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Der Baader-Meinhof-Komplex (German Edition)

Der Baader-Meinhof-Komplex (German Edition)

Titel: Der Baader-Meinhof-Komplex (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Aust
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Möglichkeit, hier runterzugehen.«
    Der Hintergrund der jemenitischen Weigerung, die Maschine landen zu lassen, wurde erst später deutlich. Das sozialistische Regime pflegte damals gute Beziehungen zum Ostblock, vor allem zur DDR . Hier war die Stasi aktiv, die DDR beriet den Südjemen in Sicherheitsfragen. Und die DDR schaltete sich auch in Sachen »Landshut« ein – das war auch Staatsminister Wischnewski bekannt: »Daß die DDR dort eine ganz starke Position hatte, wußten wir. Ich habe deshalb auch aus der Luft, beim Kreisen, nach Bonn dringend gebeten, auch neben der Sowjetunion Kontakt aufzunehmen mit der DDR .«
    An jenem Tag erhielt der Botschafter der DDR , Scharfenberg, ein Telegramm aus Ostberlin. Er solle auf die jemenitische Regierung einwirken, im Sinne eines friedlichen Ausgangs der Entführung. Daraufhin verweigerte das Regime im Südjemen den Terroristen die erwartete Unterstützung. Nicht einmal der Vertreter der PFLP im Südjemen, Zaki Helou, wurde zum Entführungskommando vorgelassen.
    Peter-Jürgen Boock bekam später die Einzelheiten geschildert: »Er wurde daran gehindert, auch nur in die Nähe des Flughafens zu kommen. Es wurde ihm also bedeutet, daß es keine Kontaktaufnahme geben würde. Darüber war er auch im nachhinein immer noch sehr empört, weil es einen kompletten Bruch aller Abmachungen mit der jemenitischen Regierung bedeutete, ohne daß ihm irgendeine Erklärung dafür gegeben worden wäre. Er wurde da also sehr barsch abgehalftert und stand machtlos vier-, fünfhundert Meter weit vom Flughafen weg, ohne irgend etwas tun zu können. Er hat das später so interpretiert, daß wahrscheinlich zu diesem Zeitpunkt östliche Geheimdienste schon längst das Heft in die Hand genommen hatten und die jemenitische Regierung mit mehr oder weniger starkem Druck dazu bewegt hatten, die Abmachungen zu brechen.«
    Die »Landshut« hatte noch für 25  Minuten Sprit in den Tanks, Aden war sechzig Kilometer entfernt. Der nächste Flugplatz – Dschibuti – unerreichbar weit.
    Unter sich sahen die Piloten zwei sich kreuzende Pisten im Wüstensand, auf der Karte als »Scheich-Othman-Flugfeld« registriert. Bodeneinrichtungen konnten sie nicht entdecken, konnten auch nicht feststellen, was für eine Piste es dort gab. Sie beschlossen, trotz Landeverbots Aden anzufliegen.
     
    Die Stewardessen gaben den Passagieren Anweisungen für das Verhalten bei einer Notlandung. Uhren, Broschen und Gebisse, alle spitzen Gegenstände wurden in einer Plastiktüte eingesammelt. Copilot Vietor hatte den Steuerknüppel übernommen. Er flog eine Schleife. Unter sich konnte er sehen, daß alle Betonwege auf dem Flughafen mit Panzerfahrzeugen blockiert waren. Der Tower Aden meldete sich nicht mehr.
    Jürgen Vietor schaffte es, die »Landshut« auf einer Sandpiste neben der mit Panzern gespickten Rollbahn aufzusetzen. Einige hundert Soldaten liefen auf das Flugzeug zu und stellten sich mit erhobenen Waffen im Kreis auf. Es war dunkel geworden. Schumann verlangte nach dem Megaphon und versuchte, den Jemeniten die Lage zu erklären.
    Mahmud nahm ihm das Megaphon ab und redete arabisch auf die Soldaten ein. Dann wandte er sich an den Piloten: »Es hilft nichts, wir müssen wieder los.«
    »Das ist heller Wahnsinn. Nach so einer Notlandung kann man unmöglich wieder starten …«
    Mahmud gab Kapitän Schumann die Erlaubnis, aus der Maschine zu steigen, um das Fahrwerk zu kontrollieren.
    Copilot Vietor sah, wie Schumann die Treppe hinunterging und mit der Taschenlampe das Fahrwerk auf der linken Seite der Maschine beleuchtete. Die Räder steckten bis zu den Achsen im Sand. Schumann rief hinauf: »Hier, das linke Fahrwerk ist in Ordnung. Ich gehe jetzt auf die rechte Seite.« Dann verlor Vietor seinen Chefpiloten aus den Augen. Er hatte das Gefühl, als verginge eine Stunde, ohne daß der Flugkapitän wiederauftauchte.
    Mahmud wurde unruhig, dann brüllte er die immer noch mit dem Gewehr im Anschlag um die Maschine herum stehenden Soldaten auf arabisch an. Er drehte sich um und erklärte den Geiseln auf englisch: »Wenn der Pilot nicht wiederkommt, jage ich das Flugzeug in die Luft. Wenn er wiederkommt, werde ich ihn exekutieren.«
    Die Stewardeß Gabi Dillmann hatte den Eindruck, der Flugkapitän sei beim Outside Check von den Soldaten, die das Flugzeug umstellt hatten, gefangengenommen worden: »Ich kann es mir nicht anders erklären. Alles andere würde nicht seinem Charakter entsprechen.«
    Nach einiger Zeit war das

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