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Der Baader-Meinhof-Komplex (German Edition)

Der Baader-Meinhof-Komplex (German Edition)

Titel: Der Baader-Meinhof-Komplex (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Aust
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der Gefangenen noch in derselben Nacht, zwei Stunden nach Sendeschluß, in beiden Programmen des Deutschen Fernsehens zu übertragen.
     
    Am Nachmittag ging bei der Nachrichtenagentur »Agence France Presse« in Bonn ein Umschlag mit einem Videoband ein; darauf Schleyer vor einem Plakat mit dem RAF -Symbol sitzend. Schleyers Stimme:
    »Ich wende mich an die Öffentlichkeit und hoffe, daß es noch genügend freie Journalisten gibt, die bereit sind, diese Überlegungen zu publizieren. Schon die Umstände, die zu meiner Festnahme am 5 . September führten, lassen klar erkennen, daß die Vorkehrungen des Bundeskriminalamtes mangelhaft waren, daß die Observierung völlig ungenügend war und daß viele Umstände dazukamen, die diesen Überfall den Entführern sehr leicht gemacht haben. Trotzdem habe ich wiederholt erklärt, daß ich mich den Entscheidungen der Bundesregierung – wie auch immer sie ausfallen mögen – voll unterwerfe. Nachdem aber die Bundesregierung und die politischen Parteien in Verhandlungen eingetreten sind und meiner Familie und auch mir gegenüber und auch der Öffentlichkeit gegenüber immer wieder bekundet haben, daß sie letztlich meine Befreiung, meine lebende Befreiung wünschten, ist natürlich auch in mir der Wunsch weiterzuleben immer stärker geworden, und immer mehr verfolge ich die Maßnahmen des Bundeskriminalamtes, die nach meiner Beurteilung in Tricks bestehen, die es ihnen ermöglichen sollen, Zeit zu gewinnen, um meine Entführer zu finden.
    Die Aufspürung meiner Entführer würde allerdings mein Ende sein. Denn die Entführer werden gezwungen sein, dieses herbeizuführen … Ich bin in großer Sorge, daß man durch ein solches Vorgehen erreichen will, daß die Fehler, die begangen wurden, durch mein stilles Ende abgedeckt werden müssen. Die Fehler waren in den letzten Tagen umfangreich.«
    Schon die Einschaltung eines Vermittlers, die wiederholten Fragen nach neuen Lebenszeichen, die angeblichen Transportschwierigkeiten beim Austausch bestärkten seinen Verdacht. Zu seinem eigenen Schutz wolle er dieses der Öffentlichkeit mitteilen.
    »Im übrigen teile ich meiner Familie mit, daß es mir den Umständen entsprechend gut geht, daß ich gesund bin und daß ich voll im Besitz meiner geistigen Kräfte bin und auch nicht unter Drogen stehe …«
    Würde man die Gefangenen gegen ihn austauschen, so könne er gesund zu seiner Familie zurückkehren.
     
    An diesem Tag wurden in der Vollzugsanstalt Stuttgart-Stammheim »Kontaktsperrepolster« gebaut, Spanplatten mit Schaumstoffauflage, die abends vor die Türen der Zellen im siebten Stock gewuchtet wurden, um Rufkontakte zu unterbinden.
    Ob die Beamten tatsächlich glaubten, damit jegliche Kommunikation abzustellen, ist zweifelhaft.
     
    Nachtdienstmeldung Stammheim, 14 . September:
    » 0 . 25 Uhr Baader eine Dolviran ausgehändigt. Keine Vorkommnisse.«
     
    In dieser Nacht ließ das Bundeskriminalamt drei VW -Transporter mit Peilantennen einen bestimmten Randbezirk von Köln absuchen, ob dort Fernsehgeräte nach Sendeschluß liefen. Den Stadtbezirk hatte der holländische Hellseher Gerard Croiset einem Abgesandten des BKA als mögliches Versteck Schleyers genannt. Seine Unfähigkeit, genauere Angaben zu liefern, hatte der Hellseher so erklärt: »Mein Kontakt ist gestört.« Durch die Berichterstattung in der Presse sei er so ausführlich informiert, daß sich das negativ auf seine Arbeit ausgewirkt habe.

14. Draußen und drinnen
    (Donnerstag, 15 . September 1977 )
    Eine Stunde vor Mitternacht meldeten sich die Entführer Schleyers wieder bei Rechtsanwalt Payot in Genf und schlugen die Flugroute über Italien, Jugoslawien, Libyen, Ägypten oder die Golfstaaten vor. »Wir möchten auf jeden Fall ausschließen eine Flugroute über Israel, Marokko oder Äthiopien«, sagte der Anrufer. Im übrigen solle die Bundesregierung die von den Gefangenen genannten Zielländer um eine Aufnahme bitten.
     
    Dem Kommando war unterdessen klargeworden, daß die Wohnung in Erftstadt nicht mehr sicher war. Sie hatten festgestellt, dass Polizeitrupps dabei waren, von Haus zu Haus zu gehen und Appartements zu überprüfen, auf die Herolds Kriterien für konspirative Wohnungen zutrafen. Die Gruppe hatte bereits ein neues Versteck in Holland vorbereitet, aber der Mietvertrag für die Wohnung in Den Haag war noch nicht unterschrieben. So reiste Brigitte Mohnhaupt in die Niederlande, um den Umzug zu beschleunigen.
    Als Boock das Gefühl bekam, die

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