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Der Baader-Meinhof-Komplex (German Edition)

Der Baader-Meinhof-Komplex (German Edition)

Titel: Der Baader-Meinhof-Komplex (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Aust
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und seine freiheitlich-demokratische Ordnung eingesetzt und exponiert habe.
    Manchmal kommt mir ein Ausspruch – auch von politischen Stellen – wie eine Verhöhnung dieser Tätigkeit vor.«
     
    Etwa zur gleichen Zeit empfing der Bundesjustizminister in Bonn Schleyers Sohn Hanns-Eberhard. Vogel sagte ihm, es sei seine eigene Entscheidung, ob er, wie verlangt, am nächsten Mittag mit den geforderten fünfzehn Millionen Dollar im Frankfurter »Intercontinental« auf einen Abgesandten der Entführer warten wolle. »Die Geldmenge«, meinte Vogel, »steht zur Verfügung. Es sind rund 130  Kilo.«
    Hanns-Eberhard Schleyer würde sich allerdings in eine konkrete und unmittelbare Lebensgefahr begeben. Darüber, ob der Geldbetrag tatsächlich freigegeben werde, müsse der Große Krisenstab am nächsten Vormittag entscheiden.
    »Ich sehe keine andere Alternative«, sagte Schleyer. Er werde sich unter der Bedingung bereithalten, daß die Bundesregierung auch die weiteren Forderungen nach Freilassung der Inhaftierten erfülle und daß während der Dauer seiner Abwesenheit keine gewaltsame Aktion gegen die Flugzeugentführer unternommen werde.
    Auch darüber, antwortete Justizminister Vogel, müsse der Krisenstab am nächsten Morgen entscheiden.
    Hanns-Eberhard Schleyer wurde zur Godesberger Dependence des BKA gebracht und sprach dort mit Horst Herold, der ihn erneut auf die Gefährlichkeit des Auftrags hinwies. Das Geld sei jedoch bei der Bundesbank bereitgestellt. Die Polizei in Frankfurt habe alle nötigen Maßnahmen veranlaßt. Anschließend fuhr Schleyer mit dem BKA -Beamten Wolfgang Steinke in ein Hotel nach Bonn und übernachtete dort.
     
    Nachtdienstmeldung, 14 . Oktober:
    » 23 . 00 Uhr Arzneimittelausgabe durch Sani an Baader und Raspe. Baader wollte auf Grund der angespannten Lage Lichtverlängerung!!!!!«
     
    BKA -Präsident Horst Herold hatte, noch während die »Landshut« in der Luft war, über spanische Polizeikollegen alle 20   000  Hotelmeldezettel der letzten Tage von Palma de Mallorca per Flugzeug nach Deutschland schaffen lassen. In Wiesbaden saßen Programmierer rund um die Uhr, um die Personalien in den BKA -Computer einzuspeisen. Dann ließ Herold ein Datenband gegenlaufen, auf dem Alias-Namen gespeichert waren. Tatsächlich waren die angeblich iranischen Pässe registriert, und über die ebenfalls eingespeicherten Daten der Inhaber dieser falschen Pässe konnten die BKA -Fahnder die Klarnamen der Entführer ermitteln.
    »Kapitän Mahmud«, der den persischen Paß auf den Namen »Ali Hyderi« trug und in Wirklichkeit Zohair Youssif Akache hieß, war der Polizei bekannt. Er hatte sich 1973 als Student des Londoner Chelsea College of Aeronautical and Automobile Engineering eingeschrieben und dort Flugzeugtechnik studiert. Nach zwei Jahren erhielt er sein Diplom als Flugzeugingenieur.
    Im Dezember 1974 war Scotland Yard zum ersten Mal auf ihn aufmerksam geworden, als er bei einer friedlichen propalästinensischen Demonstration auf dem Trafalgar Square urplötzlich auf Polizeibeamte eingeschlagen hatte. Er wurde als Mitglied der »Volksfront für die Befreiung Palästinas« ( PFLP ) erkannt und sollte zunächst ausgewiesen werden. Schließlich durfte er aber weiterstudieren. Ein Jahr später schlug sich Akache erneut während einer Palästina-Demonstration mit Bobbies. Diesmal wurde er festgenommen und kam ins Pentonville-Gefängnis. Nach einem Hungerstreik wurde er nach Beirut abgeschoben.
    Anfang 1977 war er wieder in London. Unter falschem Namen bezog er ein Hotel gegenüber dem »Royal Lancaster«, in dem der ehemalige Ministerpräsident des Nordjemen wohnte. Am 10 . April stieg der Expremier zusammen mit seiner Frau und einem Angehörigen der jemenitischen Botschaft vor dem Hotel in einen Mercedes. Akache hatte hinter dem Wagen gewartet. Er ging um das Fahrzeug herum, öffnete die rechte Fronttür und schoß aus einer Pistole mit Schalldämpfer auf die drei Insassen. Sie waren sofort tot. Noch am selben Tag konnte Akache mit dem Flugzeug London verlassen. Scotland Yard hatte ihn zwar vor dem Attentat beobachtet, seine Personalien und Beschreibung aber nicht zum Flughafen Heathrow durchgegeben.
    In der Nähe von Bagdad wurde er von der Abteilung »Sonderoperationen« der PFLP unter Wadi Haddad für neue Einsätze trainiert. Hier wurden auch die übrigen Mitglieder der Operation »Kofr Kaddum« ausgebildet.

42. Das Fünfzehn-Millionen-Dollar-Spiel mit Schleyers Sohn
    (Samstag, 15 . Oktober

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