Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Baader-Meinhof-Komplex (German Edition)

Der Baader-Meinhof-Komplex (German Edition)

Titel: Der Baader-Meinhof-Komplex (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Aust
Vom Netzwerk:
Ministerialdirigenten Dr. Hegelau als Vertreter von Staatssekretär Schüler zu dem von Baader und Ensslin geforderten Gespräch nach Stammheim zu schicken. Der BKA -Beamte Klaus sollte ihn begleiten.
    Es regnete und stürmte am nächsten Tag, und so konnten die beiden Beamten nicht wie geplant den Hubschrauber nehmen, sondern mußten mit dem Auto fahren. Hegelau hatte Baader nie zuvor gesehen, kannte auch die Einzelheiten des Stammheimer Prozesses und der RAF -Anschläge kaum. Der BKA -Mann klärte ihn während der Fahrt notdürftig auf, schilderte Stationen aus Baaders Leben und sagte zum Schluß: »Er ist zur Zeit etwas nervös und konfus.«
     
    Kurz vor 14 . 00 Uhr trafen die beiden Unterhändler in Stammheim ein. Sie wurden sofort zum Anstaltsleiter Nusser gebracht und anschließend von Amtsinspektor Bubeck abgeholt. Im Aufzug fuhren sie in den siebten Stock. Bubeck ließ die Tür der Zelle 719 aufschließen und sagte Baader, es sei Besuch für ihn da. »Ich komme in fünf Minuten«, sagte Baader. »Ich habe noch zu tun.« Er ließ sich wieder einschließen. Während Amtsinspektor Bubeck auf das Lichtsignal über der Zellentür zum Zeichen dafür wartete, daß Baader kommen würde, leuchtete das Lichtsignal über der Tür der gegenüberliegenden Zelle auf. Ein Vollzugsbeamter öffnete. Gudrun Ensslin trat auf den Flur und wandte sich an Bubeck: »Ich will die beiden Anstaltsgeistlichen sprechen.«
    Bubeck versprach, ihren Wunsch weiterzumelden. Gudrun Ensslin wurde wieder eingeschlossen.
    Währenddessen leuchtete das Signal über Baaders Tür auf. Er wurde aus der Zelle gelassen und über den Flur zum Besucherzimmer geführt. Alfred Klaus begrüßte ihn kurz. »Ich habe Ihre Bitte um ein Gespräch weitergeleitet. Herr Ministerialdirigent Dr. Hegelau ist in Vertretung von Herrn Staatssekretär Schüler zu Ihnen gekommen.«
    »Eigentlich habe ich Schüler selbst sprechen wollen«, sagte Baader hastig und undeutlich. Zögernd setzte er sich. »Es ist eigentlich zu spät für dieses Gespräch«, sagte er. »Die Möglichkeit der Einflußnahme ist inzwischen versäumt worden.« Er kam auf die Entführung der »Landshut« zu sprechen: »Die RAF hat diese Form des Terrorismus bis jetzt abgelehnt.« Sie, die Häftlinge, hätten Aktionen gegen unbeteiligte Zivilisten nie gebilligt und billigten sie auch jetzt nicht. Die Bundesregierung müsse sich klar darüber sein, daß die zweite oder dritte Generation die Brutalität weiter verschärfen werde.
    »Es gibt zwei Linien im Kampf gegen den Staat«, sagte Baader. »Die Bundesregierung hat durch ihre Haltung dieser extremen Form zum Durchbruch verholfen.«
    »Wo fängt denn Ihrer Meinung nach der Terrorismus an?« erkundigte sich Hegelau.
    »Bei dieser Form terroristischer Gewalt gegen Zivilisten«, antwortete Baader. »Das ist nicht Sache der RAF , die langfristig eine gewisse Form politischer Organisation angestrebt hat. Das kann man in den Schriften nachlesen. Dem gegenüber, was jetzt läuft, hat die RAF eine gemäßigte Politik verfolgt.«
    »Meinen Sie das ernst – nach den acht Toten der letzten Monate?« fragte der BKA -Beamte.
    »Die Brutalität ist vom Staat provoziert worden«, antwortete Baader und erwähnte die Schußanlage, die gegenüber der Bundesanwaltschaft aufgebaut worden war. »Die Maschine ist von Leuten der zweiten, dritten oder vierten Generation installiert worden. Auch die Schleyer-Entführer und andere, nach denen gefahndet wird, sind uns persönlich gar nicht mehr bekannt. Wenn das BKA behauptet, die Aktionen würden aus dem Gefängnis gesteuert, dann trifft das allenfalls im ideologischen Bereich zu. Der bewaffnete Kampf hat sich internationalisiert. Jetzt bestimmen möglicherweise die Japaner oder die Palästinenser das Geschehen. Ich weiß jetzt zuwenig darüber. Ich kann nur wiederholen, daß die Gefangenen im Falle einer Freilassung nicht in die Bundesrepublik zurückkehren werden. Sie werden allerdings ihren Kampf gegen diesen Staat im Kontext aller internationalen Befreiungsbewegungen fortsetzen, und zwar mit Kampagnen. Es ist absurd anzunehmen, wir würden als internationale Terroristen weiterkämpfen. Der internationale Terrorismus ist keine Perspektive für die RAF .«
    Hegelau fragte: »Welchen Einfluß haben Sie, etwa als Symbolfigur, noch?«
    »Ich sehe zwei Möglichkeiten«, sagte Baader, »einmal die weitere Brutalisierung und zum anderen einen geregelten Kampf, im Gegensatz zum totalen Krieg. Ich weiß ein paar Dinge, bei

Weitere Kostenlose Bücher