschäfte geöffnet. Die meisten der Läden befanden sich sowieso auf dieser breiten Main Street, auf der Asphalt und Steine allmählich zu schmelzen schienen. Radios dudelten. Aus einem hörte der G-man zufällig den Wetterbericht. Danach sollten die Temperaturen in den folgenden Tagen noch steigen. Man erwartete die erste Hitzewelle des frühen Sommers.
Abe Douglas hielt sich im Schatten. Das Mädchen Inez wollte ihm nicht aus dem Sinn. Er war davon überzeugt, daß sie den Ort noch nicht verlassen hatte. Irgendwann würde er sie sehen, in einem kleinen Kaff wie Border Town konnte man sich kaum aus dem Weg gehen. Obwohl der Ort klein war, fiel ein Fremder kaum auf. Zuviel lichtscheues Gesindel trieb sich hier herum, trotz einer relativ großen Polizeipräsenz, wie in den Grenzorten üblich. Man hatte aus den Erfahrungen der Vergangenheit gelernt und diese Grenztruppen regelmäßig verstärkt, ohne das Verbrechen allerdings eindämmen zu können. Es kam noch immer zuviel vor, immer wieder wurde geschossen, gab es Verletzte und auch Tote.
Ob es sich herumgesprochen hatte, zu welcher ›Firma‹ der G-man gehörte, konnte er nicht sagen. Er ging diesen Stepwalk entlang, der ihn an die alten Western-Grenzstädte erinnerte und sah die Blicke der Menschen auf sich gerichtet.
Border Town gehörte zu den Staaten, doch der mexikanische Einfluß überwog.
Auch viele Händler stammten südlich vom Rio Grande. Ihr Angebot war riesig. Das fing bei bunten Tüchern an, ging weiter über Körbe, Bänke und Taschen, wobei der Trödel ebenfalls nicht vergessen werden durfte. Aber auch Elektronik war vorhanden. Abe ging davon aus, daß die meisten dieser Dinge nicht auf dem rechten Weg gekauft worden waren. Das mußte Hehlerware sein.
Er schaute in eine Kneipe. Ein Vorhang aus Perlen bildete den Eingang. Schon jetzt standen einige Typen an der Theke, tranken und unterhielten sich mit lauten Stimmen.
Trotzdem kam ihm der gesamte Ort und auch das Leben in ihm wie geschauspielert vor. Er hatte das Gefühl, alles wäre für ihn oder einen anderen Fremden inszeniert worden. Dieser Ort war noch nicht erwacht, oder er hatte etwas hinter sich, das er nicht so leicht abstreifen konnte. Douglas ging jetzt schneller. Er hatte sowieso vor, die Polizeistation zu besuchen und keinen Spaziergang zu machen. Er mußte mit Pablo Sidda reden, er wollte ihn verhören und erst dann abtansportieren lassen. Um das Gebäude zu erreichen, mußte er die Straße überqueren. Er konnte es bereits sehen.
Für einen kleinen Ort wie Border Town war die Station ziemlich groß. Gebaut aus Ziegelsteinen und weißgelben Adobemauern, mit vergitterten Fenstern versehen und einem turmähnlichen Aufbau über dem Eingang.
Vor dem Gebäude parkten einige Fahrzeuge. Die Dienstwagen der Beamten.
Es fiel ihm auf, daß er keinen Polizisten sah. Alles war wie ausgestorben, keine Uniform wurde vom Sonnenlicht beschienen, keine Wache stand vor dem Eingang, obwohl dies eigentlich seit dem Überfall auf die Station vor mehreren Wochen Pflicht war. Manuel Costa hatte ihm davon erzählt. Die Station lag eingebettet in eine trügerische Ruhe. Der Vergleich hinkte zwar, aber ihm wurde in dieser Hitze plötzlich kalt. Direkt gegenüber der Station blieb er stehen und richtete seinen Blick auf den
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