Der Azteken-Götze
vorn, hörte einen wütenden Schrei und den Schuß.
Wie weit die Kugel an mir vorbeihuschte, konnte ich nicht sagen. Jedenfalls fehlte sie, und ich rollte mich weiter, tastete dabei nach meiner Waffe, um mich verteidigen zu können.
Ich hatte mich genau in die falsche Richtung bewegt, nämlich auf den Kerl mit der Waffe zu.
Und der legte schon an!
***
Auch Suko hatte den Absprung mit heilen Knochen überstanden. Der Inspektor gehörte zwar nicht zu den Menschen, deren Knochen aus Gummi bestanden, er war trotzdem sehr beweglich und zog seinen Körper zu weit zusammen, daß er beinahe eine Kugel bildete und er sich über die Schulter hinweg abrollen konnte.
Leider hatte er sich die Richtung nicht aussuchen können. Nicht nur, daß er sich auf den Rand der Plattform zubewegte, hinter der die drohende Tiefe lauerte, nein, er geriet auch Inez in die Quere, die ihren großen Erfolg gefährdet sah.
Aber sie hatte noch das Messer.
Eine sorgfältig hergestellte und bearbeitete Waffe aus Stein, die durch den Körper eines Menschen drang, als würde dieser ihr kaum Widerstand entgegensetzen.
Ein Stich würde reichen, ein Stich mußte reichen!
Sie sah, daß Sukos Schwung nicht ausreichte, um über den Rand der Plattform hinweg in die Tiefe zu rollen, und deshalb wollte sie nachhelfen. Mit ihrer Körperkraft und mit dem Messer. Sie stürzte auf ihn zu.
Bevor sie ihn noch erreichen konnte, geriet sie aus irgendeinem Grund ins Stolpern. Trotzdem fiel sie auf Suko zu, und mit ihr raste auch das Messer in die Tiefe.
Suko hatte seine Bewegung durch ein Ausbreiten der Beine stoppen können. Er lag jetzt auf dem Rücken, schaute in die Höhe, sah den Schatten der Frau und aus ihm hervor etwas Langes stechen, das sich in seinen Körper senken sollte.
Ein Messer!
Er hatte nach seinem Stab greifen wollen, um die Lage zu bereinigen. Die Zeit blieb ihm nicht, denn er mußte jetzt gedankenschnell reagieren. Und ebenso rasch wie ein flüchtiger Gedanke riß er seinen rechten Arm in die Höhe.
»Stirb!« Inez keuchte voller Wut nur dieses eine Wort. Sie wollte durch einen Stich mit der Klinge den Inspektor am Boden festnageln. Ihre Hand raste nach unten.
Sukos Rechte schnellte hoch.
Beide trafen sich!
Noch einmal schrie Inez auf, diesmal allerdings vor Wut, daß ihr Angriff gestoppt worden war, denn in Sukos Fingern steckte eine immense Kraft. Es gelang ihm, das Gelenk so hart zu umspannen, daß es Inez nicht mehr möglich war, ihren Arm weiter zu senken. Er blieb genau an der Stelle stehen, an der er gestoppt worden war.
Sie schauten sich gegenseitig in die Gesichter, und Suko erschrak vor den haßerfüllten Augen der Person. Der gleiche Haß malte sich auch in ihrem Gesicht ab.
Sie wollte nur eines: den Tod ihrer Feinde. Keine Chance, daß sie am Leben blieben. Das war ihre Zeit, das war einzig und allein ihr Sieg. Suko verstärkte den Druck seiner Finger nicht, aber er preßte den Arm der Frau in die Höhe.
Das Messer zitterte.
Erst leicht, dann stärker, aber die ließ die Waffe nicht los, sie wollte nicht aufgeben.
»Du hast keine Chance mehr!« keuchte Suko. »Verdammt noch mal, du hast sie nicht mehr!«
Inez knurrte wie ein Tier. Das Geräusch entstand tief in ihrer Kehle, und ihre Augen nahmen allmählich einen blutunterlaufenen Ausdruck an. Der Mund stand offen. Aus dem Viereck troff der Speichel, der sich dort gesammelt hatte, nach unten.
Suko drückte seinen Arm immer weiter nach oben, so daß er schon eine Gerade bildete. Dabei entfernte sich auch die Klingenspitze immer mehr von seinem Körper, die Gefahr verringerte sich, und er durfte auf keinen Fall nachgeben.
Wenn diese Person auf ihn fiel, dann würde ihn die Obsidianklinge bis zum Rücken hin durchbohren.
Auch Inez war nicht dumm. Sie merkte ebenfalls, daß ihre Chancen sanken, sie geriet in Panik und versuchte es mit einer neuen, schon verzweifelten Aktion.
Sie bog ihren Körper zurück, gab den nach vorn gerichteten Widerstand auf – und sprang in die Höhe.
Damit hatte Suko so schnell nicht gerechnet. Er ließ ihr Gelenk los, kam wieder nicht dazu, nach seinem Stab zu greifen, denn die Frau wuchtete sich im selben Moment wieder nach vorn, um, zusammen mit ihrem Messer, auf Suko zu fallen.
Er ließ sie fallen und erlebte die nächsten Sekunden wie im Zeitlupentempo mit.
Inez fiel nicht direkt auf ihn. Der Körper landete auf seinen in die Höhe gerissenen Füßen. Sie spürte die Berührung, sie bekam den Druck mit und auch den Schwung, als
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