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Der Baader-Meinhof-Komplex (German Edition)

Der Baader-Meinhof-Komplex (German Edition)

Titel: Der Baader-Meinhof-Komplex (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Aust
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Länderinnenminister abgelehnt, die GSG 9 einzusetzen. Als die Spezialeinheit im November 1974 erstmals bei der Terroristenfahndung helfen sollte, wurde Ulrich Wegener hinterbracht, was einer der Länderinnenminister zur Begründung seines Vetos gesagt haben sollte: »Wenn die Truppe eingesetzt wird, gibt es eine Furche verbrannter Erde von den Alpen bis zur Nordsee.« Damit hatte der Minister wohl eher an die psychologische Wirkung gedacht.
    Kurz vor dem Abflug erklärte Wegener seinen Leuten, worum es ging. Die entführte »Landshut« sollte gekapert und die Geiseln befreit werden. Es sei ein Himmelfahrtskommando. Er nehme es keinem übel, wenn er nicht mitwolle.
    Die Männer grinsten. Auf so einen Einsatz hatten sie lange gewartet.
    Der Sohn Hanns Martin Schleyers schöpfte Hoffnung: »Die Tatsache, daß es jetzt nicht mehr um ›nur‹ ein Menschenleben, sondern um fast hundert Menschenleben ging, das hat in mir eben auch die Hoffnung geweckt, daß die Bundesregierung eine Entscheidung, die möglicherweise gegen meinen Vater gerichtet gewesen ist, noch einmal korrigieren würde und daß man insgesamt den Forderungen der Terroristen nachgeben würde.«
     
    Gegen 20 . 30 Uhr landete die »Landshut« auf dem zyprischen Flughafen Larnaka.
    Gabriele von Lutzau: »Es waren über fünfzig Grad, das war wie in einem Brutofen und so eine feuchte, heiße Wärme. Und da flippten die Leute aus, und da wurden sie dann zu den Öffnungen getragen. Ich hatte das Gefühl, das ist wie ein Bauer, der sein Schlachtvieh bis zum Schlachthof irgendwo am Leben halten muß.«
    »Kapitän Mahmud« verlangte, die Maschine aufzutanken. Gabriele von Lutzau: »Er war der Wahnsinnige, der der Motor des Ganzen war. Die anderen haben ihm aber bedingungslos gehorcht. Das ist irgendeine Hierarchie gewesen, die auch nicht zu durchbrechen war.«
    Copilot Vietor: »Die Andrawes, die war wie eine KZ -Aufseherin. Die hat die Menschen gequält. Während der junge Mann, das war eigentlich ein ganz höflicher, junger Mensch, der nie ausrastete, und die Kleine, wie wir sie genannt haben, diese Hübsche, ja, mit der konnte man dann, später, nicht am Anfang, man konnte sich auch mit ihr unterhalten.«
    Um 22 . 50 Uhr gab Mahmud den Befehl zum Start.
    23 Minuten später landete in Larnaka die Maschine mit der GSG 9 .
    Die »Landshut« flog in die Dämmerung hinein nach Osten, nahm Kurs auf den Persischen Golf.
     
    Nachtdienstmeldung Stammheim, 13 . Oktober:
    » 20 . 40 Uhr Baader verlangt Spritze.
    21 . 05 Uhr Spritze vom Sani erhalten (Zelle geöffnet).
    22 . 15 Uhr Baader und Raspe verlangen ihre Medikamente.
    22 . 50 Uhr Medikamente durch Sani ausgehändigt.«

41. Eine staatspolitische Entscheidung
    (Freitag, 14 . Oktober 1977 )
    Eine Stunde nach Mitternacht erhielt Rechtsanwalt Payot in Genf einen Anruf der Entführer Hanns Martin Schleyers. Er möge sich bereithalten, gegen 2 . 00 Uhr eine längere Erklärung entgegenzunehmen. Payot informierte das Bundeskriminalamt und machte ein Tonbandgerät startklar.
    Die Schleyer-Entführer legitimierten sich, indem sie die Antworten auf bereits zehn Tage zuvor gestellte Fragen des BKA gaben:
    »Was wollte Sohn Eberhard mit acht Jahren werden?«
    Die korrekte Antwort lautete: »Papst.«
    »Welche Dame wollte ihm in Prag vorsingen?«
    »Margot Hielscher.«
    Zusätzlich sollten sie das zehnte Wort aus ihrem Brief an »Agence France Presse« vom 26 . September nennen: »Schleyer.«
    Der erste Teil der Erklärung wurde auf englisch vorgelesen:
    »Hiermit teilen wir Ihnen mit, daß die Passagiere und Besatzung der Lufthansa-Maschine 737 , Flugnummer LH 181 , von Palma nach Frankfurt (M.) unter unserer vollständigen Kontrolle und Verantwortung stehen. Das Leben der Passagiere und der Besatzung und das Leben von Dr. Hanns Martin Schleyer hängen davon ab, daß Sie die folgenden Forderungen erfüllen.«
    Neben der vom »Kommando ›Siegfried Hausner‹« verlangten Freilassung der RAF -Gefangenen sollten nun auch zwei in der Türkei inhaftierte Palästinenser ausgeflogen werden. Zusätzlich verlangten die Entführer fünfzehn Millionen Dollar Lösegeld.
    Der zweite Teil der Erklärung wurde in deutscher Sprache übermittelt: »Das Ultimatum der Operation ›Kofr Kaddum‹ des Kommandos ›Martyr Halimeh‹ und das Ultimatum des Kommandos ›Siegfried Hausner‹ der RAF sind identisch. Nach vierzig Tagen Gefangenschaft von Schleyer wird es eine Verlängerung des Ultimatums nicht mehr geben. Ebenso keine weiteren

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