Der Baader-Meinhof-Komplex (German Edition)
Meldung erhielten, daß die Maschine in Somalia gelandet war. Weil wir eigentlich ziemlich sicher waren, daß sie jetzt nicht weitergehen konnte.«
Das Flugzeug mit Männern der GSG 9 an Bord war mit zunächst unbekanntem Ziel gestartet. Auf Kreta erreichte sie über den Bordfunk der Befehl zum Abflug nach Mogadischu: »Immediately, immediately … Es kommt auf jede Minute an, ihr müßt weg … Mogadischu so schnell wie möglich.«
Der GSG - 9 -Beamte Hümmer, der mit an Bord war: »Uns wurde klar bestätigt, Auftrag Bundesregierung, in Mogadischu läuft die Befreiungsaktion durch uns. Es war ein gutes Gefühl, daß wir jetzt wußten, wir kriegen die Chance.«
Die Leiche des ermordeten Piloten Jürgen Schumann war von den Entführern aufrecht stehend im hinteren Garderobenschrank der »Landshut« verstaut worden. Copilot Vietor: »Es roch dann etwas unangenehm, und die waren auch nicht sehr glücklich mit der Lage und haben die hintere rechte Tür aufgemacht, und an jeder Tür ist ja eine Notrutsche. Die haben dann Kapitän Schumann runtergelassen.«
Ein Ambulanzfahrzeug holte die Leiche ab.
Die in Bagdad weilende Hauptgruppe der RAF hatte die Nachrichten von der Entführung und dem darauf folgenden Irrflug der »Landshut« über die Deutsche Welle verfolgt. Man war nach den Wochen des quälenden und erfolglosen Wartens auf ein Einlenken der Bundesregierung wieder voller Hoffnung auf ein Gelingen der Aktion. »Wir haben alle gedacht, jetzt ist es gelaufen«, erinnerte sich Peter-Jürgen Boock später, »wir haben gemeint, jetzt kann Helmut Schmidt nicht mit irgendeiner polizeilichen oder militärischen Lösung kommen. Da ist erst mal Schleyer, jetzt die Urlauber. Jetzt läuft der Austausch.«
Doch die Euphorie erlosch, nachdem die Lufthansa-Maschine in Aden wieder starten mußte. Alle hatten nämlich gewußt, daß die Entführung dort enden sollte: »Als es dann hieß, die Maschine durfte dort nicht bleiben, sondern mußte unter Androhung von militärischer Gewalt wieder weg, da war schlagartig klar, es läuft ganz fürchterlich schief.«
Staatsminister Wischnewski, dem die Behörden in Aden die Landeerlaubnis verweigert hatten, traf gegen 12 . 00 Uhr mittags in Mogadischu ein. Ähnlich wie in Dubai war es den somalischen Behörden unangenehm, mit bundesdeutschen Regierungsvertretern zusammenzuarbeiten. Schließlich waren die Entführer Brüder der großen arabischen Nation. Die PLO unterhielt damals in Mogadischu ein sechzig Mann starkes Büro.
Kanzleramtsminister Wischnewski: »In Mogadischu war der Empfang ausgesprochen kühl, reserviert ist fast zuwenig. Außer mir durfte das Flugzeug keiner verlassen. Die mußten alle drinbleiben. Und ich wurde aber sofort zum Präsidenten gebracht.«
Während Wischnewski auf eine Audienz beim Präsidenten Siad Barre wartete, telefonierte der mit Helmut Schmidt: »Ich hab mit dem Diktator in Somalia telefoniert, Siad Barre hieß der Mann. Und Siad Barre ist darauf eingegangen. Wir haben ihm nichts versprochen, wir haben aber hinterher etwas gehalten, was wir nicht versprochen hatten, nämlich der hat eine ganz schöne Hilfe für sein Land bekommen.«
Danach durfte auch Wischnewski mit dem somalischen Diktator sprechen: »Ich habe also meine ganze Kunst, ihn zu überzeugen, angewandt und habe dann auch den Leichtsinn begangen zu sagen: ›Herr Präsident, wir haben zwei Aufgaben gemeinsam zu erledigen. Erstens, wir haben neunzig Menschenleben zu retten, und zweitens, wir haben Ihre Souveränität zu wahren in vollem Umfange. Was die Wahrung der Souveränität betrifft, darf ich Ihnen folgendes mitteilen: Wenn wir Gefangene machen, sind es Ihre Gefangenen.‹ Und da sagte er zu mir: ›Was, Gefangene wollen Sie auch noch machen?‹«
Die Entführer hatten die Ankunft des zweiten Flugzeugs bemerkt. Mahmud fragte den Tower: »Was sind das für Leute?«
»Ein Vertreter der deutschen Bundesregierung ist eben gelandet.«
Heiser, aber ganz ruhig sagte Mahmud: »Sagen Sie dem deutschen Vertreter, daß es zwischen uns nichts zu verhandeln gibt. Ich will ihn nur sprechen, wenn er mir mitteilen kann, daß die Gefangenen in Deutschland freigelassen worden sind.«
Der Tower erkundigte sich, ob man Mittagessen an Bord bringen solle. »Wir brauchen nichts mehr zu essen. In drei Stunden läuft unser Ultimatum ab. Dann sind alle in der Maschine entweder tot oder frei.«
Am Vorabend gegen 20 . 10 Uhr war im Kleinen Krisenstab entschieden worden, den
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