Der Baader-Meinhof-Komplex (German Edition)
faschistische Dramaturgie der Imperialisten zur Vernichtung der Befreiungsbewegung nicht.
Wir werden Schmidt und den ihn unterstützenden Imperialisten nie das vergossene Blut vergessen. Der Kampf hat erst begonnen. Freiheit durch bewaffneten antiimperialistischen Kampf.«
Die Polizei fand Schleyers Leiche im Kofferraum des grünen Audi. Sein Gesicht war entstellt, das graue Haar kurzgeschoren. Er trug dieselbe Kleidung wie bei seiner Entführung sechs Wochen zuvor. Schleyer war durch drei Schüsse in den Kopf getötet worden. Im Mund des Toten fanden die Ärzte Grasreste. An den Kleidungsstücken der Leiche hingen Tannennadeln. Die Ermittler kamen zu dem Ergebnis, daß Schleyer im Freien ermordet worden war. Er mußte niederknien und fiel nach den tödlichen Schüssen vornüber.
Mit am Tatort war der BKA -Beamte Fernstädt, der sieben Jahre zuvor bei der Festnahme Baaders den Sprengstoff in der Frankfurter Garage ausgetauscht hatte. Später sagte er: »Wenn man in solchen Fällen tätig ist, dann gibt es nicht viele Alternativen, wie sie enden können. Es gibt vielleicht ’ne glückliche oder eine unglückliche Befreiung, oder es gibt den Tod. Und das war eine Hinrichtung. Eine Hinrichtung.«
Schleyer war durch drei Schüsse in den Kopf getötet worden. Der BKA -Beamte Fernstädt: »Das einzige, was ich sagen konnte: Es ist Schleyer. Ich brauchte keinen Fingerabdruck zu nehmen.«
Die Todesschützen haben sich niemals zu ihrer Tat bekannt.
Am 25 . Oktober 1977 wurde Hanns Martin Schleyer in Stuttgart zu Grabe getragen. In der Stiftskirche versammelten sich alle, die im Herbst des Terrors Verantwortung getragen hatten.
Sie alle fühlten sich schuldig.
Bundespräsident Walter Scheel: »Hanns Martin Schleyer ist ge
storben für uns alle. Nicht nur für uns Deutsche ist die Chance erhalten geblieben, die Gefahr des Terrorismus zu bannen. Wir neigen uns vor dem Toten. Wir alle wissen uns in seiner Schuld. Im Namen aller deutschen Bürger bitte ich Sie, die Angehörigen von Hanns Martin Schleyer, um Vergebung.«
Am 27 . Oktober wurden Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Jan-Carl Raspe in einem Gemeinschaftsgrab auf dem Stuttgarter Waldfriedhof beigesetzt. Bürger protestierten dagegen, daß die drei Terroristen auf einem Friedhof die letzte Ruhe finden sollten. Manche verlangten, die Leichen sollten in die städtische Müllkippe geworfen werden. Aber Manfred Rommel, Stuttgarts Bürgermeister, sagte: »Ich weigere mich zu akzeptieren, daß es Friedhöfe erster und zweiter Klasse geben soll. Alle Feindschaft sollte nach dem Tode ruhen.«
Mehr als tausend Polizisten mit Maschinenpistolen umringten den Friedhof. Demonstranten, viele von ihnen maskiert, entrollten Plakate mit der Aufschrift »Gudrun, Andreas und Jan wurden in Stammheim gefoltert und ermordet« und »Der Kampf geht weiter«.
Der Pfarrer sagte: »Jesus wurde zwischen zwei Menschen gekreuzigt, die ihr Leben der gewaltsamen Durchsetzung ihrer Ziele verschrieben hatten. Eines seiner letzten Worte war: ›Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun.‹ Und dieses Wort umschließt die Richter und die Angeklagten aller Zeiten und Orte, uns alle.«
Der Begriff vom »Deutschen Herbst« ist geblieben seither. Synonym für den Anschlag einer Gruppe politischer Desperados auf das Machtsystem des deutschen Nachkriegsstaates, Synonym für die staatliche Reaktion, für die Härte und ihren Preis. Kein Verantwortlicher, der sich nicht im Laufe der vergangenen Jahrzehnte gefragt hätte, ob er, ob der Staat sich richtig verhalten hat.
Schleyer-Freund Eberhard von Brauchitsch: »Ich glaube, daß der Preis, Schleyer zu opfern, unangemessen war – heute, hinterher betrachtet, wohlgemerkt.«
Kurt Rebmann, Nachfolger des ermordeten Generalbundesanwalts Siegfried Buback: »Natürlich hat man sich als Mitverursacher des Todes von Dr. Schleyer gefühlt. Und natürlich war das ein bedrückendes Gefühl.«
Regierungssprecher Klaus Bölling: »Das war auch eine wichtige politische Kategorie, daß ein Mann wie Helmut Schmidt nun zeigen wollte: Wenn es um die innere Sicherheit des Staates und die Abwehr des Terrorismus geht, dann brauchen wir nicht unbedingt den starken Mann in Gestalt von Franz Josef Strauß oder eines anderen, wir wissen auch, was wir den Bürgern dieses Staates schuldig sind.«
Der damalige Bundesjustizminister Hans Jochen Vogel: »Es hat ja auch seitdem, das muß man schon unterstreichen, keine Entführungen mehr gegeben.
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